Wir denken oft, wir sind mit unseren Herausforderungen beim Erwachsen werden allein. Letztendlich geht es aber allen gleich, wir reden nur nicht darüber. Unsere Gastautorinnen Anna und Lina waren an unterschiedlichen Punkten in ihren Leben mit Überforderung konfrontiert. Die beiden haben sich im Studium kennengelernt und im Auslandssemester zusammengewohnt. Nach vielen tiefen Gesprächen kam die Realisierung – so allein sind wir mit unseren Gedanken gar nicht. Was junge Menschen heute überfordert und wie sie damit umgehen erfahrt ihr in ihrem Erfahrungsbericht.
Anna und Lina
vor 11 Tagen
Erwachsen werden ist gar nicht so leicht
Linas Vorgeschichte
Mit dem Abitur in der Tasche startete ich in mein Auslandsjahr. Dafür war alles geplant: Das Visum, der Flieger, die Koffer gepackt – die große weite Welt kann kommen, ich werde erwachsen. Ich bin mit jedem Tag gewachsen, habe mich neuen Herausforderungen und Ängsten gestellt. Sollte das nicht genug sein zum Erwachsen werden? Leider nein.
Die Frage meiner Eltern, was ich danach machen wolle, war unvermeidbar. Aber was wollte ich denn eigentlich? Meine Entscheidung jetzt entscheidet meine Zukunft. Oder nicht? Was, wenn ich mich falsch entscheide?
Mit meinem Studium sollte die Grundlage für das erwachsene Leben gelegt sein. Jetzt geht’s wirklich los! Aber wie? Ausziehen, zu Hause wohnen bleiben? Einen Master, keinen Master? Mit 23 Jahren wurde es erst ein neuer Job und dann ein berufsbegleitendes Masterstudium, dann kam der Auszug und eine Quarter-Life-Crisis: Will ich wirklich Erwachsen werden? Ich weiß es nicht mehr.
Ich bin mit jedem Tag gewachsen, habe mich neuen Herausforderungen und Ängsten gestellt. Sollte das nicht genug sein zum Erwachsen werden? Leider nein.
Annas Vorgeschichte
Nach der Schule war ich bereit das Studium zu starten. Es wurde Medienmanagement mit der Spezialisierung Sport- & Eventmanagement. Ich wollte damals schon mit meiner Arbeit Menschen ein Leuchten in die Augen zaubern. In 3,5 Jahren Uni durfte ich viele Erfahrungen sammeln, verbrachte mein Auslandssemester in Bangkok, hatte eine Stelle als Werkstudentin und machte meinen Bachelor.
Danach startete ich in meinen ersten Job, der sich als schrecklich herausstellte und trat 8 Monate später meinen Traumjob an. Ich dachte jetzt kann es los gehen, die Welt wartet auf mich und meine Ideen. Und so war es auch ein bisschen aber nach 1,5 Jahren kam ich dann an einen Punkt, an den ich mich fragte „Soll es das jetzt sein?“. Ich fühlte mich überfordert eine Entscheidung zu treffen - weitermachen oder stehenbleiben? Sind das die Entscheidungen, die wir als Erwachsene treffen müssen?
Wenn wir uns heute unterhalten, wissen wir immer noch was uns vor einigen Jahren überfordert hat und sind uns bewusst, dass es wahrscheinlich auch nicht das letzte Mal in unserem Leben gewesen sein wird. Wenn wir zurückblicken, sehen wir das Meer an Möglichkeiten, aus dem wir erstmal die richtigen Optionen fischen mussten. Da eröffnet sich die größte Herausforderung. Welche Optionen gibt es überhaupt? Geprägt durch unser Umfeld haben wir uns für einen ersten Weg entschieden. Damals war uns noch nicht klar, dass keine Entscheidung für immer ist und das stand im Gegensatz zu dem, was wir dachten.
Ich fühlte mich überfordert eine Entscheidung zu treffen - weitermachen oder stehenbleiben? Sind das die Entscheidungen, die wir als Erwachsene treffen müssen?
Unsere gemeinsame Lösung
Zukünftig wollten wir unsere Überforderung in positive Energie umwandeln.
Den Mut zu fassen, mit der damaligen Lebenssituation unzufrieden sein zu dürfen, war für uns beide auf die unterschiedlichste Art eine Überwindung. Vor allem der Druck von außen spielte dabei eine Rolle, denn wir mussten jetzt Karriere machen. Da war kein Raum für Second Thoughts oder die Überforderung des Erwachsenseins. Als wir begannen darüber zu sprechen, stellten wir fest, unserem Umfeld geht es auch so.
Wir haben in den letzten Jahren herausgefunden, dass die Lösung zu weniger Überforderung nicht die Antworten auf die Fragen sind, die uns das Leben entgegenwirft, sondern mehr die Akzeptanz, dass es völlig in Ordnung ist, für diesen Moment keine haben zu müssen.
Klar war uns, die Fragen dürften nicht für immer unbeantwortet bleiben. So fanden wir Mechanismen, um den Weg zu den Antworten zu ebnen. Wenn wir über unsere Wege sprechen, sehen diese unterschiedlich aus.
Den Mut zu fassen, mit der damaligen Lebenssituation unzufrieden sein zu dürfen, war für uns beide auf die unterschiedlichste Art eine Überwindung.
Linas Weg bestand aus drei Monaten Zeit allein, um Energie zu tanken, sich der Familie zu widmen und vor allem mit sich selbst sowie den tiefsten Wünschen und Vorstellungen für das eigene Leben. Anna nahm an dem Growth Bootcamp von amelia teil. In sechs Wochen durchlief sie Themen wie Passion & Purpose, Personal Branding und Mindset. Dieses Programm führte sie zurück zu sich, zu dem, worum es im Leben geht.
Wir wissen jetzt, Entwicklung und Erwachsen werden, hören niemals auf. Wir werden uns die gleichen Fragen immer wieder stellen und mit jedem neuen Lebensabschnitt neue Antworten finden. Und das ist auch gut so.
Viten:
Lina Reumann (27 Jahre) war dreieinhalb
Jahre Projektmanagerin bei der Eventagentur CE+Co GmbH und ist seit November 2022 Managerin im Bereich Management Operations bei der SPORTFIVE Germany GmbH in Hamburg.
Anna Janina Meyer ist Projektmanagerin bei Funke, Moderatorin & Podcasterin bei WORKolution & emPowered by WOMEN. Darüber hinaus ist sie Gesellschafterin bei dem Start-up amelia und kümmert sich dort um die Bereiche Marketing und Partnerships.