Melchior Schulze Brock

vor 12 Tagen

8 Min. Lesedauer

Was können Unternehmen gegen Climate Quitting tun?

Gastartikel | Der Klimawandel ist zweifellos eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Das wirkt sich auch auf Unternehmen aus: Immer mehr Mitarbeitende kündigen ihren Job, weil sie sich nicht mit den Umweltzielen ihres Arbeitgebers identifizieren können. Um diesem "Climate Quitting" entgegenzuwirken, müssen Arbeitgeber:innen handeln – und zwar nachhaltig! In diesem Gastbeitrag beschreibt ENVIRIA-Gründer und CEO Melchior Schulze Brock, wie Unternehmen auf diese Herausforderung reagieren können und welche Schritte notwendig sind, um eine nachhaltige Zukunft zu gestalten.

Was können Unternehmen gegen Climate Quitting tun?
Was können Unternehmen gegen Climate Quitting tun?

Ich bin fest davon überzeugt, dass der Klimawandel eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist. Und damit bin ich nicht alleine: Immer mehr Menschen gehen sogar so weit, dass sie ihren Job kündigen, weil sie sich nicht mit den Werten und Klimazielen ihres Unternehmens identifizieren können – "Climate Quitting" nennt sich dieses Phänomen.

Obwohl der Trend noch neu ist, kann er für einige Unternehmen schon bald zum Problem werden. Gerade in Bereichen, die vom Fachkräftemangel betroffen sind, können abwandernde Mitarbeitende schwer zur Last fallen. Das Problem für viele Unternehmen: Wenn das Klima zum Kündigungsgrund wird, können weder eine Gehaltserhöhung noch andere Benefits Gehende aufhalten. Die einzige Lösung: Tatsächlich grüner werden.

Doch nicht jeder Betrieb kann einfach so nachhaltig werden. Gerade Fragen der Wirtschaftlichkeit und Durchsetzbarkeit stehen oft im Weg. Welche Optionen bleiben Unternehmen nun? Denn nur, wenn sie die richtigen Schritte gehen, können sie dem Trend entgegenwirken und ihren Mitarbeitenden eine grüne Perspektive bieten.

Climate Quitting ist längst gängige Praxis Die Annahme, dass Climate Quitting ein Nischen-Problem ist, ist weit gefehlt. Studien zufolge geben 60 Prozent der Befragten an, dass ihnen Umweltschutz bei der Auswahl ihres Arbeitgebers wichtig ist. In den USA und Großbritannien geben sogar 35 Prozent der Beschäftigten an, bereits einen Job verlassen zu haben, weil die Werte nicht mit den eigenen übereinstimmen. Vor allem Millennials und die Gen-Z kündigen für das Klima – weshalb es fatal wäre, dieses Phänomen einfach zu ignorieren! Denn die Climate Quitters von heute sind schließlich die Fachkräfte von morgen. Doch wie können Unternehmen reagieren, ohne dabei opportunistisch zu wirken?

Unternehmen dürfen Umweltengagement nicht als bloße Marketingstrategie betrachten. Es geht nicht nur darum, grüne Logos auf die Website zu setzen, sondern echte Veränderungen vorzunehmen!

1. Authentizität – Das Herzstück des Wandels Authentizität bildet das Fundament, auf dem wir aufbauen müssen. Unternehmen dürfen Umweltengagement nicht als bloße Marketingstrategie betrachten. Es geht nicht nur darum, grüne Logos auf die Website zu setzen, sondern echte Veränderungen vorzunehmen: Das kann bedeuten, umweltfreundlichere Geschäftspraktiken zu implementieren, erneuerbare Energiequellen zu nutzen und sich mutig zu ambitionierten Nachhaltigkeitszielen zu verpflichten.

Auf dem Weg zur Nachhaltigkeit ist die transparente Einbindung der Mitarbeitenden entscheidend. Viele von ihnen haben Ideen oder Bedenken, die gehört werden sollten. Doch es geht über das bloße Zuhören hinaus: Schulungen und Programme zur Umweltbildung bieten die Chance, sich gemeinsam dem Thema anzunehmen und ein Gefühl des Zusammenhalts zu vermitteln. Dabei ist es elementar, dass die Aufklärung über die Führungsebenen hinausgeht!

Zusätzlich ist es wichtig, Anreize für umweltfreundliches Verhalten am Arbeitsplatz zu schaffen. Ein Stadtrad oder das Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel sind ein guter Anfang, sollten aber nicht das Ende sein. Wichtig ist, dass die Mitarbeitenden wissen, dass sie ein Teil der Lösung sind und ihre Stimmen gehört werden. Nur so können wir die Veränderungen herbeiführen, die es aktuell so dringend benötigt!

