Sebastian Förster

vor 10 Tagen

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"Als Corporate Influencer mache ich Unternehmenskultur erlebbar"

Influencer sind längst nicht mehr nur Hebel, um Produkte zu verkaufen. Sie können auch Arbeitgeber besonders reizvoll machen. Sebastian Förster wurde genau dafür jetzt ausgezeichnet – von Celine Flores Willers, Deutschlands wohl einflussreichster Linkedin-Influencerin. Hier erzählt er, worauf es ankommt, was ihn antreibt und was er Menschen rät, die sich immer noch nicht trauen, sichtbar zu sein.

"Als Corporate Influencer mache ich Unternehmenskultur erlebbar"
"Wer sich mit einem eigenen Post noch unsicher fühlt, kann auch mit einer anderen Strategie starten: Kommentieren", sagt Sebastian Förster | Foto: Salome Sommer/Henkel

STRIVE: Sebastian, Du bist frisch ausgezeichneter Corporate Influencer. Was macht herausragendes Corporate Influencing für Dich aus?

 

Sebastian Förster: Herausragendes Corporate Influencing bedeutet für mich, mit Haltung, Herz und strategischem Weitblick zu kommunizieren. Es geht nicht nur darum, Inhalte zu teilen, sondern darum, nachhaltig Verbindungen zu schaffen: zwischen Menschen, zwischen Themen, zwischen dem, was ein Unternehmen bewegt, und dem, was draußen in der Welt relevant ist.

 

Als Corporate Influencer mache ich Unternehmenskultur erlebbar und zeige, wofür wir stehen. Dabei zählt nicht nur, was man sagt, sondern auch, wie glaubwürdig und nahbar die Botschaft dahinter ist. Herausragend wird Corporate Influencing dann, wenn man Menschen wirklich berührt – sei es durch eine inspirierende Geschichte, durch Fachwissen mit echtem Mehrwert oder den Mut, auch persönliche Einblicke zu geben.

 

Wie bist Du Corporate Influencer geworden?


Ich fühle mich nach wie vor nicht wirklich wie ein:e Corporate Influencer:in, aber alles begann letzten Sommer mit dem Start des Corporate-Influencer-Programms, das unser Employer Reputation Team mit der People Branding Company aufgesetzt hat. Dafür wurden 15 Personen ausgewählt, die dann drei Monate lang die Grundlagen und Methoden zur Strategie- und Content-Entwicklung kennenlernen durften. Danach habe ich einfach weitergemacht.

 

 

 

Was ziehst Du persönlich daraus? Und was motiviert Dich, Eindrücke aus Deinem Berufsleben zu teilen?


Social Media hat mich schon immer fasziniert. Die Möglichkeit, sich mit Menschen auszutauschen, zu netzwerken und kontinuierlich zu lernen, ist einer der Hauptgründe, warum ich so gerne über meinen Beruf berichte. Es bietet mir die Chance, Trends zu diskutieren, Inspiration und Motivation zu finden und Gleichgesinnte in anderen Unternehmen zu entdecken, die meine Passion teilen oder bewusst eine ganz andere Perspektive einnehmen.


Was Vorteile hat, hat meist auch Nachteile. Nervt Dich das permanente Posten manchmal nicht auch?


Die größten Herausforderungen liegen für mich klar in der Frequenz und Qualität der Inhalte. Auch wenn ich meistens aktuelle und spannende Themen habe, gibt es natürlich auch Phasen, in denen weniger passiert. Manchmal habe ich zwar ein Thema, über das ich gerne schreiben möchte, aber es passt nicht zum aktuellen Kontext, zur Weltlage oder meiner persönlichen Reise.

 

In solchen Momenten ist es nicht einfach, der eigenen Linie treu zu bleiben, statt einfach irgendetwas zu posten. Trotzdem teste ich immer wieder bewusst neue Themen oder Formate für mich, was durchaus auch stressig sein kann, gerade wenn der eigene Anspruch hoch bleibt.

| Foto: Oliver Müller

 

Viele beschreiben den „Cringe Mountain“ als das, was sie von mehr Sichtbarkeit abhält. Kennst Du dieses Schamgefühl – und wenn ja, wie gehst Du damit um?


