Journalist:innen bekommen täglich dutzende, teils hunderte E-Mails. Pressemitteilungen zu Finanzierungsrunden und Launches, aber auch ganz exklusive Interview-Vorschläge und brennende News fluten die Postfächer engagierter Redakteur:innen. Bittere Wahrheit: Die meisten dieser E-Mails landen direkt im Papierkorb. Woran das liegt und welche Fehler Unternehmer:innen beim Pitchen an Medien immer wieder machen, möchte ich nachfolgend skizzieren. Hier sind die 6 No Go’s beim PR-Pitch.
Tilo Bonow
vor 6 Tagen
Die 6 größten No Go’s beim PR-Pitch

No Go #1: Langweilige Betreffzeilen, schlechte Headlines
“Pressemitteilung: Unternehmen X hat eine neuen Finanzierungsrunde abgeschlossen und expandiert in den internationalen Markt” – Wer nach diesem Schema Betreffzeilen schreibt, braucht sich nicht wundern, wenn keine Rückmeldung eintrifft. Erstens ist sie viel zu lang, zweitens viel zu generisch und drittens total unkreativ.
Wie so oft gilt auch bei der Betreffzeile: In der Kürze liegt die Würze. Wer nicht in wenigen Worten auf den Punkt bringen kann, worum es geht, hat schon verloren. Sparen Sie sich Worte wie “Pressemitteilung” und fassen Sie sich kurz. Auch ein kreativer Aufbau kann helfen, Interesse zu wecken. Rhetorische Fragen zum Beispiel lösen in vielen Journalist:innen etwas aus, das Denken beginnt und sie öffnen die E-Mail, um mehr zu erfahren. Das gleiche gilt übrigens auch für Headlines: Wer von der Headline der Pressemitteilung nicht gecatcht wird, steigt direkt aus.
No Go #2: Romane statt Kurzgeschichten
Viele Unternehmer:innen denken: Je mehr Informationen ich dem Medium zukommen lasse, desto eher wird meine Geschichte auch aufgegriffen. Das ist ein klarer Irrglaube. Sogar das Gegenteil ist meist der Fall: Weniger ist mehr! Denn die Zeit von Journalist:innen ist sehr begrenzt, (fast) niemand hat oder nimmt sich für jede E-Mail zehn Minuten. Schon wenige Sätze können daher reichen, Interesse und eine Begierde bei Redakteur:innen zu wecken. Denn wenn ich die gesamte Geschichte schon in der E-Mail auserzählt habe, wozu braucht es dann noch ein persönliches Interview? Gleichzeitig kann es sinnvoll sein, weiterführende Informationen zu verlinken, damit sich Journalist:innen bei Interesse weiter mit der Thematik auseinandersetzen können. Und: Geben Sie immer alle Kontaktdaten für eine schnelle Kontaktaufnahme an!
No Go #3: Anonyme Massenversände
Nichts (!) ist schlimmer als generische Pitch-Mailings. E-Mails ohne persönliche Anrede oder den klaren Bezug zum Medium sind absolut austauschbar, holen Redakteur:innen nicht ab und wirken weder nahbar noch besonders seriös. Merken Sie sich: Exklusivität und persönliche Beziehungen sind in der Medienwelt die treibenden Faktoren für eine erfolgreiche Medienarbeit. Es kommt auf die gezielte Auswahl von Medium und Journalist:in an, auf das Identifizieren von Kernthemen und die entsprechende direkte Ansprache. Den Bezug zum Medium erzielt man, indem man sich z. B. auf vergangene Beiträge bezieht. Durch ergänzende oder gänzlich abweichende Inhalte und Meinungsbeiträge wird ein Bezug hergestellt und Redakteur:innen können effizient einen Mehrwert für sich abwägen.
No Go #4: Faktenflut und Visionär:innen ohne Vision
Vor allem in Deutschland lieben wir Statistiken, Daten, Zahlen. Gleichzeitig vergessen viele Unternehmer:innen (und selbst PR-Berater:innen) oft eines: Journalist:innen sind auch nur Menschen. Und Menschen interessieren sich eben für Menschen. Public Relations bedeutet Human Relations, es geht um starke Geschichten, starke Metaphern und starke Persönlichkeiten hinter dem Produkt.
Neben Unternehmer:innen, die nur Fakten für sich sprechen lassen, gibt es auch solche, die zwar hervorragend den Betrieb am Laufen halten, aber keine Vision für das eigene Unternehmen und die gesellschaftliche Zukunft haben. Zu wissen, was das eigene Unternehmen tut, und auch, wie das Produkt oder die Dienstleistung funktioniert, ist wichtig. Doch Journalist:innen interessieren sich vor allem für die Vision: Welche Idee steckt hinter einem Unternehmen, wo wollen die Gründer:innen hin, wieso haben sie überhaupt gegründet?
No Go #5: Heiße Luft statt heißer Story
Es ist super, eine Geschichte zu haben und von sich und dem Produkt oder der Dienstleistung überzeugt zu sein. Doch Unternehmer:innen schreiben sich allzu oft alle möglichen Dinge auf die Fahne, in der Hoffnung, es würde niemandem auffallen oder sowieso nicht geprüft werden. Nachhaltigkeit, Diversität oder Innovation/Pioneer sind solche Buzzwords. Wenn Sie also nicht zu 100 Prozent sicher sind, dass ihr Unternehmen diese Erwartungshaltung auch erfüllt, dann kommunizieren Sie es gar nicht erst. Das gleiche gilt für Formulierungen wie “Wir sind die ersten, die…” – Nur wer hier absolut sicher ist, sollte dies auch kommunizieren. Wie sagt man im juristischen Kontext so schön? Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Die Strafe hier: Unseriosität und Vertrauensverlust – das kann und darf sich kein:e Unternehmer:in leisten!
No Go #6: Aufgeben oder nerven
Beim Kontakt zu Journalist:innen geht es darum, möglichst langfristige Beziehungen aufzubauen. Viele Unternehmer:innen geben zu früh auf, ihre Story zu pitchen. Wer immer wieder wirklich Neues zu erzählen hat, sollte das auch tun. Ein absolutes No Go ist es allerdings, alle paar Wochen mit der gleichen Geschichte anzukommen. Gründer:innen müssen versuchen, sich möglichst immer im Gespräch zu halten und ein gewisses Grundrauschen erzeugen.
Auf der anderen Seite stehen die Unternehmer:innen, die ununterbrochen pitchen, kein Nein akzeptieren und immer wieder hinterher telefonieren, ohne wirklichen Mehrwert zu bieten. Wenn man sich jegliche Chance auf eine Veröffentlichung kaputt machen möchte, dann so.
Ein Tipp zum Schluss: Bleiben Sie authentisch. Bei allen Fallstricken und allen Gratwanderungen, denen man beim Pitchen und beim Journalist:innen-Kontakt begegnet, ist nichts schlimmer, als sich zu verstellen. Wer ehrlich zu sich selbst ist, kann auch ehrlich zu anderen sein.
Über den Autor:
Tilo Bonow ist Gründer und CEO von PIABO, einem von Deutschlands führenden Full-Service-PR-Partnern für die Digitalwirtschaft mit Sitz in Berlin. Er ist maßgeblicher Erfolgstreiber ambitionierter Unternehmer in globalen Märkten und ausgewiesener Experte der Start-up-Szene. Darüber hinaus ist Tilo als Investor bei über 30 nationalen wie internationalen Fonds aktiv und hat mit MXP Ventures den ersten Fonds gegründet, der speziell in Agentur-Startups investiert.