Führung ist wichtig. Da sind sich ausnahmsweise mal alle einig. Schließlich geht es um die wichtigste Ressource eines Unternehmens: die Menschen. Sie sind anzuleiten, zu fördern und als Team voranzubringen. In der Realität bleibt das jedoch meist auf der Strecke. Woran das liegt und was hilft, es besser zu machen.
Swantje Allmers
vor 6 Tagen
Wir muten Führungskräften zu viel zu
Wer Führungskraft geworden ist, um sich der Entwicklung von Teams und Individuen zu widmen, landet häufig schnell auf dem Boden der Tatsachen. Die meisten Führungskräfte haben dafür heute kaum noch Zeit. Ihr Terminkalender ähnelt einem verlorenen Tetris-Spiel. Hinzukommen etliche Projekte, operative Themen und Firmenpolitik. Führung verkommt zu etwas, das im Vorbeigehen zu erledigen ist.
Das ist nicht nur ein Gefühl. Das zeigen auch Studienergebnisse des Beratungsunternehmens Gallup: Lediglich 22 Prozent aller Befragten sind ausnahmslos zufrieden mit ihrer Führungskraft, nur ein Drittel fühlt sich ausreichend unterstützt und kaum jemand durch die eigene Führungskraft inspiriert.
Woran gute Führung scheitert
Eine wesentliche Ursache hierfür liegt darin, dass fachliche Arbeit in den meisten Unternehmen deutlich höher bewertet wird als Führungsarbeit. Erfolgreich ist, wer Projekte umsetzt und Zahlen bringt. Führung wird hinsichtlich ihrer Relevanz und des dafür erforderlichen Zeitbedarfs chronisch unterschätzt und läuft meist nebenher. Der Fachkräftemangel verschärft diesen Trend: Weil Delegationsmöglichkeiten fehlen, landen immer mehr Themen auf dem Schreibtisch der Führungskraft.
Was vielleicht kurzfristig Entlastung und Ergebnisse bringt, ist langfristig ein großes Risiko. Denn wo ein Führungsvakuum herrscht, gehen auch Motivation und Entwicklung verloren und die Zusammenarbeit im Team verschlechtert sich. Umgekehrt wirkt sich gute Führung positiv auf Mitarbeiterbindung, Engagement, Leistungsfähigkeit, Krankentage und viele weitere erfolgsrelevante Faktoren aus. Eine Unternehmensführung sollte daher ein großes Interesse daran haben, in die Auswahl und Entwicklung geeigneter Führungskräfte zu investieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihrer Aufgabe wirklich gerecht zu werden.
Gute Führung braucht Zeit
Das erfordert nicht nur Kompetenzvermittlung durch Trainings und Coachings, sondern auch Zeit für Führung. Wie viel Zeit angemessen ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Es hängt von der Größe des Teams, der Berufserfahrung der Mitarbeitenden sowie ihrem Entwicklungsbedarf ab.
Außerdem dürfen die Rahmenbedingungen im Unternehmen nicht außer Acht gelassen werden: Je kleiner ein Unternehmen, desto stärker wird die Führungskraft meist auch fachlich eingebunden sein. Der Aufbau weiterer Ressourcen ist ein Weg, um Führungskräfte zu entlasten. Der Abbau ineffizienter Prozesse und Meetings kann jedoch viel nachhaltiger und ressourcenschonender sein, ebenso wie die stärkere Verlagerung von Verantwortung ins Team und die Automation und KI-Unterstützung von Standardtätigkeiten.
Gute Führung ist heutzutage nicht die Kür, sondern Pflicht. Unternehmen tun daher gut daran, Führungskräfte gezielt zu entwickeln und Freiräume zu schaffen, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Denn wer in gute Führung investiert, investiert in alle.
Zur Person
Swantje Allmers (45) ist CEO und Gründerin des Beratungsunternehmens New Work Masterskills, Bestseller-Autorin sowie eine der gefragtesten Stimmen Deutschlands zu den Themen HR und Arbeitswelt.