Meine Gründungsstory | Mit dem Online-Marktplatz COCOLI wollen CEO Gemma Comabella und CMO Greta Schindler Designer-Möbeln ein zweites Leben schenken und den Markt damit nachhaltiger machen. Mit ihrer Idee haben sie prominente Branchenkenner:innen überzeugt und als Investor:innen gewonnen, darunter Vestiaire-Collective-Gründerin Fanny Moizant, Made.com-Gründer Julien Callede und Ex-eBay-Manager Alexander von Schirmeister. Im Interview erzählt Greta Schindler, wie sie das geschafft haben.
STRIVE Redaktion
vor 13 Tagen
„Das Team ist wichtiger als die Idee dahinter“
Was hat Sie zum Gründen bewogen?
Die Idee kam, als Mitbegründerin und CEO Gemma Comabella letztes Jahr in Berlin umzog – sie suchte nach einer speziellen Lampe und stand vor der Wahl: Entweder neu kaufen und mehrere Monate Wartezeit in Kauf nehmen, oder gebraucht kaufen, aber ohne die Garantie, dass es sich um das Original handelt, oder dass das Produkt dem in der Anzeige erwähnten Zustand entspricht. Wir fanden keine Firmen, die secondhand Design-Möbel, Ausstellungsstücke und B-Ware anbieten, prüfen und versenden – und gründeten COCOLI. Der Versand ist ein wichtiges Thema, wir versenden alle Produkte versichert nach ganz Deutschland und über 80 Prozent kommen in weniger als zwei Wochen bei den Kund:innen an. Wir sehen uns außerdem als purpose-driven Startup: Unsere Mission ist es, Möbeln ein zweites Leben zu schenken und so die Nachhaltigkeit in der Möbelindustrie zu verbessern. COCOLI steht übrigens für Community of Conscious Living. Unser Ziel ist es also, eine Gemeinschaft für nachhaltiges Leben zu gründen und auszubauen.
Mit VC-Geld oder ohne? Und warum?
Einige im Gründer:innenteam hatten schon vorher gegründet und uns war klar: In diesem Markt geht es um Schnelligkeit und Effizienz. Wir brauchten eine externe Finanzierung, um unser MVP zu launchen – das dann auch innerhalb von drei Monaten so weit war. Das wäre ohne Funding nicht möglich gewesen. Allerdings haben wir unsere Finanzierungsrunde nur mit Business Angels (BA) abgeschlossen. Gerade am Anfang sind nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch Expertise und das einzigartige Know-how unserer BAs sehr wertvoll.
Welche Hindernisse mussten Sie beim Gründen überwinden?
Das Wichtigste war, das richtige Gründer:innenteam aufzubauen und Menschen in Senior Positions davon zu überzeugen, eine gut bezahlte Stellung aufzugeben, und sich voll und ganz auf ein Startup einzulassen. Wir haben ein tolles Gründer:innenteam mit weitreichenden Erfahrungen im Management, Strategie und professioneller Expertise, dass sich trotz der Seniority täglich dafür einsetzt, dass jedes Detail funktioniert.
Welche Fuckups mussten Sie und Ihr Team bereits überwinden?
Wo fange ich an? Nein, Spaß bei Seite, aber natürlich gibt es immer wieder Entscheidungen, die man im Nachhinein nicht oder anders getroffen hätte. Manchmal passiert etwas im Team, zum Beispiel, wenn wir Ressourcen nicht optimal eingesetzt haben, uns in unwichtigen Details verzettelt haben, oder jemanden ins Team geholt haben, der sich in der Startup-Kultur dann doch nicht wohl fühlt. Genauso gibt es Situationen mit Marken oder Händler:innen, von denen man zum Beispiel für einen guten Kundenservice abhängt.
Was war für Sie persönlich die größte Herausforderung?
Als CMO leite ich das Supply- und Demand-Team. Ich arbeite und lebe in Dubai, mein Team sitzt in Deutschland und Spanien, meistens wird remote gearbeitet. Das ist tagtäglich eine Herausforderung, nicht nur in Bezug auf die Zeitverschiebung und die Sprache, sondern auch weil es das Teambuilding anfangs erschweren kann. Manager:innen müssen in der Post-Corona Zeit neu lernen, wie man ein Team motiviert und die Kommunikation fließen kann, auch wenn man sich nur alle zwei Monate trifft.
