STRIVE Redaktion
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„Mich begeistert die Zusammenarbeit mit Partnern und digitalen Themen, aber am meisten motiviert mich jeden Tag mein Team.“

Nach einer Ausbildung im Tourismus, ersten Stationen im eCommerce der Deutschen Bahn und in einer Digitalagentur fand Vera Scheuermann ihre Leidenschaft für den Online-Vertrieb. Seit zehn Jahren ist sie bei der HanseMerkur tätig und verantwortet als Vice President Sales Online & International den digitalen und internationalen Vertrieb in mehreren europäischen Märkten. Zum 1. Oktober 2025 wurde sie in den Vorstand einer Tochtergesellschaft berufen. Im Interview spricht sie darüber, warum Versicherungen alles andere als langweilig sind, welche Rolle Vielfalt und Teamgeist in ihrer Arbeit spielen, und weshalb es gerade in Führungspositionen darauf ankommt, die Balance zwischen strategischem Überblick und interkulturellem Feingefühl zu halten. Außerdem verrät sie, welche Begegnungen sie nachhaltig geprägt haben und warum Gelassenheit oft der Schlüssel zu einem erfüllten Karriereweg ist.

„Mich begeistert die Zusammenarbeit mit Partnern und digitalen Themen, aber am meisten motiviert mich jeden Tag mein Team.“
Vera Scheuermann, Vice President Sales Online & International und Vorständin einer Tochtergesellschaft bei der HanseMerkur | Foto: Michaela Kuhn

Liebe Vera, stell Dich doch mal kurz vor: Wie sah Dein Weg bisher aus, und wie bist
Du an den Punkt gelangt, an dem Du heute stehst?

Ich habe nach dem Abitur eine Ausbildung als Reiseverkehrskauffrau gemacht und dann BWL studiert. Nach einem Einstiegsjob als Trainee bin ich bei der Deutschen Bahn im eCommerce gelandet. Das war im Nachhinein ein großes Glück, da die DB zu diesem Zeitpunkt noch ein kleines Reiseportal betrieben hat. Dort habe ich das touristische Online-Geschäft von der Pike auf gelernt und mein Herz an den Online Vertrieb verloren. Das prägt meinen Weg bis heute wie ein roter Faden. Nach einer Station in einer Digitalagentur wollte ich wieder aus dem Projektgeschäft heraus und bin über eine Empfehlung zu meinem jetzigen Arbeitgeber gekommen. Versicherung stand so gar nicht auf meinem Plan. Jetzt bin ich schon zehn Jahre im Unternehmen, verantworte den internationalen und online Vertrieb in der Reiseversicherung und bin zum 01. Oktober in den Vorstand einer Tochtergesellschaft berufen worden.

Wie erklärst Du Deinem Umfeld in einem Satz, was Du beruflich machst, und was begeistert Dich daran?
Ein Satz genügt meist nicht: Ich bin mit meinem Team für den Vertrieb von Reiseversicherungen verantwortlich. Wir machen das in Deutschland über unsere Webseite und über Online-Partner wie HolidayCheck, in den Ländern Österreich, Polen und den Niederlanden sitzen Teams, die zusätzlich mit Reisebüros oder Veranstaltern kooperieren. Mich begeistert die Zusammenarbeit mit Partnern und die digitalen Themen und Herausforderungen, aber ganz besonders ist es mein Team, das mich jeden Tag neu motiviert.

Was fordert Dich an Deiner aktuellen Position als Vice President Sales Online & International am meisten heraus?
Was mich herausfordert ist gleichzeitig das, was den Job für mich so spannend macht: die Vielfalt der Themen und die Menschen, mit denen ich dabei zu tun habe. Ich springe im Alltag teilweise halbstündlich von einem Thema in ein komplett anderes und darf mich dabei von z. B. der österreichischen Gesprächskultur in ein Meeting mit meinem deutschen Online-Marketing-Team begeben. Die Mentalität und Art der Kommunikation ist unterschiedlicher, als man im ersten Moment denkt. Und für alle Kollegen die passende Sparringspartnerin zu sein, ist herausfordernd und reizvoll zugleich.