Oh ja! Das gehört zum Leben dazu, auch zu Social Media. Ich habe nach wie vor Zweifel oder bin mir in bestimmten Situationen unsicher, zum Beispiel bei einem Selfie oder der Frage: „Ist das jetzt irgendwie zu komisch?“ Was ich aber über die Zeit gelernt habe: Es geht einfach weiter.

 

Mir ist es wichtig, meine Arbeit und meine Kommunikation immer im Gesamtbild zu sehen. „Cringe“ gehört manchmal dazu, aber oft entsteht dieses Gefühl nur im eigenen Kopf. In vielen Fällen lässt sich „Cringe“ auch mit nicht authentischen Inhalten gleichsetzen. Man darf auch mal peinlich sein oder sich selbst nicht allzu ernst nehmen, das macht uns menschlich.


Wie viel Persönliches muss ich als Corporate Influencer:in teilen, um eine Community aufzubauen?


Es ist nach wie vor eher ungewöhnlich, persönlichere Themen zu platzieren. Gerade deshalb erzielen Inhalte rund um Familie, Work-Life-Balance oder private Reisen häufig eine gute Reichweite. Das kann eine wirksame Strategie sein, aber sie muss zur Person und Situation passen.

 

Ich selbst teile besonders gern Einblicke aus meinem beruflichen Alltag und meine Leidenschaft für Innovation, Technologie und Networking. Genau daraus hat sich meine Community entwickelt. Letztlich hängt es von jede:m selbst ab, wie wohl man sich mit bestimmten Themen fühlt und wie stark man persönliche Aspekte einbauen möchte. Grundsätzlich schadet es aber nicht, hin und wieder auch mal etwas Menschliches oder Verletzliches zu zeigen: Niemand ist perfekt und gerade in solchen Momenten zeigt sich, wie unterstützend eine Community sein kann.


Was rätst Du Menschen, die gerne sichtbarer werden wollen? Wie fange ich an, beispielsweise auf Linkedin zu posten?


Man sollte sich zu Beginn die Frage stellen: Warum möchte ich sichtbar(er) sein? Wenn man eine ehrliche Antwort darauf gefunden hat, ist der erste Schritt ganz einfach: Profil erstellen oder aktualisieren, einen ersten Post verfassen – zum Beispiel darüber, warum man jetzt aktiv werden möchte – und auf „Posten“ klicken. Strategien, Frameworks oder Content-Cluster kann man später noch entwickeln. Ich glaube, genau das hält viele zu Beginn davon ab, loszulegen.

 

Wer sich unsicher fühlt, kann sich auch von bereits aktiven Corporate Influencer:innen inspirieren lassen. Einfach mal einen Kommentar hinterlassen oder eine Nachricht mit einem konkreten Anliegen schreiben. Ich freue mich immer über solche Nachrichten – und wenn ich dazu beitragen kann, dass sich jemand sicherer fühlt und seinem Ziel näherkommt. Genau das macht eine gute Community aus. Wer sich mit einem eigenen Post noch unsicher fühlt, kann auch mit einer anderen Strategie starten: Kommentieren, kommentieren, kommentieren. Ich habe sechs Monate mit mir selbst gerungen und sicher über 100 Posts gebraucht, bis ich mit meinen Inhalten halbwegs zufrieden war.

 

| Foto: Oliver Müller

Wie oft und wie regelmäßig muss ich posten, um sichtbar zu werden?


Das hängt ganz vom eigenen Ziel ab. Generell wird die Social-Media-Landschaft heute viel stärker von Interessen und Meinungen geprägt und weniger von reinen Follower:innen-Zahlen. Gleichzeitig ist die Gefahr einer Übersättigung real, wenn man zu viel postet – vor allem, wenn die Inhalte für die eigene Community nicht relevant sind. Für mich persönlich hat sich eine gute Routine von ein bis zwei Posts pro Woche etabliert. Aus meiner Sicht reicht das für die meisten aktiven Profile aus.