„Ich habe gelernt, dass viele Leadership Skills nur selten angeboren sind, aber man kann sie lernen.“
Wie haben Sie gelernt, zu führen?
Teamführung ist ein Prozess. Da fast das ganze Team die meiste Zeit im Homeoffice verbringt, sind Kommunikation, Motivation und Leadership sehr wichtig. Der cultural fit ist beim Teamaufbau gerade in einem Startup wichtig, da braucht man neben guter Menschenkenntnis auch etwas Glück. Ich habe gelernt, dass viele Leadership Skills nur selten angeboren sind, aber man kann sie lernen. Ich habe deshalb dieses Jahr begonnen, mit einer Coachin zu arbeiten und finde den Ansatz spannend und wichtig.
Haben Sie Mentor:innen, mit denen Sie sich austauschen?
Der Ansatz, die Pre-Seed-Runde mit Business Angels abzuschließen, hat uns geholfen, großartige Mentor:innen für COCOLI zu gewinnen. Christian Jorge, Mitbegründer von Vestiaire Collective, ist zum Beispiel Investor und Mentor. Konkret in meinem Team habe ich Unterstützung durch regelmäßigen Austausch mit einer Expertin für Customer Behaviour, einem Art Director aus Berlin und einem Big Data Analysten. Alles unbezahlbare Inputs für ein Startup.
Was ist aus Ihrer Sicht die wichtigste Eigenschaft für eine Führungskraft?
Ein:e gute:r Manager:in muss lernen, relevant und personenbezogen zu kommunizieren und authentisch mit Situationen umzugehen. Gerade in der Startup-Welt sind außerdem Leidenschaft und Commitment sehr wichtig.
Was war Ihr größtes Learning?
Vor COCOLI hatte ich einen Marktplatz für aufsteigende Künstler:innen mitbegründet, die dort ihre Kunst unabhängig von Galerien ausstellen und verkaufen konnten. Dieses Projekt hatte viele Parallelen mit COCOLI und ich nehme die Gründungszeit als sehr intensiv wahr. Es gibt viele Höhen und Tiefen und da braucht man ein erfahrenes, rationales, aber auch optimistisches Team, das sich gegenseitig unterstützt und immer wieder aufbaut. Für mich ist das Team wichtiger als die Idee.
Worauf blicken Sie aus ihrer bisherigen Gründungszeit gerne zurück?
Man erlebt alles hautnah und feiert jeden Erfolg: der Launch von COCOLI Mitte Dezember, die ersten Kund:innen, die ihre Möbelstücke bei uns zum Verkauf hochgeladen haben, die ersten 1000 Follower:innen auf Instagram, das erste positive Feedback nach Erhalt der Ware. Das bereichert das ganze Team, es ist immer wieder ein gutes Gefühl, wenn man so etwas miteinander teilen kann.
„Wenn man in einem dynamischen Markt eine Firma gründet und Talent anwerben will, ist es gut, Investor:innen an Bord zu holen.“
Haben Sie Vorbilder?
Mein Vater war in Sachen Loyalität und Arbeitsmoral zu der Firma, in der er angestellt war, nicht zu überbieten. Er arbeitete sich in über 35 Jahren von ganz unten nach ganz oben und man hat immer gemerkt, wie stolz er auf die Firma und sein Team war. So eine Arbeitseinstellung ist heute selten, für viele klingt das vielleicht altmodisch, aber wer solchen Einsatz im Team hat, kann nur gewinnen.
Wie lautet Ihr Buch-/Filmtipp für Gründer:innen?
Gerade wurde mir das Buch Samurái von Enric Lladó empfohlen, das habe ich in einem Rutsch gelesen. Hier geht es um einen Führungsstil basierend auf inneren Werten und der Kunst, richtig vorzuschlagen, nachzufragen, Entscheidungen zu treffen und Kritik zu üben. Ein spannender Ansatz, Anführer:innen werden hier zu Diener:innen des Teams und des Projekts.
Welchen Tipp würden Sie Ihrem 18-jährigen Ich in Sachen Gründung geben?
Hole dir Menschen ins Team, die besser sind als du. Außerdem: Bootstrapping ist nur eine gute Idee, wenn man Zeit hat. Wenn man in einem dynamischen Markt eine Firma gründet und Talent anwerben will, ist es gut, Investor:innen an Bord zu holen.