STRIVE Redaktion
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„Die größte Schwäche der Bauwirtschaft ist die fehlende Kommunikation.“

Nach über zwei Jahrzehnten an der Spitze eines Familienunternehmens schlägt Barbara Hagedorn mit FutureWE ein neues Kapitel auf. Im Interview spricht sie über den Bruch nach 25 Jahren Ehe und Geschäftsführung, darüber, warum Unternehmenskultur für sie die wahre Stärke eines Unternehmens ist und weshalb Diversität in der Bauwirtschaft noch viel zu kurz kommt. Außerdem erzählt sie, was Resilienz für sie bedeutet, wie ihre Töchter sie geprägt haben und woher sie heute die Energie nimmt, Menschen und Unternehmen Mut zu machen.

„Die größte Schwäche der Bauwirtschaft ist die fehlende Kommunikation.“
Barbara Hagedorn, Gründerin von FutureWE. Foto: FutureWE

Wie sah Dein Weg bisher aus, und wie bist Du an den Punkt gelangt, an dem Du heute stehst?
Mit 23 habe ich mich in der Reifenbranche selbstständig gemacht, jung, mutig und ohne Sicherheitsnetz. Später habe ich mit meinem damaligen Mann aus einer Garage heraus ein Unternehmen mit 2000 Mitarbeitenden und 500 Mio. Umsatz aufgebaut. Nach 25 Jahren Ehe und Geschäftsführung kam der Bruch, eine persönliche wie berufliche Zäsur. Heute gehe ich meinen Weg mit FutureWE: eigenständig, frei und mit klarer Haltung.

Nach ca. 25 Jahren Geschäftsführerin bei Hagedorn hast Du ein neues Kaptiel mit FutureWE aufgeschlagen. Wie kam es dazu?
FutureWE ist nicht mein dritter „Versuch“, sondern meine konsequente Weiterentwicklung. Nach 25 Jahren Geschäftsführung wusste ich: Ich möchte meine Erfahrung für ein größeres Ziel einsetzen. Bei FutureWE stehen drei Themen im Zentrum: Unternehmenskultur, Diversität in der Baubranche und Nachwuchsförderung. Ich möchte Unternehmen und Menschen befähigen, mutig neue Wege zu gehen und Verantwortung zu übernehmen.


Welche Erfahrung aus Deiner Zeit als Geschäftsführerin hat Dich für die Arbeit mit FutureWE am meisten geprägt?

Meine prägendste Erfahrung war: Ein Unternehmen ist nur so stark wie seine Kultur. Mitarbeiter brauchen Vertrauen, Wertschätzung und eine Führung, die Haltung zeigt, auch wenn es unbequem ist. Bei Hagedorn habe ich gelernt, wie wichtig es ist, Menschen ernst zu nehmen und Verantwortung vorzuleben. Heute ist genau das das Fundament von FutureWE.


Gab es auf Deinem Weg einen Wendepunkt, der für Dich alles verändert hat?

Der Wendepunkt war derBruch nach 25 Jahren Ehe und Beruf. Plötzlich war vieles anders: Status, Einfluss, Gestaltungsmacht. Aber genau dort habe ich gelernt: Man kann alles verlieren, nur nicht sich selbst. Diese Erfahrung hat mich stärker gemacht und mir die Klarheit gegeben, was ich mit FutureWE in die Welt tragen möchte.


Was sind Themen, über die in Deinem Businessumfeld der Bauwirtschaft noch zu wenig gesprochen wird?

In der Bauwirtschaft  wird viel zu wenig über Haltung gesprochen und noch weniger wird danach gehandelt. Was bleibt, wenn Zahlen und Status fallen? Wie gehen wir mit Verantwortung mit Menschen und mit Fehlern um? Diversität und Nachwuchsförderung sind zentrale Zukunftsfragen, doch oft nur Randthemen. Und die größte Schwäche sehe ich in der Kommunikation: Es wird kaum offen gesprochen, Probleme werden verschwiegen und so bleibt wertvolles Potenzial ungenutzt.

Wofür willst Du mit Deinem Projekt heute und in Zukunft stehen?

FutureWE will Unternehmenskultur neu denken. Diversität bedeutet für mich weit mehr als Mann und Frau: auch jung und alt die voneinander lernen und Zukunft gestalten. Sichtbarkeit heißt, Vorbilder zu schaffen, die Mut machen. Empowerment bedeutet, Menschen zu ermutigen, Verantwortung zu übernehmen und ihre Stärken einzubringen. Ein  zentraler Fokus ist die Nachwuchsförderung: Junge Menschen suchen Sinn, Teamgeist und  Perspektiven, dafür setze ich mich ein. FutureWE steht heute und in Zukunft für Haltung, Chancengleichheit und eine Kultur, die Vielfalt in all ihren Facetten stärkt.


Was ist Dein größtes Learning aus den letzten 12 Monaten?

Mein größtes Learning: Stärke bedeutet nicht, alles allein zu tragen. Netzwerke, ehrliche Begegnungen und das Annehmen von Unterstützung machen den Unterschied. Und: Selbst nach schweren Brüchen ist ein Neuanfang möglich. Das hat mich gelehrt, dass Resilienz nicht Härte ist, sondern die Fähigkeit, aufzustehen und neu loszugehen.

Was fordert Dich an Deiner aktuellen Position am meisten heraus und was gibt Dir Energie?
Die größte Herausforderung ist, Unternehmen von echter Kulturarbeit zu überzeugen, über kurzfristige Kennzahlen hinaus. Energie bekomme ich aus Begegnungen: wenn junge Menschen Lust haben, Verantwortung zu übernehmen, wenn Frauen ihren Mut finden, sichtbar zu werden. Diese Momente geben mir die Gewissheit, dass FutureWE gebraucht wird.

Wann hast Du in Deiner Arbeit das Gefühl, wirklich etwas zu bewegen?
Ich spüre, dass ich etwas bewege, wenn Menschen nach einem Vortrag sagen: „Danke, Sie haben mir Mut gemacht.“ Oder wenn ein Unternehmen beginnt, Werte nicht nur auf Plakaten, sondern im Alltag zu leben. Solche Rückmeldungen zeigen mir, dass Veränderung möglich ist, wenn man Haltung zeigt.

Welche Begegnung hat Dich zuletzt nachhaltig beeindruckt?
Am meisten beeindrucken mich meine beiden Töchter. Sie waren 13 und 16, als unser scheinbar stabiles Leben plötzlich ins Wanken geriet. Sie haben erlebt, wie schwer es sein kann, neu anzufangen und trotzdem Haltung bewahrt. Heute sehe ich ihre Stärke, ihre Klarheit und ihren Mut, und das erfüllt mich mit tiefer Dankbarkeit und Stolz.

Zur Person

Barbara Hagedorn prägte über zwei Jahrzehnte lang als Geschäftsführerin die Hagedorn Unternehmensgruppe und baute sie von einer kleinen Garage zu einem Konzern mit 2000 Mitarbeitenden und 500 Millionen Euro Umsatz auf. Heute setzt sie ihre Erfahrung mit FutureWE ein: als Gründerin, Impulsgeberin und Brückenbauerin für Unternehmenskultur, Diversität und Nachwuchsförderung in der Bauwirtschaft. Mit klarer Haltung und dem Anspruch, Menschen zu ermutigen und Verantwortung zu übernehmen, gestaltet sie neue Wege für eine Branche, in der Offenheit und Vielfalt bislang selten sind. Ihr Antrieb: Mut zu machen, Chancen zu schaffen und Unternehmen dabei zu unterstützen, über Zahlen hinaus Zukunft zu gestalten.

Foto: FutureWE