 

Hinzu kommt: LinkedIn legt inzwischen auch großen Wert auf Kommentare. Sie haben mittlerweile selbst Reichweite, was eine tolle Chance für alle ist, die nicht regelmäßig posten möchten oder können. So lässt sich Sichtbarkeit auch ohne eigenen Content aufbauen, durch Beiträge in den Kommentaren anderer.

 

Wenn Du mich nach einem Rezept fragst: ein- bis zweimal pro Woche posten, jeweils 30 bis 90 Minuten nach dem Post aktiv interagieren durch Kommentare, Likes und Antworten, dann vier bis sechs Stunden später noch einmal eine Runde Engagement in den Algorithmus geben. Wer das mit regelmäßigem und aktivem Netzwerken kombiniert, also zum Beispiel 50 bis 100 neue Kontakte pro Woche, kann nachhaltig und konstant wachsen.

 

Wie kommst Du zu Deinem Content? Was inspiriert Dich? Und was können andere davon lernen?


Ich habe das Glück, in meinem Job täglich mit spannenden Themen, inspirierenden Menschen und Innovationen zu arbeiten. Ich bin ständig im Austausch mit Industrie-Expert:innen. Hinzu kommt, dass ich bei einem Weltmarktführer arbeiten darf, mit einer nahezu unbegrenzten Vielfalt an Lösungen und Produkten. Abgesehen davon haben mich schon immer Geschichten, Persönlichkeiten und Popkultur fasziniert und genau daraus ziehe ich oft meine Inspiration. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass ich in meinen Beiträgen gerne Songtitel als Überschrift verwende oder oft Blogposts geschrieben habe, in denen ich aktuelle Technologien mit Zukunftsvisionen aus Filmen und Serien wie Star Trek oder Zurück in die Zukunft vergleiche.

 

Wenn ich als Führungskraft meine Mitarbeitenden motivieren will, sichtbarer zu werden: Welche Stellschrauben helfen hier?


Am Anfang sollte wieder die Frage stehen: „Warum möchte ich das?“ Sie bietet den nötigen Rahmen und die Motivation. Wenn ich möchte, dass sich andere Menschen sicher fühlen und sich öffnen, sollte ich auch meine eigenen Absichten offen darlegen. Als Führungskraft muss man nicht selbst Influencer:in sein, um andere zu inspirieren, aber es schadet natürlich nicht.

 

Darüber hinaus gibt es einige klassische Stellschrauben, um Corporate Influencing im Unternehmen gezielt zu fördern, beispielsweise:

  • frei verfügbare Zeitkontingente während der Arbeitszeit zur Verfügung stellen, um Beiträge zu erstellen und sich zu vernetzen
  • Verknüpfung mit persönlicher Entwicklung oder sogar mit Bonuszielen – etwa über KPIs wie Reichweite oder Anzahl relevanter Kontakte, zum Beispiel Kund:innen
  • Budget oder personelle Unterstützung für Content-Planung, Redaktion und Visualisierung
  • Extra-Budgets für die Teilnahme an Konferenzen und Events
  • Anerkennung im beruflichen Kontext oder der Zugang zu internen Ressourcen und Bereichen


Trotz all dieser Maßnahmen sollte der Fokus immer auch auf der intrinsischen Motivation der Mitarbeitenden liegen. Denn man darf nie vergessen: Es gibt Menschen, die Marketing studiert haben, aber lieber im Hintergrund bleiben. Und es gibt Controller:innen, die tagtäglich mit Excel-Tabellen und BI-Systemen arbeiten, aber trotzdem leidenschaftlich gerne öffentliche Vorträge und Keynotes halten. Kurz gesagt: Auch bei vielen strukturellen Hebeln darf der Faktor Mensch nie vernachlässigt werden.

 


Zur Person

Sebastian Förster (36) ist Manager für Customer Experience Activation bei Henkel und verantwortet die Konzeption und Umsetzung immersiver Customer Journeys und Erlebnisse im Inspiration Center in Düsseldorf. 2025 zeichnete ihn The People Branding Company von Celine Flores Willers mit dem Corporate Influencer Award aus. STRIVE-Herausgeberin Katharina Wolff war Teil der Jury.

 

 

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