Hannah Andresen

vor 9 Tagen

5 Min. Lesedauer

What's your story, Lina Behrens?

Lina Behrens kennt sich in männerdominierten Metiers aus – schließlich ist sie Geschäftsführerin eines Gesundheitsunternehmens, stellvertretende Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Startups sowie Mitglied des Beirats Junge Digitale Wirtschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.⁠ Mehr als 13 Jahre lebte sie im Ausland – als sie im Jahr 2018 zurück nach Deutschland kam, war sie geschockt, denn sie dachte, Deutschland sei längst weiter, was das Thema Frauen im Business betrifft. Ihrer Meinung nach fehlt es vielen Frauen an Sichtbarkeit – auch denen in Führungspositionen.⁠ Wir haben mit ihr darüber gesprochen, wie sie ihren eigenen Erfolg misst, was ihre größte Herausforderung war und welchen Karrieretipp sie ihrem 20-jährigen Ich geben würde.

What's your story, Lina Behrens?
What's your story, Lina Behrens?

Wie sind Sie zu Flying Health gekommen?

Meine Vision ist es, soziale Probleme durch privatwirtschaftliche Ansätze zu lösen. Daher bin ich zuerst ganz klassisch bei einer Beratung in London gestartet, um die Grundlagen zu lernen. Anschließend habe ich zu dem Sozialunternehmen Social Finance gewechselt, um innovative Finanzierungsansätze im Gesundheitsbereich mit zu entwickeln und um den Health Analytics Bereich aufzubauen. Auf Grund des Brexits habe ich mich nach sechs Jahren in England entschieden, London zu verlassen und bin Teil des Management Teams eines der größten Company Builder Lateinamerikas, Polymath Ventures, in Kolumbien geworden. Als Lead Business Designer, also quasi der internen Feuerwehr, habe ich dort verschiedene Firmen geleitet, die Produkte und Dienstleistungen für die wachsende Mittelklasse Lateinamerikas entwickelt haben. Seit drei Jahren bin ich nun zurück in Deutschland und bei Flying Health.

Was ist Ihre Vision für Ihr Unternehmen?

Bei Flying Health gestalten wir die Zukunft unserer Gesundheitsversorgung. Dafür bringen wir alle relevanten Akteur:innen an einen Tisch, geben ihnen Inspiration und Visionen für die Medizin von morgen und helfen ihnen, diese in die Tat umzusetzen. Derzeit sind wir vermehrt in Deutschland unterwegs, auf Grund meiner langjährigen Erfahrung im Ausland reizt es mich natürlich sehr, in den nächsten Monaten auch Flying Health internationaler aufzustellen.

Was muss eingetreten sein, damit Sie sagen Sie waren erfolgreich?

Gemeinsam hochgesteckte Ziele zu erreichen ist für mich der größte Erfolg. Wenn unsere Kund:innen und unser Team zufrieden sind, und wir unserer Vision der Gesundheitsversorgung einen Schritt näherkommen, dann haben wir viel geleistet. Aber auch wenn es mal schiefläuft, wir aber daraus lernen und es beim nächsten Mal anders machen, kann dies ein gemeinsamer Erfolg sein.

Wie gehen Sie mit Dingen um, die Sie nicht gut können?

Wichtig ist mir, diese Dinge zunächst zu identifizieren und sie nicht zu verstecken. Dann suche ich mir Hilfe – idealerweise kann jemand in unserem Team diese Dinge viel besser als ich und kann übernehmen. Wenn nicht, schaue ich in meinem Netzwerk nach Unterstützung. Und wenn ich dennoch denke, dass ich diese Dinge persönlich können sollte, versuche ich, mich in den Bereichen aktiv weiterzuentwickeln – durch eine Kombination aus Coaching, Inspiration aus Podcasts, (Hör-)Büchern und vielen Gesprächen, und natürlich indem ich es selbst ausprobiere und dabei jedes Mal etwas besser werde.

Wie würde Ihr Team Sie beschreiben?

Sehr extrovertiert, strukturiert, fordernd und fördernd – und gleichzeitig fast immer mit einem Lachen im Gesicht.

Was war die größte Herausforderung, die Sie dabei überwinden mussten?

Nach vier Wochen in Kolumbien bei dem Company Builder Polymath Ventures die Leitung einer Schulbusfirma zu übernehmen – und dann festzustellen, dass diese Firma keine Zukunft hat und diese schließen zu müssen. Zum Glück haben wir für die meisten Personen eine Alternative gefunden, aber geschlafen habe ich nicht viel in der Zeit. Es war eine der schwierigsten Entscheidungen, ich bin jedoch immer noch stolz darauf, diese so getroffen zu haben, da es mittelfristig das Richtige war. Zum Glück musste ich solche Entscheidungen bei Flying Health bisher nicht treffen, ich habe aus diesen Erfahrungen aber für meine jetzige Rolle viel mitnehmen können.

Was hat Sie auf Ihrem Weg bislang immer weitergebracht?

Um Hilfe zu fragen, wenn ich etwas selbst nicht kann, und dabei nicht den Anspruch zu haben, dass ich es selbst können müsste. Das ist nicht immer leicht, aber je mehr ich dies verinnerliche, desto weiter hat es mich bisher gebracht.

Ohne was können Sie nicht arbeiten?

Einen guten Kaffee am Morgen – und einem starken Team, mit dem ich nicht nur gemeinsam ein Ziel verfolgen, sondern auch herzlich lachen kann.

Welche drei Apps sind am nützlichsten für Ihren Job?

Messenger wie Teams, Slack und Discord zur Kommunikation mit meinem Team und in verschiedenen Netzwerken. Overcast für die wichtigsten Digital Health und Tech Podcasts. Und Gorillas, falls der Kühlschrank mal nicht gefüllt ist.

Wie organisieren Sie sich und Ihre To-Dos?

Meine Inbox und mein Kalender sind meine To Do Liste für die alltäglichen Dinge – dazu kommen im Idealfall zwei Nachmittage pro Woche für Strategie und Brainstorming.

Wenn Sie eine Zeitreise zu Ihrem 20-jährigen ich machen könnten, welchen Karrieretipp würden Sie sich geben?

Ich würde zum Glück sehr viele Entscheidungen wieder so treffen, wie ich es getan habe – aber dabei noch mehr bewusste Zeit für Reflexion einbauen, sowohl um mich inhaltlich mit Themen auseinander zu setzen als auch für persönliche Entscheidungen. Und ich würde mir selbst früher Techniken an die Hand geben, um von der Arbeit abzuschalten und die Auszeiten genießen zu können.

Wenn Sie einen Tag lang an den Schalthebeln der Macht sitzen würden (Beispiel Kanzler:in), was würden Sie tun?

Idealerweise würde ich digitale Lösungen im Bildungs- und im Gesundheitsbereich implementieren, Quoten für Frauen und Personen mit Migrationshintergrund in allen Entscheidungsebenen einfügen und eine groß angelegte Kampagne starten, damit die Menschen in Deutschland verstehen, dass Innovationen nichts Schlechtes sind, sondern die Basis für unsere Zukunft. Aber das müsste ein sehr langer Tag sein.

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