STRIVE Redaktion
1 Min. Lesedauer

„Für mich geht es darum, mich selbst so zu führen, wie ich auch andere führen möchte.“

Nach Stationen als Sprachschul-Gründerin, Naturheilpraktikerin, Life Coach und Mutter von drei Kindern hat Bianca Enderlin, Gründerin von AIVa und Entwicklerin des VaiBe Frameworks, ihren roten Faden gefunden: Menschen dabei zu unterstützen, in Zeiten von KI bei sich zu bleiben und ihre eigene Wirksamkeit zu erkennen. Heute begleitet sie Unternehmen und Führungskräfte dabei, KI nicht nur effizient, sondern menschlich und sinnorientiert einzusetzen. Im Interview spricht sie darüber, warum die Welt gerade weibliche Qualitäten in Führung und Technologie braucht,weshalb echte Wirksamkeit entsteht, wenn der innere Kampf endet, und was es bedeutet, sich selbst wieder zur Priorität zu machen.

„Für mich geht es darum, mich selbst so zu führen, wie ich auch andere führen möchte.“
Bianca Enderlin, Gründerin von AIVa und Entwicklerin des VaiBe-Frameworks | Foto: Sandra Felke

Liebe Bianca, stell Dich doch mal kurz vor: Wie sah Dein Weg bisher aus, und wie bist Du an den Punkt gelangt, an dem Du heute stehst?
Mein Weg sieht aus wie ein EKG, geprägt von der Dynamik des Lebens. In Kairo habe ich erlebt, dass Bildung nichts nützt, wenn Sprache trennt. Sprache wurde für mich zum Schlüssel für Identität und Verbindung. Wieder zurück in Deutschland gründete ich eine Sprachschule, um Kleinkindern Englisch beizubringen. 10 Jahre später suchte ich in der Medizin nach dem, was uns stärkt und heilt. Eine persönliche Krise führte mich zum Coaching, zum Vertrauen ins Leben. Der MBAI schließlich öffnete die Tür zur KI und verband alles: Sprache, Bewusstsein, Wandel und Technologie.

Was hat Dich dazu motiviert, AIVa zu gründen?
Jetzt, wo Wissen, Fleiß und Technik unbegrenzt verfügbar sind, braucht es Qualitäten, die bisher belächelt wurden: Empathie,
Intuition, das verbindende Denken in Systemen. All das Wissen, das große Sprachmodelle heute kuratieren, ist stark maskulin geprägt. Es braucht uns Frauen, um Balance und Bewusstsein hineinzubringen. Mit AIVa möchte ich einen Raum öffnen, in dem weibliche Qualitäten Führung und Technologie gestalten. Nicht im Gegensatz zum Männlichen, sondern als heilsame Ergänzung für eine neue Zeit.


Welche Erfahrung oder Erkenntnis hat Dich auf Deinem Weg am meisten geprägt?
Am meisten geprägt haben mich Enttäuschungen. Sie haben mir gezeigt, wo ich mich Illusionen hingegeben habe, wo ich nicht (ausreichend) hinterfragt habe. Das hat mir gezeigt, dass nichts im Leben selbstverständlich ist, egal wie alt und beständig etwas schon gewesen ist, kein Erfolg, keine Rolle, keine Beziehung. Ich war mir zu lange meiner Absicht
nicht bewusst und bin stattdessen in Rollen aufgegangen statt in mir.


Was sind die Themen, über die in Deinem Businessumfeld noch zu wenig gesprochen wird?
Im Kontext von KI sprechen wir viel über Effizienz und Schnelligkeit, wenig über Bewusstsein. Uns läuft die Zeit davon, wir sind eingeladen, uns mit zu entwickeln. Für mich heißt das: Die Technik der Technik zu überlassen und uns wieder auf
das Wesentliche zu konzentrieren, den Menschen, unsere Beziehungen und die Stille dazwischen. Das Außen ist laut geworden. Nur in der Stille erkennen wir, was uns wirklich ausmacht. Leistung braucht eine neue Definition. Unser Wert liegt nicht im Leisten, sondern im Sein, im Magma zwischen Mensch und Maschine.


Mit dem VaiBe Framework hast Du ein eigenes Modell entwickelt, um Unternehmen in ihrer Kultur- und Führungsentwicklung zu unterstützen. Wie ist VaiBe entstanden und was unterscheidet es von klassischen Ansätzen in diesem Bereich?
Entstanden ist VaiBe, indem ich mein Wissen verein und mich gefragt habe, worum es in dieser Zeit, besonders im Umgang mit KI, wirklich geht. KI macht uns alle zu Führenden. Und wer führt, muss wissen, wer er ist. VaiBe ist kein Tool, sondern ein Bewusstseinsprozess, die Einladung und der Brutkasten, das laute Außen von innen heraus zu führen, statt sich davon führen
zu lassen. Es ist einzigartig, weil es Führung, Kultur und KI nicht trennt, sondern integriert; Mensch und Technologie in einem lebendigen Dialog.

