Sabine Rath

vor 3 Tagen

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Motherhood Penalty: Wie berufstätige Mütter systematisch ins Abseits geraten

Als Sabine Rath Mutter wird, reduziert sie ihre Arbeitszeit wie fast drei Viertel aller Frauen in Deutschland, die ein Kind bekommen. Was als Übergangslösung begann, wurde zum Dauerzustand mit finanziellen und beruflichen Folgen. Warum das kein Einzelfall ist und was sich ändern muss, damit echte Vereinbarkeit endlich gelingt, erklärt sie in ihrem STRIVE-Gastbeitrag.

Motherhood Penalty: Wie berufstätige Mütter systematisch ins Abseits geraten
"Kinder sind die Zukunft unserer Volkswirtschaft", sagt Sabine Rath | Foto: Markus Weik

Nach der Geburt meines ersten Kindes schien Teilzeit die perfekte Lösung. Mehr Zeit fürs Kind haben und gleichzeitig beruflich am Ball bleiben. Doch mit Kind 2, 3 und 4 wurde mir klar: Teilzeit bedeutet nicht nur Flexibilität, sondern oft auch Stillstand nicht zwingend, weil jemand es so will, sondern weil die Rahmenbedingungen in unserem Land noch nicht ausreichend auf Vereinbarkeit ausgerichtet sind. 

Vereinbarkeit war gleichbedeutend mit Frauen in Teilzeit 

Zwischen Wickeltisch und Workshops fiel mir zuerst kaum auf, dass mein Gehalt stagnierte und spannende Projekte an mir vorbeizogen. Und das obwohl mein Arbeitgeber vielfältige Angebote für Vereinbarkeit bereithält. Aber ich selbst war zu lange im Funktionsmodus und bin dem gesellschaftlichen Narrativ erlegen, dass Vereinbarkeit in unserem Land vor allem bedeutet, dass Mütter in Teilzeit zurückstecken.

 

Dass diese Entwicklung oft weniger mit individuellen Entscheidungen zu tun hat, sondern vielmehr Ausdruck eines strukturellen Problems ist, wurde mir erst viel später klar. In der Arbeitsmarktforschung sprechen Forschende von der Motherhood Penalty. 

 

 

Warum die Motherhood Penalty nicht nur Eltern angeht 

Die Motherhood Penalty beschreibt den wirtschaftlichen Nachteil, den Frauen durch Mutterschaft erfahren:

  • geringere Einkommen
  • weniger Aufstiegschancen
  • verzerrte Kompetenzwahrnehmung.

 

Eine Bertelsmann-Studie zeigt: Frauen mit drei oder mehr Kindern verdienen bis zu 70 Prozent weniger als kinderlose Frauen. Während kinderlose Frauen im Laufe ihres Berufslebens im Schnitt rund 1,3 Millionen Euro verdienen, kommen Mütter oft nur auf 580.000 Euro eine Lücke von fast 700.000 Euro. Das hat gravierende Folgen für die finanzielle Unabhängigkeit und Altersvorsorge.

 

Gerade in Ländern mit traditionellen Rollenbildern schlägt die Motherhood Penalty besonders hart zu. Zu diesen zählt auch Deutschland: Hierzulande arbeiten 63 Prozent aller Mütter auch dann noch in Teilzeit, wenn das jüngste Kind längst die weiterführende Schule besucht. Was als Übergangslösung beginnt, wird für viele Frauen zur beruflichen Sackgasse. Denn: Wer jahrelang zurücksteckt, verliert nicht nur Einkommen, sondern auch Sichtbarkeit und Verhandlungsmacht. Die Folgen: finanzielle Abhängigkeit, weniger Vermögen, niedrigere Rente und damit diverse Risiken, die sich spätestens im Alter bitter auswirken können. 

Hinter dem Karriereknick stecken vor allem drei Gründe: 

  • ungleiche Verteilung von Care-Arbeit: Mütter leisten weiterhin den Löwenanteil. 

  • Mangel an politischen Anreizsystemen, flexiblen Arbeitsmodellen und qualitativen Betreuungsplätzen, sowie Ganztagesschulen. 

  • stereotype Rollenbilder, die Mütter benachteiligen. 

Wie wir Vereinbarkeit neu denken können 

Damit sich gesellschaftliche Strukturen ändern können, müssen wir im ersten Schritt verstehen, dass Vereinbarkeit kein Frauenthema ist. Es ist ein Wirtschafts- und Gesellschaftsthema. Und am Ende profitieren wir alle davon. Kinder sind die Zukunft unserer Volkswirtschaft. Und Mütter verdienen Strukturen, die ihnen ermöglichen, ihr volles berufliches Potenzial zu entfalten und finanziell selbstbestimmt zu bleiben. 

 

 

Zur Person 

Sabine Rath (49) ist Vierfachmutter und Expertin für das Thema Motherhood Penalty. Hauptberuflich arbeitet sie als Agile Change Manager in einem DAX-30-Unternehmen. Daneben ist sie Gastdozentin an der SRH Hochschule Heidelberg. Ihr Ziel: die Motherhood Penalty sichtbar machen und möglichst schnell abbauen.  

 

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