Welche Annahme über Deine Branche würdest Du gern widerlegen?
Dass Versicherungen und Leute, die bei Versicherungen arbeiten, langweilig sind. Versicherungen, die allermeisten zumindest, sind sinnvolle und vor allem nachhaltige Produkte, da sie das schützen, was der Kunde sich erarbeitet hat. Und die Menschen sind so vielfältig und interessant wie in jeder anderen Branche auch.  

Welcher Erfolg hat Dich zuletzt besonders stolz gemacht und warum?
Ich wurde im Frühjahr von unserem Vorstandsvorsitzenden gefragt, ob ich einen Vorstandsposten in einer Tochtergesellschaft übernehmen möchte. Ich wäre die Wunschkandidatin. Und diesen Job angeboten zu bekommen, ohne dass ich mich vorher entsprechend positioniert habe, ist für mich immer noch sehr besonders. Und jetzt gemeinsam mit meinem Vorstandskollegen und dem Aufsichtsrat die Verantwortung für das Unternehmen und alle Mitarbeiter zu haben und die strategische Richtung
vorgeben zu können, ehrt mich und macht mich stolz.

Gibt es eine Gewohnheit oder ein Ritual, dass Du als Stress-Kompensation nutzt?

Bei der Stress-Kompensation habe ich noch Potential, die Tage sind voll mit Job und Familie und der Organisation des Alltags. Ich versuche, so oft es geht, in der Mittagspause oder abends noch einen kurzen Spaziergang im Wald zu machen. Da werde ich sofort ruhiger. Leider priorisiere ich das noch viel zu selten.
    
Was war die wertvollste Rückmeldung, die Du je bekommen hast?
Ein für mich sehr wertvolles Feedback habe ich glücklicherweise schon in der Oberstufe bekommen: mein Englischlehrer sagte mir damals, dass man mir im Gesicht genau ablesen könne, was ich denke. Und dass das im Leben nicht immer hilfreich sei. Ab diesem Moment habe ich mehr darauf geachtet und es insbesondere im Reisebüro, wenn mir Kunden gegenübersaßen, geübt. Das ist nun 30 Jahre her, aber es gibt immer noch Situationen, in denen mir der Ratschlag in den Kopf schießt. Heute schaffe ich es meist, mein Feedback überlegter zu geben.

Welche Begegnung hat Dich zuletzt nachhaltig beeindruckt? 
Ich habe kürzlich auf einer Veranstaltung den Geschäftsführer der Tafel Hamburg kennen lernen dürfen. Und bin immer noch sehr beeindruckt von seiner Leidenschaft und wie er trotz der sehr schwierigen Rahmenbedingungen, denen sich die Tafeln in Deutschland gegenübersehen, mit Humor aus seinem Alltag erzählt und alle Teilnehmer begeistert hat.

Was würdest Du Deinem jüngeren Ich heute raten?
Sei entspannter, was den Einstieg ins Berufsleben angeht. Und nutze die Zeit davor unbedingt für einen längeren Auslandsaufenthalt. Als ich nach der Ausbildung und im Studium vor der Frage stand, noch ins Ausland zu gehen, wurde mir von allen Seiten geraten, lieber schnell zu Ende zu studieren, da ich durch die Ausbildung schon so viel Zeit verloren hätte. Heute weiß ich, dass ein Auslandsaufenthalt mit fast nichts aufzuwiegen ist an Lebenserfahrung und Sprachkenntnissen.

Zur Person

Vera Scheuermann ist Vice President Sales Online & International bei der HanseMerkur und seit Oktober 2025 Vorständin einer Tochtergesellschaft. Nach Stationen bei der Deutschen Bahn im eCommerce und in einer Digitalagentur verantwortet sie heute den internationalen und digitalen Vertrieb von Reiseversicherungen in mehreren europäischen Märkten. Ihr Weg ist geprägt von der Leidenschaft für Online-Vertrieb und der Überzeugung, dass Versicherungen keine trockenen Produkte sind, sondern nachhaltige Begleiter, die Werte schützen. Mit klarem Blick für digitale Transformation, interkultureller Zusammenarbeit und starker Teamorientierung gestaltet sie die Zukunft einer Branche, die oft unterschätzt wird und beweist, dass Leadership in erster Linie bedeutet, Menschen mitzunehmen und sichtbar zu machen.

Foto: Michaela Kuhn