Josie Bertram

vor 12 Tagen

10 Min. Lesedauer

Warum Hartnäckigkeit sich lohnt

Swantje van Uehm, Gründerin und Managing Director von NUI Cosmetics, verrät uns im Interview, wie sie den Naturkosmetikmarkt revolutioniert hat, wie sie mit Stereotypen und Vorurteilen in der Gründerszene umging – und warum Hartnäckigkeit sich immer auszahlt.

 

Liebe Swantje, stell Dich und Dein Team doch einmal vor. 

Ich bin Swantje van Uehm, Gründerin und Managing Director von NUI Cosmetics, der 100 % veganen High-Performance Naturkosmetik-Marke aus Berlin. Mit NUI setzen wir uns für verantwortungsbewusstes Unternehmertum und einen nachhaltigen Lifestyle ein. Ich arbeite mit einem wunderbaren Team aus kreativen Köpfen in den Bereichen Finance, Marketing, Sales, Kundenservice und Produktentwicklung in Berlin-Mitte. Gemeinsam möchten wir zeigen, dass man mit Leidenschaft, Mut und Beharrlichkeit eine ganze Branche verändern kann.

Warum Hartnäckigkeit sich lohnt
Warum Hartnäckigkeit sich lohnt

 

 

Was ist der Unterschied zwischen NUI und anderer Naturkosmetik?

Super Frage, denn der Begriff Naturkosmetik ist kein geschützter Begriff und ich erlebe oft Kund:innen, die buchstäblich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen, weil immer mehr Marken – um ehrlich zu sein, fast alle – sich heutzutage als natürlich oder vegan bezeichnen. Vegan bedeutet aber nicht gleich natürlich – und andersherum. Viele sind an bewusstem Konsum interessiert, finden jedoch keinen Ansatzpunkt, wie sie wirkliche Naturkosmetik von einem 'grünen Packaging' (Greenwashing) unterscheiden können. Andere 'trauen' sich wiederum nicht an die Produkte, weil Naturkosmetik für sie den Anschein hat, nicht trendbewusst genug zu sein. Genau diese Lücke schließen wir mit NUI Cosmetics. Wir brechen mit den konventionellen Beauty-Standards und dem Greenwashing, um High-Performance Make-up zu kreieren, das auf den besten veganen, natürlichen und wirksamen Inhaltsstoffen basiert. Wir haben zudem ein Patent auf unser zertifiziertes, aus ökologischem Material bestehendes Packaging angemeldet, das wir in Deutschland produzieren. Kein Plastik, nur Papier. Menschen mit dem Thema vertraut zu machen, ist uns enorm wichtig. Daher empfehle ich, den direkten Kontakt zu Menschen zu suchen, die sich damit wirklich auskennen. Wir nehmen die Endkonsument:innen persönlich an die Hand.

 

Was war Dein erstes Produkt und wie ist es entstanden? Hast Du am Entstehungsprozess aktiv mitgewirkt?

NUI wurde mit unserem leuchtend roten Lippenstift AROHA geboren. Ich war damals auf der Suche nach einem leuchtenden, roten Lippenstift, ohne Karmin – dem Blut der Schildlaus – und ohne synthetische Stoffe. Unmöglich schien es. Nachhaltig und stylisch zugleich – das schien nicht machbar. Also entschied ich mich dafür, diesen selbst herzustellen und habe wirklich lange nach den passenden Produzenten und Herstellern gesucht, die dem Anspruch an 100 % vegane und natürliche Formulierungen gerecht wurden und mir auch die Möglichkeit boten, aktiv mitzuwirken. Wir mussten dutzende Schleifen drehen, bis das perfekte Rot und eine so zart schmelzende Textur mit pflegenden Bio-Ölen wie Kokos, Jojoba und Avocado entstanden sind.

 

"Traditionell schreibt man eher Männern einen Hang zur Risikoaffinität zu. Viele Leute waren überrascht, wenn dann so eine kleine, zierliche Frau wie ich zum Pitch erschien."

 

Welches ist Dein Lieblingsprodukt bisher und warum?

Unsere Foundation pflegt intensiv, hält den ganzen Tag und verleiht einen leichten Glow, mattiert aber auch. Der erste Inhaltsstoff ist Aloe Vera Saft. Außerdem gibt es noch unser Cream Blush, mit dem Du in fünf Sekunden einen kompletten Make-up-Look zaubern kannst.

 

Welche Rolle spielt Influencer Marketing für den Erfolg von NUI?

Influencer-Marketing spielte für uns zu Beginn eine große Rolle; es hat sich ganz organisch bei uns eingefunden. Große Influencer:innen wie Pamela Reif, aber auch Cathy Hummels, waren von unseren Produkten begeistert und teilten sie mit ihrer Community, ohne unser Zutun. Das ermöglichte es uns, unsere Produkte authentisch zu präsentieren und eine breitere Zielgruppe anzusprechen.

 

Hast Du Vorbilder? Was hast Du Dir bei ihnen abgeguckt?

Tatsächlich habe ich kein spezifisches Vorbild, aber ich bewundere alle, die für ihre Träume kämpfen und sie verwirklichen – besonders Frauen. Wir sind bis dato einfach noch unterrepräsentiert; wir brauchen mehr Vorbilder. Da sind wir jedoch – wie ich finde – auf einem guten Weg. Aber auch das Thema Care-Arbeit und der Zugang zu Kapital müssen weiterhin bearbeitet werden. Am besten funktioniert das gemeinsam und im Austausch untereinander – Stichwort Female Empowerment. Als ich damals begann, meine erste GmbH zu gründen, gab es kaum Netzwerke in diesem Bereich. Daher ist es mir enorm wichtig, Gründer:innen an meinen Erfahrungen teilhaben zu lassen und Frauen beim Gründen zu bestärken. Deshalb bin ich unter anderem auch Mentorin im Grace Accelerator und setze mich mit der Kampagne “Stronger Together” für andere Unternehmerinnen mit nachhaltigen Ansätzen ein.