Wann fühlst Du Dich wirklich wirksam in Deiner Arbeit?
Ich fühle mich wirksam, wenn ich das Strahlen und die Freude im Gegenüber sehe. Wenn sich etwas löst, Leichtigkeit zurückkehrt und der innere Kampf endet. Dann weiß ich, dass meine Arbeit wirkt. Es geht nicht um große Worte oder Strategien, sondern um diesen Moment, in dem ein Mensch wieder mit sich selbst in Verbindung kommt. Wenn Arbeit und Leben wieder fließen, entsteht Wirksamkeit ganz von selbst: still, klar und tief.


Was sind Deine nächsten Schritte oder Ziele für die Zukunft?
Ich möchte weiter KI-Trainings geben, bis die Gender Gap in dieser neuen Welt maximal reduziert wurde. Mit meinem Workshop „Fake me if you can“ will ich junge Menschen stärken, damit sie manipulationsresistenter, urteilsfähiger und klarer
in ihrer Identität werden. Und ich möchte Räume schaffen, in denen wir uns verbinden statt vergleichen. Langfristig sehe ich AIVa als Bewegung: ein lebendiges Lernökosystem, in dem Mensch, KI und Bewusstsein gemeinsam wachsen. Für eine Zukunft, die uns menschlicher macht. Unsere Zukunft beginnt jetzt.


Neben AIVa und VaiBe bist Du Certified Life Coach, Unternehmensinhaberin einer Naturheilpraxis und Mutter von drei Kindern. Wie gelingt Dir die Balance zwischen Karriere und Privatleben?
Balance gelingt mir, indem ich mich immer wieder frage, worauf etwas gerade einzahlt. Ob das, was ich tue, in meiner Vision
überhaupt vorkommt. Ich weiß, dass wir nur diesen Moment haben. Wer für andere da sein will, muss gut für sich selbst sorgen, das ist erste Pflicht. Ich habe drei zauberhafte Kinder, die mich darin bestärken und tragen. Für mich geht es darum, mich selbst so zu führen, wie ich auch andere führen möchte.

Welche Begegnung hat Dich zuletzt nachhaltig beeindruckt?
Mich inspiriert jede Begegnung. Ich weiß, das klingt unspektakulär. Doch für mich liegt darin das größte Geschenk. Jede Begegnung ist ein Spiegel. Sie zeigt mir, wo ich stehe, wie verbunden ich bin und wo ich noch lernen darf. Ob im Gespräch mit einem CEO, einem jungen Menschen oder meinen Kindern. Überall begegnet mir Bewusstsein. Und genau das liebe ich an meiner Arbeit: dass sie mich ständig erinnert, Mensch zu bleiben. Jede Begegnung ist ein Stück Bewusstsein. Und manchmal reicht ein einziger Blick, um alles zu verändern.


Was würdest Du heute anders machen, wenn Du noch einmal von vorne anfangen könntest?
Ich würde nicht mehr auf Erlaubnis warten, um zu sprechen. Ich würde ständig auch ungefragt meinen Senf dazu geben. Ich würde meinen Träumen früher vertrauen und mich nicht von den Grenzen im Kopf anderer aufhalten lassen. Ich würde meiner Freude folgen und weniger funktionieren. Und ich würde Sicherheit nicht mehr in Systemen und Strukturen suchen, sondern in
mir. Am Ende geht es nicht darum, alles richtig zu machen, sondern echt zu sein. Dazu braucht es Mut. Nehmt eure Angst an die Hand und macht einfach.

Zur Person

Bianca Enderlin ist Gründerin von AIVa sowie Entwicklerin des VaiBe Frameworks, eines Modells zur Kultur- und Führungsentwicklung an der Schnittstelle von Mensch und KI. Als Unternehmerin, Certified Life Coach und Naturheilpraktikerin begleitet sie Führungskräfte und Organisationen dabei, Technologie mit Bewusstsein zu verbinden und eine neue Form von Wirksamkeit zu entfalten. Mit Stationen in der Sprachbildung, im Gesundheitswesen und im Coaching vereint sie heute drei Perspektiven: Sprache, Bewusstsein und Wandel. Ihr Ansatz: KI kann Effizienz liefern, aber echte Führung entsteht aus Klarheit, Selbstverantwortung und innerem Gleichgewicht. Bianca unterstützt Menschen und Unternehmen darin, nicht nur digitaler zu werden, sondern bewusster. Für eine Zukunft, in der Technologie nicht größer, sondern der Mensch stärker wird.

Foto: Sandra Felke