Johanna Geisler
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Arbeitslosenquote steigt: Wie Du trotzdem einen neuen Job findest

War es für gut ausgebildete Menschen vor zwei Jahren noch relativ leicht eine neue Stelle zu finden, berichten viele inzwischen von einer veränderten Stimmung auf dem Arbeitsmarkt. Wie Du trotz diverser Entlassungswellen aktuell einen neuen Job findest und warum Sichtbarkeit auch in dieser Situation oft hilft, erklärt Recruiterin Johanna Geisler hier.

Arbeitslosenquote steigt: Wie Du trotzdem einen neuen Job findest
"Der Gedanke, die Jobsuche öffentlich zu machen, kann sich unangenehm anfühlen. Aber oft ist das nur unser Kopf, der uns einreden will, dass man nicht nach Hilfe fragen darf", sagt Johanna Geisler | Foto: Constantin Rademacher

Man kann es nicht ignorieren: Der Arbeitsmarkt fühlt sich anders an als noch vor ein, zwei Jahren. Es gibt wieder mehr Entlassungen, weniger Jobangebote und eine spürbare Zurückhaltung bei Einstellungen. Ich habe über zehn Jahre selbst im Recruiting gearbeitet. Heute berate ich Unternehmen dabei, ihr Recruiting professioneller, ehrlicher und zukunftsfähiger aufzustellen. Ich kenne die Auswahlprozesse, die Anforderungen, aber auch die Unsicherheiten auf beiden Seiten.


In letzter Zeit erreichen mich viele Nachrichten von Menschen, die plötzlich ihren Job verloren haben oder merken, dass es deutlich schwieriger geworden ist, eine neue Stelle zu finden. Sie fragen mich: „Was würdest Du tun, wenn du jetzt auf Jobsuche wärst?“


Ganz ehrlich: Wenn ich heute auf Jobsuche wäre, würde ich erstmal versuchen, wieder einen klaren Kopf zu kriegen, bevor ich mir noch mehr Druck machen und mich fragen: Was kann ich gerade beeinflussen und was nicht?


Auf diese zehn Dinge würde ich heute besonders achten, wenn ich auf Jobsuche wäre


1. Ich würde mir einen ehrlichen Überblick verschaffen. Was bringe ich mit? Was davon ist auch in anderen Bereichen einsetzbar? Nicht nur auf meinen alten Jobtitel schauen, sondern auf das, was ich wirklich gemacht habe und welche Kompetenzen davon übertragbar sind. 

2. Ich würde mich nicht zu sehr an Jobtiteln festhalten. Vielleicht heißt mein nächster Job nicht mehr wie der letzte. Ist egal. Hauptsache, ich erkenne mich in den Aufgaben wieder.

3. Ich würde mein LinkedIn-Profil aufräumen und dann aktiv werden. Ein aktualisiertes Profil, ein klarer kurzer Text zur aktuellen Situation, und persönliche Nachrichten an Menschen, die ich kenne oder die jemanden kennen könnten. Ich würde sagen, was ich suche und was ich mitbringe. Und ja, ich weiß: Der Gedanke, die eigene Jobsuche öffentlich zu machen, kann sich erstmal unangenehm anfühlen. Aber oft ist das nur unser Kopf, der uns einreden will, dass man „nicht nach Hilfe fragen darf“. In Wirklichkeit sehen die meisten es als mutig und klar an – und genau das öffnet Türen.


4. Ich würde offen auf Social Media über meine Situation sprechen.
 Ich würde definitiv einen LinkedIn-Post oder ein TikTok-Video über meine Jobsuche veröffentlichen und aktiv über meine Wünsche für meinen neuen Job sprechen. Viele Recruiter:innen hätten Dich anders vielleicht nie gefunden. Falls Dich der Gedanke dabei beschleicht: „Was denken die Leute?“, dann erinnere Dich daran, dass Sichtbarkeit keine Schwäche ist. Im Gegenteil: Wer den Schritt wagt, wird oft positiv überrascht, wie viel Zuspruch, Tipps und konkrete Hinweise zurückkommen. 


5. Ich würde mein Netzwerk über digitale Kontakte hinaus aktivieren.
 Ich würde zu Netzwerk-Events gehen und aktiv neue Kontakte knüpfen. Je mehr Menschen wissen, dass Du suchst, desto schneller wird Dein erfolgreicher Jobeinstieg Realität. Und falls Du denkst: „Ich will niemandem zur Last fallen“, mach Dir klar: Die meisten helfen gern, wenn sie können. Manchmal reicht ein Gespräch oder eine Empfehlung, und schon ist der nächste Schritt leichter.

6. Ich würde mir Ziele für die Jobsuche pro Tag vornehmen. Zum Beispiel zehn Recruiter:innen auf LinkedIn anschreiben, fünf Bewerbungen auf Stellen verschicken, die außerhalb meiner Komfort-Zone liegen, mich mit zehn neuen Fachkontakten proaktiv vernetzen.  


7. Ich würde alternative Job-Möglichkeiten ernst nehmen.
 Vielleicht ergibt sich ein befristeter Einstieg, ein Projekt, ein Branchenwechsel? Ich würde prüfen, was sich für mich gut anfühlt, auch wenn es nicht der ideale nächste Karriereschritt ist. 


8. Ich würde mir gezielte Unterstützung holen.
 Ob über Programme, Beratungen oder einfach durch Gespräche mit Menschen, die ähnliche Phasen erlebt haben. Neue Perspektiven helfen beim Sortieren. 


9. Ich würde mich nicht mit anderen vergleichen.
 Viele Wege wirken im Nachhinein geradliniger, als sie es waren. Ich würde mich auf meine nächsten Schritte konzentrieren und nicht auf die Erzählungen anderer. 

10. Ich würde mich daran erinnern, dass ich mehr bin als meine aktuelle Situation. Auch wenn Absagen wehtun oder Stille verunsichert. Trotzdem ändert es nichts daran, was ich bisher erreicht habe und was ich kann.

Foto: Constantin Rademacher

Zur Person

Johanna Geisler ist Gründerin der HR-Agentur Joge und Expertin für Recrutiting und Employer Branding. Außerdem rief sie 2022 in Hamburg den After Work Social Club ins Leben.