 

 

Wie hast Du es geschafft, Judith Williams als Investorin bei „Die Höhle der Löwen“ zu gewinnen?

Ich glaube, es war meine Beharrlichkeit und mein Wille. Ich habe in der Sendung gesagt, dass ich nicht weggehe, bevor ich einen Deal bekomme und Judith und ihr Team sind Profis im Bereich der Beauty Branche. Sie wusste sofort, für was NUI steht: Wir haben die Vision, Naturkosmetik aus dem Staub von gestern zu befreien und eine perfekte Qualität anzubieten, sodass die Kund:innen keine Kompromisse eingehen müssen. Ich muss sagen, dass wir nach ein paar Minuten einen Draht hatten und die anderen Löwen kamen kaum zu Wort. Es sollte einfach so sein. Und seitdem kann ich auf sie und das Team zählen. Unsere Zusammenarbeit ist sehr persönlich, wertschätzend, auf einer Augenhöhe und gewinnbringend. Judith versteht unsere Marke, unsere Mission und es macht Spaß sich austauschen, um gemeinsam weiter am Erfolg unserer natürlichen und veganen Beauty Produkte zu arbeiten.

 

Was war für Dich persönlich die größte Herausforderung in Deiner Zeit als Gründerin bisher?

Gerade in der Gründungsphase war es für mich nicht einfach, auf meine eigenen Bedürfnisse außerhalb meines Start-ups zu achten. Sich Zeit für sich zu nehmen, zu reflektieren und Kraft zu tanken, kam oft zu kurz. Man muss sich bewusst Zeit für die Work-Life-Balance nehmen. Als Führungsperson war es außerdem wichtig, dies auch meinem Team zu ermöglichen. Auch hier gibt es Bedürfnisse, die beachtet und erfüllt werden müssen. Ich lerne jeden Tag dazu und bin dankbar, dass mein Team mich dabei unterstützt.

 

Insbesondere zu Beginn der Gründung habe ich auch damit zu kämpfen gehabt, die Stereotypen der Gründer:innen aufzubrechen. Traditionell schreibt man eher Männern einen Hang zur Risikoaffinität zu. In den Köpfen von Banker:innen, Investor:innen, auch Freund:innen und Co. herrschten noch alte Stereotype, die wir bewusst angehen und auflösen wollten. Dieser Einstellung bin ich auf meinem Weg mehr als einmal begegnet. Zudem wurde 2015 Female Empowerment noch nicht so großgeschrieben, und viele Leute waren überrascht, wenn dann so eine kleine, zierliche Frau wie ich zum Pitch erschien.

 

"Man muss sich bewusst sein, dass es immer wieder Herausforderungen gibt. Immer wenn Du das Gefühl hast, jetzt ist alles in trockenen Tüchern, wartet die nächste Hiobsbotschaft auf mich."

 

Wie bist Du damit umgegangen?

Wenn ich gemerkt habe, dass ich nicht ernst genommen wurde, bin ich hartnäckig geblieben und habe das auch direkt angesprochen. Ich glaube, man muss sich bewusst sein, dass es immer wieder Herausforderungen gibt. Immer wenn Du das Gefühl hast, "jetzt ist alles in trockenen Tüchern", wartet die nächste Hiobsbotschaft auf mich (lacht). Ob es die Corona-Krise war, die für uns mit weniger Bestellungen seitens der stationären Händler einherging, Lieferschwierigkeiten auf Produktebene oder Wettbewerber, die sich wieder einmal auf uns eingeschossen hatten – die Herausforderungen sind vielfältig. Mein Motto: "Keine Lösung ist keine Lösung". Wir haben die Zeit der Corona-Krise wirklich genutzt, um zu prüfen, was wir verändern können, um unsere Vision noch mehr voranzutreiben. Damit bin ich in den NUI Cosmetics Jahren gut gefahren. Man muss sich fokussieren und faktenorientiert an die Probleme herangehen.

 

Und was war Dein größtes Highlight?

Wenn große Investoren von alleine auf Dich zukommen und an Deiner Marke interessiert sind, ist das großartig. Aber noch wichtiger ist mir das Lob unserer Kund:innen. Wir haben enorm viele Stammkund:innen.

 

Wolltest Du schon immer selbst gründen oder kam Dir die Idee eher spontan und aus einem Need heraus?

Ich habe nicht schon immer mit dem Gedanken gespielt, mich selbstständig zu machen, obwohl ich es relativ früh, mit 27 getan habe. Es kam wirklich aus dem Bedürfnis heraus, etwas in der Branche verändern zu wollen: Beauty-Produkte zu kreieren, die besser für uns und die Umwelt sind, ohne auf Performance zu verzichten. So entstand NUI Cosmetics.

 

Über die Person: Swantje van Uehm ist Gründerin von NUI Cosmetics und Mentorin. Nach Stationen bei Chanel und Porsche hat sie 2015 ihr erstes Unternehmen gegründet. Unter der Marke Savue hat sie nachhaltige Beauty-Produkte aus aller Welt importiert und 2021 verkauft. 2017 startete sie dann eine erste eigene Produktlinie unter dem Namen NUI Cosmetics – hochwertige Kosmetik, allerdings vegan, natürlich und ohne schädliche Inhaltsstoffe.

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