Christine Gajewski

vor 14 Tagen

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Wir brauchen mehr Frauen-Power in der Tech-Branche

In Deutschland leben etwa 42 Millionen Frauen – rund eine Million mehr als Männer. Dennoch sind sie hierzulande branchenübergreifend nicht gleichberechtigt in Führungsrollen vertreten. Und das, obwohl es in Deutschland seit fast fünf Jahren eine Frauenquote für Aufsichtsräte sowie verschiedene Richtlinien gibt, die die Förderung weiblicher Führungskräfte bezwecken sollen. Besonders unausgewogen ist die Lage in der eigentlich sonst sehr fortschrittlichen Tech-Branche: Hier sucht man nicht nur weibliche Führungskräfte (fast) vergeblich, sondern Frauen im Allgemeinen. 

Führende Tech-Unternehmen wie beispielsweise Zalando, Delivery Hero oder Rocket Internet haben keine einzige Frau in der Chefetage. Natürlich gibt es Frauen wie zum Beispiel Julia Freudenberg, Geschäftsführerin der Hacker School, oder Susanne Diehm, COO und Head of Cloud bei SAP, die eine Vorbildrolle einnehmen und zeigen, wie sich Frauen erfolgreich in der IT etablieren können. Trotzdem braucht es mehr Chancengleichheit und Diversität in deutschen Teams – denn im Gegensatz zu den USA, wo große Konzerne wie Facebook, Apple und Google demonstrieren, wie es richtig funktioniert und mit gutem Beispiel vorangehen, sind Frauen in Deutschland noch weit davon entfernt, ein Teil der Zukunftspläne großer digitaler Unternehmen zu sein. Mit dem neu verabschiedeten Gesetz für mehr Frauen in Führungspositionen holt die große Koalition kurz vor der Bundestagswahl das Thema aber erneut auf die Agenda vieler großer Konzerne – zum Glück! 

Wir brauchen mehr Frauen-Power in der Tech-Branche

Massiver Frauenmangel im Tech-Umfeld

 

Nicht nur in Deutschland herrscht in der IT- und Digitalwirtschaft ein erheblicher Mangel an weiblichen Fachkräften. Auch im internationalen Vergleich sind Frauen weiterhin unterrepräsentiert. Mit gerade einmal 16 Prozent ist der Frauenanteil in der Tech-Industrie sehr gering. Das geht aus der Studie “Frauen in der Internetwirtschaft” hervor, die der Verband der Internetwirtschaft eco gemeinsam mit dem Institut für Innovation und Technik im Jahr 2020 durchgeführt hat. Australien belegt mit 28 Prozent den Spitzenplatz, dicht gefolgt von den USA mit 26 Prozent und Kanada mit 25 Prozent. Einen geringeren oder ähnlichen Anteil an Frauen in der IT-Branche wie Deutschland weisen dagegen Großbritannien, Belgien, Italien, Spanien und die Schweiz auf. Insgesamt zeigen die Zahlen allerdings deutlich, dass es sich hierbei um ein weltweites Problem handelt, dem dringend Einhalt geboten werden muss. Doch wie?

 

Mehr Sichtbarkeit für Frauen in der Führungsriege: Ausbau und Stärkung von Frauennetzwerken und -initiativen

 

Technische Berufe werden heutzutage immer noch hauptsächlich von Männern ausgeübt, Management-Positionen sowieso. Damit sich das schnellstmöglich ändert und Frauen in der Tech-Industrie Fuß fassen können, braucht es mehr Mut und Selbstvertrauen. Frauen müssen sich zeigen und auch gezeigt werden. Denn nur so können sie wiederum andere Frauen inspirieren, für das IT-Umfeld begeistern und die so dringend benötigten neuen Perspektiven in die Tech-Industrie bringen.

 

Ein erster Schritt in die richtige Richtung wird durch bereits existierende Frauennetzwerke und -initiativen gemacht, die sich für mehr Diversität in Führungspositionen einsetzen und auf mehr Chancengleichheit hinwirken. Frauen können sich vernetzen, austauschen, sich gegenseitig stärken und gemeinsam konkrete Schritte für mehr “Female Leadership in Tech” erarbeiten. 

 

Und das Beste: Sie können dadurch etwas verändern! Aktuell muss in dieses Thema noch viel Arbeit gesteckt werden, der Trend ist aber positiv: Es entstehen immer mehr Netzwerke und Initiativen, die sich den Themen Female Empowerment sowie Female Leadership widmen und ihnen dadurch mehr Sichtbarkeit verleihen.

 

Alte Paradigmen ablegen: Einführung neuer Arbeitszeitmodelle für Führungspositionen

 

Um die Visibilität auf eine noch breitere Ebene voranzutreiben, sind insbesondere auch Unternehmen gefragt – denn hier geht die Förderung von Frauen noch immer recht schleppend voran. Viel zu oft wird an alten Sichtweisen festgehalten – dabei gilt es, alte Denkmuster aufzubrechen und neu zu denken! Unternehmen richten ihren Blick leider auch heute noch viel zu wenig in die Zukunft und verpassen dadurch den immensen Mehrwert, den diverse Teams mit sich bringen.

 

Vielfalt geht mit vielen Vorteilen einher: In diversen Teams lassen sich verschiedene Persönlichkeiten und Sichtweisen sowie vorhandene Potenziale miteinander vereinen. Das

Ergebnis: mehr Ideenreichtum und Kreativität, bessere. Arbeitsprozesse sowie nachhaltigere Kommunikationsstrukturen. Frauen und Männer sollten hierbei aber keinesfalls im Wettbewerb stehen. Im Gegenteil: Ziel sollte es sein, das Potenzial an Erfahrungen und Stärken beider Geschlechter vollends auszuschöpfen. Das Resultat: Geballte Innovationskraft – und darauf kommt es in der Tech-Branche an. 

 

Ganz nebenbei sind Unternehmen mit einem diversen Führungsteam übrigens auch finanziell erfolgreicher – das hat die Beratungsagentur McKinsey in ihrem Diversity-Report ermittelt. Um das Thema Diversity und Female Empowerment in Management-Teams voranzutreiben, sollten sich Unternehmen zunächst einmal über tief verwurzelte, alte Denkmuster bewusst werden, um diese im Anschluss auch entsprechend reflektieren zu können, wenn es um die Besetzung von Führungspositionen geht. 

 

Darüber hinaus sollte zukünftig auch verstärkt darüber nachgedacht werden, ob Führungsrollen lediglich in Vollzeit ausgeführt werden können, Job-Sharing nicht auch ein Modell für die Führungsebene wäre oder wie Beruf und Privatleben bestmöglich miteinander vereinbart werden können. All diese Aspekte sind nicht nur für Frauen entscheidend, sondern auch für Männer relevant. Eine gute Verbindung von Karriere und eigener Lebensplanung gewinnt immer mehr an Relevanz und zählt neben Diversität zu den Schlüsselfaktoren, wenn es um den zukünftigen Erfolg von Unternehmen geht.

 

Über die Autorin:

Christine Gajewski ist Trainerin des Programms „Female Leadership in Tech“ bei der AW Academy Germany GmbH, einem international tätigen Dienstleister für Professional Training und Erwachsenenbildung. Als studierte Diplom-Psychologin war sie jahrelang für internationale Unternehmen im Bereich Personal- und Führungskräfteentwicklung tätig. Mittlerweile arbeitet Christine Gajewski freiberuflich als Beraterin, Trainerin und Business Coach. Zusätzlich unterrichtet sie seit einigen Jahren als Dozentin für Wirtschaftspsychologie an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management.

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