5 Tipps für souveräne Kommunikation
STRIVE+ | In der Konferenz, per E-Mail oder in der Kaffeepause: Souveräne Kommunikation, die uns kompetent wirken lässt, kann man lernen. Wir haben fünf konkrete Tipps für Sie.

Erst einmal: raus aus der Mädchenfalle. „Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn du…“ – Frauen neigen dazu, zaghaft, weich und eher defensiv zu kommunizieren. Nicht etwa, weil sie es nicht anders können, sondern weil sie es so gelernt haben. Anne Dillmann (52) unterstützt als systemische Coach vor allem Frauen dabei, ihren eigenen Ausdruck zu finden. Dabei beobachtet sie, dass es Frauen schwererfällt als Männern, eigene Entscheidungen auch gegen Widerstand durchzusetzen. „Viele Frauen hörten in der Kindheit Sätze wie ‚So was macht ein Mädchen nicht!‘, ‚Sei lieb!‘ oder andere stereotype Aussagen, die ihr Geschlecht betreffen. Oft sind es die Dinge, die wir von unseren Eltern fünfmal zu oft gehört haben, die uns daran hindern, unsere wahre Persönlichkeit zu entfalten und in unseren eigenen Ausdruck zu kommen“, sagt Coach Anne Dillmann.
Auch Benedikt Held, Gründer der Kommunikationspsychologieplattform Redefabrik, beobachtet wiederkehrende Muster. „Viele Frauen begeben sich in eine Opferrolle. Ihr Glaubenssatz: ‚Als Frau wird man sowieso nicht ernst genommen‘“, sagt Held. Diese Auffassungen seien oft so tief verankert, dass sogar die Realität sie nicht aushebeln könne. „Es kommt zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung: Die Frauen treten ruhiger und zurückhaltender auf, sodass andere ihre Kompetenz häufig gar nicht sehen können“, erzählt Held. Dabei haben Frauen kommunikativ ein Ass im Ärmel: Empathie. „Wenn sie eher männlich konnotierte Stärken wie Souveränität, Selbstsicherheit und Durchsetzungsvermögen ausleben und sich dabei ihre weiblich konnotierten Stärken wie Empathie, Emotionalität und Fürsorge bewahren, sind sie unschlagbar“, sagt der Kommunikationscoach.

Weibliche Kommunikation kann also zum Erfolgsfaktor werden – wenn Denkmuster aus der Kindheit aufgebrochen werden und man den eigenen Ausdruck gefunden hat. Es lohnt sich, hier mit Coaches zusammenzuarbeiten, um sich selbst den Weg aus der Mädchenfalle frei zu machen, denn wer kommuniziert, sendet unentwegt Signale. Und es wäre doch schade, wenn es die falschen wären. Diese fünf konkreten Tipps sind ein guter Anfang für Kommunikation auf Augenhöhe:
1. Klar in der Sprache
Im Job geht es häufig darum, ein Ziel zu erreichen oder sich gegen Widerstände durchzusetzen. Idealerweise wollen wir dabei als kompetent, seniorig und auf Augenhöhe wahrgenommen werden. Wer dazu neigt, in autoritäre Kommunikationsmuster („Du tust, was ich sage“, „Bitte noch mal neu und diesmal besser“) zu verfallen, sollte sich klarmachen, dass man mit harten Ansagen riskiert, sein Gegenüber zu verlieren. Eine gesunde Autorität hingegen entsteht aus einem natürlichen Respekt heraus. Wir strahlen ihn aus, indem wir deutlich und wertschätzend kommunizieren („Ich sehe an dem Ergebnis deiner Arbeit, dass du dir Zeit genommen hast. Jetzt müssen wir schauen, wie du es noch verbessern kannst“). Freundlich und klar zu sagen, was man erwartet, wirkt wie Magie. Erinnern Sie sich täglich an Ihr neues Kommunikationsmotto: Sei klar in der Sache und empathisch mit dem Menschen.

