„Die besten Ideen entstehen, wenn viele Perspektiven mit am Tisch sitzen.“
Als leitende Expertin für CMF-Design (Color, Material, Finish) bei MAN Truck & Bus bringt Carolin Schütt emotionale und ästhetische Akzente in die Welt der Nutzfahrzeuge. Mit Leidenschaft verbindet sie technische Innovation und Gestaltung und setzt sich aktiv für mehr Diversität in der stark männergeprägten Automobilbranche ein. Im STRIVE Spotlight spricht sie über die Bedeutung von Design für Lkw und ihre Rolle als Corporate Influencerin, die Design im Tech-Bereich sichtbarer macht.

Du arbeitest heute als leitende CMF-Design Managerin bei MAN Truck & Bus. Wie bist Du dorthin gekommen?
Schon als Kind wollte ich Modedesignerin werden und habe mich gleichzeitig für schöne Autos begeistert. Später habe ich dann Product Design mit dem Schwerpunkt Automotive studiert. Meine wahre Passion fand ich dann im Color Material & Finish Design, kurz CMF. Wir entwickeln Materialien und Farben für alle sichtbaren Designelemente eines Fahrzeugs. Es ist ein ständiger Spagat: Die Kunst, mit Farben und Materialien zu berühren und dabei Technik und Kosten im Blick zu behalten. Nach Stationen wie BMW und Ford Design und einer eigenen Firma bin ich schließlich bei MAN Truck & Bus, bei den "großen Autos", gelandet. Und es macht seit über 25 Jahren große Freude.
Was hat Dir geholfen, in einem männlich geprägten Umfeld sichtbar zu bleiben, ohne Dich zu verbiegen?
Ich erinnere mich an einen Aha-Moment, als meine Tochter mich fragte: „Mama, warum sprichst Du eigentlich fast nur mit Männern?“ Seitdem setze ich mich gezielt für Female Empowerment in der Tech-Branche ein. Grundsätzlich finde ich es nicht schwierig, als Frau in einem männerdominierten Umfeld sichtbar zu bleiben. Man fällt automatisch immer auf. Was man daraus macht, ist jeder Frau selbst überlassen. Authentisch zu sein, ohne sich zu verbiegen, gelingt am besten, wenn man seine Stärken ausbaut und an Dingen arbeitet, die der eigenen Persönlichkeit entsprechen.
Wie verändert sich Design, wenn Frauen mit am Tisch sitzen?
Vielfalt macht Produkte besser. Das gilt besonders im Design. Unser Team bewegt sich täglich im Spannungsfeld zwischen Funktion, Kosten und dem Anspruch, Räume zu gestalten, in denen sich Fahrer:innen wohlfühlen. Dafür braucht es nicht nur Kreativität, sondern auch Struktur, Kommunikation und Abstimmung auf vielen Ebenen. Diese Eigenschaften würde ich aber nicht an Frauen oder Männern festmachen.Bei uns liegt der Frauenanteil im Design bei 30 Prozent. Ein starker Wert in der Tech-Branche. Noch wichtiger ist für mich aber, dass alle an einem Strang ziehen. Gerade wenn's mal stressig wird.
Was hat sich in Deiner Branche in den letzten Jahren am stärksten verändert
Insbesondere das Verständnis von Design und User Experience hat sich verändert. Früher zählten vor allem Technik und Funktion. Heute geht’s auch um Ästhetik, Nachhaltigkeit und emotionale Bindung zur Marke. Wir gestalten diesen Wandel aktiv mit, indem wir beispielsweise Kabinen entwickeln, die sich wie mobile Tiny Houses anfühlen. Kombiniert mit nachhaltigen Materialien und sinnvollen Prozessen.
Welche Annahme über Deine Branche würdest Du gern widerlegen?
Dass Design bei Trucks keine Rolle spielt. Das stimmt nicht. Meiner Meinung nach ist Design bei Lastkraftwagen ein durchaus entscheidender Erfolgsfaktor. Es beeinflusst nicht nur die Markenwahrnehmung, sondern auch das Wohlbefinden der Fahrer:innen, die Kaufentscheidung und die Nachhaltigkeitsbilanz. Design kann hier Brücken schlagen, zwischen Technik, Mensch und Marke.
Du hast dieses Jahr den Corporate Influencer Award in der Kategorie Innovation & Tech gewonnen. Wie wichtig ist Dir der Austausch mit Deiner LinkedIn-Community? Wie nutzt Du die Plattform, um Deine Themen sichtbar zu machen?
Der Award kam für mich total überraschend und ist eine schönes Anerkennung für mein Engagement auf LinkedIn. Das Schreiben über Design und Themen, die mir wichtig sind, ist für mich zur Leidenschaft geworden. Besonders freut es mich, wenn persönliche Beiträge echte Resonanz auslösen. Viele Ideen starten online und finden später ihren Weg in reale Diskussionen. Der Award hat Türen geöffnet, Sichtbarkeit geschaffen und wertvolle Verbindungen ermöglicht. Dafür bin ich sehr dankbar.
Welche Tipps hast Du für alle, die auf LinkedIn eine starke, authentische Stimme entwickeln wollen?
Finde Deine Themen, beruflich wie persönlich, und dann leg einfach los. Ohne Angst, ohne Perfektion. Fang an zu schreiben, ohne gleich alles analysieren zu wollen. Ich habe selbst ausprobiert, was zu mir passt, was funktioniert und so meinen Stil gefunden. Der Aufbau einer starken, authentischen Personal Brand ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Aber es lohnt sich.

Zur Person
Carolin Schütt ist CMF Design Lead bei MAN Truck & Bus. Zuvor war sie unter anderem bei Ford und BMW tätig und gründete ihre eigene Designfirma. Ihre Arbeit bei MAN wurde mehrmals mit dem Red Dot Design Award ausgezeichnet. Außerdem erhielt sie in diesem Jahr den Corporate Influencer Award in der Kategorie Tech & Innovation, verliehen von The People Branding Company. Sie verbindet technisches Know-how mit Sinn für Ästhetik und setzt sich für Nachhaltigkeit, Vielfalt und Female Empowerment im Fahrzeugdesign ein.