2. Mehr als nur Holzbesteck – eine nachhaltige Vision All das kann aber nur der Anfang sein. Denn genauso wie eine monatliche Yoga-Session alleine nicht langfristig das Stresslevel der Mitarbeitenden senkt, machen halbherzige Initiativen wie Holzbesteck in der Kantine nicht den Unterschied. Gerade Unternehmen, deren Produkte sich nicht einfach nachhaltiger produzieren lassen, benötigen eine langfristig taugliche Strategie. Die gute Nachricht: Es gibt eine Fülle von Möglichkeiten!

Jährlich landen etwa 2,3 Millionen Tonnen Möbel auf Mülldeponien oder in Verbrennungsanlagen. Durch das Mieten von Büroeinrichtung kann nicht nur Geld gespart, sondern auch der CO₂-Fußabdruck reduziert werden. Zusätzlich bietet es sich an, den Stromverbrauch von Unternehmen zu überdenken, denn der macht immerhin etwa 70 Prozent des gesamten Verbrauchs in Deutschland aus. Hier werden Maßnahmen wie der Einsatz eigener Fotovoltaikanlagen oder die Umstellung auf eine andere Form des Ökostroms wichtig.

Doch nicht nur das: Auch die Implementierung von Wärmepumpen, der Aufbau einer firmeneigenen E-Auto-Flotte mit dazugehörigen Ladestationen, betrieben vom hauseigenen Ökostrom, sind Optionen, die den CO₂-Ausstoß deutlich senken können. Darüber hinaus mögen Dachbegrünungen simpel erscheinen, jedoch schützen sie Unternehmensdächer zuverlässig vor Witterungseinflüssen und dienen gleichzeitig als Lebensraum für Insekten. Sie tragen zudem zur Verbesserung des städtischen Klimas bei!

3. Langfristige Ziele setzen – Die Vision der Nachhaltigkeit Meiner Meinung nach ist die Zeit gekommen, langfristige Umweltziele zu definieren und einen klaren Pfad zu ihrer Verwirklichung zu skizzieren – und zwar nicht nur seitens der Politik, sondern auch für Unternehmen! Dies hilft nicht nur dabei, den Fokus auf Nachhaltigkeit zu lenken, sondern gibt den Mitarbeitenden auch ein klares Bild davon, wohin das Unternehmen in Bezug auf Umweltverantwortung geht. Wir können über Ökostrom hinausgehen und ein papierloses Arbeiten anstreben, langfristig digital arbeiten und recyceln – aber ebenso wichtig wie die Ziele selbst, ist die Art und Weise, wie wir sie angehen.

Wir müssen Hindernisse in der Umstellung auf Nachhaltigkeit von Anfang an offen und nachvollziehbar kommunizieren. So schaffen wir ein Umfeld, in dem Veränderungen nicht nur akzeptiert, sondern aktiv unterstützt werden und ermöglichen unseren Mitarbeitenden, sich in die Unternehmensvision einzubringen und Teil des Wandels zu werden.

“Climate Quitting” ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Menschen Veränderungen erwarten und bereit sind, dafür einzustehen – und wir als Unternehmen haben die Chance, Vorreiter zu sein!

Jeder kann einen Beitrag leisten – Unsere Verantwortung für die Zukunft Der Klimawandel ist zweifellos eine globale Herausforderung, die sowohl von Unternehmen als auch von jedem Einzelnen Engagement erfordert. “Climate Quitting” ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Menschen Veränderungen erwarten und bereit sind, dafür einzustehen! Wir als Unternehmen haben die Chance, Vorreiter zu sein, wenn wir authentisch handeln, Mitarbeitende einbinden, transparent kommunizieren, Partnerschaften eingehen und langfristige und verbindliche Ziele setzen.

Ja, viele dieser Entwicklungen erfordern Zeit und eine sorgfältige Planung. Gerade aus diesem Grund sollten wir uns aber daran erinnern, dass ein bedeutungsvoller, durchdachter

Einsatz oft mehr bewirkt als voreilige, kurzfristige Maßnahmen. Jeder Schritt, den wir in Richtung Nachhaltigkeit unternehmen, signalisiert ein Umdenken in die richtige Richtung!

Über den Autor: Melchior Schulze Brock ist Gründer und CEO von ENVIRIA. Das Start-up ermöglicht Unternehmen den Umstieg auf Solarstrom. Schulze Brock hat sich das Ziel gesetzt, auf jedes Firmendach eine Solaranlage zu montieren. Denn obwohl Unternehmen in Deutschland rund 70 Prozent des Stroms verbrauchen, gibt es derzeit auf nur 10 Prozent der geeigneten Firmendächer eine Solaranlage. Da einige Mitarbeitende von ENVIRIA ihre alten Jobs verlassen haben, um einen Beitrag zur Energiewende zu leisten, kennt Schulze Brock die Perspektive der Climate Quitter. Als Unternehmer kennt er aber auch die Hürden von Unternehmen, um nachhaltiger zu werden.

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