2. Verzichten Sie auf Weichmacher
Die amerikanische Sprachwissenschaftlerin Robin Lakoff (79) rät Frauen, die mehr Einfluss haben wollen, weniger zaghaft zu kommunizieren. Ihr Konzept „Power Talking“ sieht vor, sogenannte Weichmacher in der Sprache zu vermeiden. Damit meint die Linguistikprofessorin Sätze wie „Ich würde mich sehr darüber freuen“ oder angehängte Bestätigungsfragen am Ende eines Satzes, beispielsweise „Weißt du, was ich meine?“. Ganz verzichten sollte man laut Lakoff auch auf abschwächende Füllwörter wie „eventuell“ oder „vielleicht“ („Ich würde mich freuen, wenn du das eventuell bis Dienstag fertigmachen könntest“). Stellen Sie stattdessen klare Fragen („Kannst du das bitte bis Dienstag fertigmachen?“). In der gesprochenen Sprache wie in E-Mails gilt: negativ belegte Wörter wie „Vergiss nicht“, „Ich muss“, „Kein Problem“ oder „Ja, aber“ vermeiden. Stattdessen bieten sich Formulierungen an wie „Denk bitte daran“, „Ich werde“, „Gern“ und „Ja, und“.
3. Körpersprache
Authentizität ist in puncto Kommunikation alles. Deshalb sollten Mimik und Körpersprache mit dem Gesagten übereinstimmen, damit wir glaubwürdig sind. Wenn wir freundlich lächeln, während wir in einem Feedbackgespräch Kritik üben, wird das Gesagte vom Gegenüber womöglich kaum registriert. Hängen bleibt nur das Lächeln. Wer kompetent wirken möchte, wählt eine leicht angespannte Sitzhaltung. Also nicht lässig im Stuhl fläzen, sondern aufrecht und mit geradem Rücken sitzen. Untersuchungen haben ergeben, dass bei Männern eine leicht entspannte Sitzhaltung und bei Frauen eine leicht angespannte Sitzhaltung kompetenter wirkt.
4. Die Stimme benutzen
Es gibt eine Stimmlage, mit der Menschen als besonders kompetent wahrgenommen werden: die Indifferenzlage. Wir sprechen automatisch in dieser Lage, wenn wir zu etwas Appetitlichem „mmh“ sagen. Sätzen verleihen wir Aussagekraft, indem wir die Stimme senken. Gehen wir hingehen am Satzende mit der Stimme nach oben, klingt das eher wie eine Frage, und die Aussage geht verloren. Achten Sie zudem darauf, dass Ihre Stimme nicht künstlich hoch oder tief ist.
5. Von den Besten lernen
In Sachen Kommunikation bietet es sich an, sich etwas bei Role-Models abzuschauen. Eines davon könnte Mai Thi Nguyen-Kim (35) sein. Mit 1,46 Millionen Abonnenten gehört ihr Youtube-Channel „mailab“ zu den meistgesehenen in deutscher Sprache. Als Chemikerin ist sie im eher nüchternen MINT-Bereich aktiv. Und nicht umsonst räumt sie gerade Recherchepreise ab: Sie ist immer aktuell und bestens informiert. Doch Mai Thi Nguyen-Kim kann noch etwas anderes: die Leute emotional ins Boot holen. Zu Beginn ihrer Filme lädt sie ihre Zuschauer:innen erst einmal auf einen Tee ein. Das erzeugt eine verbindende Nähe zwischen Rednerin und Zuschauer:innen.
Verzichten Sie auf Weichmacher in der Sprache. Hängen Sie ab jetzt nie wieder ein „Weißt du, was ich meine?“ an das Ende eines Satzes.
Wenn der Gegenwind stärker weht, setzt die Wissenschaftsjournalistin auf Fachkompetenz – und im äußersten Notfall auch auf Härte. In der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ vom 22. März 2021 wies Mai Thi Nguyen-Kim den Virologen Hendrik Streeck (45) beharrlich auf ein kommunikatives Versäumnis in Bezug auf die „HeinsbergStudie“ hin. Streecks Strategie in der Debatte war es, zu unterbrechen und Nguyen-Kim als uninformiert, unerfahren und schwer von Begriff darzustellen. Streeck nutzte Formulierungen wie „Habe ich Ihnen ja auch erklärt“, „Sie können sich das wahrscheinlich gar nicht vorstellen“ oder „Sie haben nicht richtig zugehört“. Wie reagierte Mai Thi Nguyen-Kim auf diese Abwertungen? Sie ignorierte Streeck und konterte mit Fakten. Anstatt beleidigt zu sein, machte sie konsequent ihren Punkt klar – und griff zur Not zu einem Mittel, das sonst eher Männer für sich beanspruchen: Sie unterbrach ihren Gesprächspartner.
Mit harten Hunden fertig werden muss auch die Figur Birgitte Nyborg in der dänischen Politserie „Borgen“, die von der ersten Regierungschefin und Außenministerin handelt und auf Netflix zu sehen ist. Wenn Nyborg etwas Unangenehmes hört, verzieht sie für zwei bis drei Sekunden keine Miene – und demonstriert so die Macht der Stille. Was wir von ihr lernen können? Man muss nicht sofort etwas erwidern. Ein kurzes Schweigen löst beim Gegenüber Respekt und Spannung aus. Nyborgs Sternstunden sind im Verlauf der Serie immer dann, wenn sie im Zentrum der Macht noch immer Zugang zu ihrer emotionalen Seite hat. Momente, in denen sie mit geschlossenen Augen dasitzt und durchatmet. Sie lassen sie glaubwürdig, authentisch und stark wirken.
4 schnelle Tipps
1. Keine Weichmacher
„Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn…“ – kein Wunder, dass eine derart weichgespülte Forderung nicht als solche wahrgenommen wird. Besser: „Bitte schicken Sie mir das Briefing bis morgen Abend zu.“
2. Keine Füllwörter
„Eventuell“ und „vielleicht“: Schütteln Sie alle abschwächenden Wörter aus Ihren Aussagen heraus.
3. Keine Bestätigungsfragen
Ein „Weißt du, was ich meine?“ am Ende eines Satzes wirkt unsicher. Stattdessen…
4. Stille aushalten
Ein kurzes Schweigen am Ende eines Satzes löst beim Gegenüber Respekt und Spannung aus.