Simona Deckers
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Tabuthema Low Performer: Was Führungskräfte tun können

Wenn ein Teammitglied dauerhaft seine Ziele nicht erfüllt, spricht man hinter vorgehaltener Hand oft von Low Performance. In vielen Firmen ist das ein Problem, adressiert wird es häufig allerdings nicht. Was Chef:innen tun können, wenn die Leistung im Team nicht stimmt und was Ursachen sein können, erklärt Leadership-Expertin Simona Deckers hier.

Tabuthema Low Performer: Was Führungskräfte tun können
"Menschen, die unter ihren Möglichkeiten bleiben, sind in den meisten Fällen keine böswilligen Verweigerer", sagt Simona Deckers. Foto: Frank Guder

Low Performance ist ein Wort, das Unbehagen auslöst und mit subjektiver Leistungsbeurteilung und drohender Kündigung in Verbindung gebracht wird. Es ist ein Tabuthema, über das Unternehmen nicht gerne offen diskutieren. Dabei existiert Low Performance als Konzept bereits seit den 1990er-Jahren. Es kam nach Europa, als Unternehmen angloamerikanische Managementmethoden übernahmen. Bekannt wurde es durch die „Up or out“-Methode von Managementlegende und Ex-Chef des US-Konzerns General Electric, Jack Welch.


Was ist Low Performance eigentlich?


Bei dieser umstrittenen Methode bestimmen Führungskräfte und Mitarbeitende regelmäßig, wer die schlechtesten und faulsten Kollegen sind, denen dann gekündigt wird. Wenn die „schlechtesten“ Mitarbeitenden immer wieder gehen, werden die Messlatte und die Erwartung an Performance von Jahr zu Jahr höher und die Firma wird zu einem High Performance-Unternehmen, oft verbunden mit einer Hustle Culture und einem hohem Burnout-Risiko. Low Performance ist also ein bewertender Begriff für Leistung, die dauerhaft unter den Erwartungen bleibt. 

Was steckt hinter Low Performance?


Menschen, die unter ihren Möglichkeiten bleiben, sind in den meisten Fällen keine böswilligen Verweigerer. Sie wollen leisten. Doch es gibt eine Reihe von Faktoren, die dafür sorgen können, dass Mitarbeitende genau das nicht können. Zum Beispiel: 

  • nicht passende Recruitierung und nicht genutzte Probezeit 
  • Wechsel von Vorgesetzten, Aufgaben oder Tools 
  • eine zu hohe oder zu niedrige Arbeitsbelastung 
  • erschwerende und ungleiche Arbeits- und Lebensumstände 
  • ungenaue Arbeitsanweisungen und kaum Feedback 
  • körperliche oder mentale Erkrankungen der Person oder von Familienmitgliedern 
  • persönliche oder familiäre Schicksalsschläge 
  • schwierige Teamdynamiken mit Mobbing oder Bossing 
  • Desillusionierung und Nichterreichen von beruflichen Karrierezielen 
  • Verschiebung von Prioritäten in andere Lebensbereiche. 

Diese Faktoren werden verstärkt durch Führungskräfte, die nicht reagieren, Personalabteilungen, die nicht unterstützen und Unternehmensstrukturen, die Probleme ausblenden. 


Was Führungskräfte bei Low Performance tun können


Statt Vorwürfe und Beschuldigungen auszusprechen, gilt es daher in Lösungen und Ursachen zu denken und Person und Sache zu trennen. Der erste Schritt ist häufig ein offenes und respektvolles 1:1 Gespräch.

Für Führungskräfte ist es wichtig, die Ursachen zu verstehen, und nicht zu spekulieren. Dabei helfen Fragen wie: 

  • Was genau ist das Verhalten oder die Leistung, die stört? 
  • Was sind die Fakten, nicht nur Meinungen? 
  • Was sagen die Teammitglieder konkret, und was ist möglicherweise emotionalisiert? 
  • Was war anders in einer Phase, in der die Person leistungsfähig war? 
  • Welche Reaktion gab es auf eventuell schon stattgefundene Feedbackgespräche oder Hinweise? 

Die Führungskraft sollte im Gespräch auch Verantwortung spiegeln, und fragen, was der eigene Anteil der Person an der Situation ist. Die Führungskraft sollte dann konkrete Erwartungen formulieren in Bezug auf Verhalten, Qualität und Zusammenarbeit, und Unterstützung in Form von regelmäßigen, eventuell wöchentlichen Feedbackrunden anbieten. Zudem können Zielvereinbarungen oder ein Entwicklungsplan mit Fristen schriftlich aufgesetzt werden.


Wenn das Verhalten dem Team spürbar schadet, braucht auch das Team Schutz und Stabilität. Das bedeutet, die Teamkommunikation zu stärken und möglicherweise Verantwortungen neu verteilen, um Überlastungen abzufangen. Wenn Spannungen sehr hoch sind, ist es zudem hilfreich, Teamgespräche oder Supervision anzubieten.


Was, wenn sich nichts ändert?


Wenn sich nach Gesprächen, Klärung und Unterstützung keine Besserung zeigt, ist es notwendig, Personalverantwortliche einzubinden und klar Grenzen zu ziehen. Im ganz kritischen Fall kann es auch zu Aufgabenentzug, Versetzung, und als letzte Konsequenz, zu Abmahnung oder Kündigung kommen. 


Frühzeitiges Handeln, eine klare Kommunikation und strukturierte Entwicklungsmöglichkeiten sind entscheidend. Leistungsdefizite sind selten das Problem einer Person. Sie sind meistens ein Signal für Klärungsbedarf in Führung, Kommunikation oder Passung. Wer früh und ehrlich handelt, stärkt nicht nur die Menschen, sondern auch das Team und die Unternehmenskultur. 

Foto: Frank Guder

Zur Person

Simona Deckers ist Leadership Coach für CEOs und Gründerin der Beratungsfirma Shanti Company. Sie unterstützt Top-Führungskräfte und Geschäftsführende im Umgang mit Themen wie Teamführung, Transformation und Wachstumsstrategien. Ihr Podcast "The Pathsof Purpose" erscheint alle zwei Wochen. Deckers lebt in Frankfurt am Main.