Julia Bösch

31. Januar 2022

4 Min. Lesedauer

Die Woche ist geplant, dann kommt das Chaos – oder auch nicht?

Kolumne | Julia Bösch zählt zu Deutschlands erfolgreichsten und bekanntesten Gründer:innen. Die 37-Jährige ist CEO und Mitgründerin von Outfittery, einem der innovativsten E-Commerce-Unternehmen in Europa. Uns erzählt sie von unvorhersehbaren Aufgaben und der Herausforderung, diese kurzfristig in die Arbeitswoche zu integrieren ohne tägliche Aufgaben dabei zu vernachlässigen.

Die Woche ist geplant, dann kommt das Chaos – oder auch nicht?
Die Woche ist geplant, dann kommt das Chaos – oder auch nicht?

Wir haben ihn alle schon mal erlebt: Diesen Moment, in dem eine eigentlich richtig gut durch geplante Woche plötzlich komplett auf den Kopf gestellt wird. In meinem Fall wurde dieser von einer Email ausgelöst: „Liebe Frau Bösch, am Donnerstag verleihen wir den diesjährigen Deutschen KI-Preis. Wir haben Sie ausgewählt die Laudatio für Jonas Andrulis zu halten.“ Ähem. Wow! Klar! Natürlich! Was für eine Ehre! Und dann kickt er langsam rein… der Reality-Check. Heute ist Montag, der Award findet in drei Tagen statt, ich habe in meinem Leben noch keine Laudatio gehalten – und die ToDo-Liste läuft ohnehin schon über! Wer mich kennt weiß, dass ich sehr gerne neue Sachen ausprobiere. Wenn sich der innere Widerstand bemerkbar macht, wenn Aufgaben zu Herausforderungen werden, wird es für mich erst so richtig spannend. In meiner Short-Intro, die ich neuen Mitarbeiter:innen schicke, damit sie beim Outfittery-Start ein bisschen mehr über mich erfahren, stehen auf einer Seite meine 5 wichtigsten Werte: Freiheit, Leidenschaft, Optimismus, Mut, Neugierde. Auch deshalb, aus der reinen Vorbildfunktion heraus, war eine Absage keine Option.

Ciao Komfortzone! Hallo Herausforderung!

Ich startete also meine kleine Reise raus aus der Komfortzone, rein ins Abenteuer. Erstmal machte ich mir das typische Trello-Board mit allem, was ich vorbereiten musste und wollte. Visuelles Arbeiten mit To-Dos hilft mir auch in Extremsituationen den nötigen Überblick zu behalten. Das Wichtigste? Die Recherche! Ich googelte den Preisträger und sein Start-up, schaute mir stundenlang Videos von, vom Internet für gut befundenen, Laudatios an und überlegte, welche persönlichen Erfahrungen ich in meine Rede einfließen lassen könnte. Die Themen KI (künstliche Intelligenz) und Algorithmen sind für Outfittery unter anderem für die persönliche Auswahl der Stylist:innen essentiell – in unserem Tech & Data- Team arbeiten mehr als 50 Leute. Ich versuchte die Award-Recherche also auch dafür zu nutzen mich noch tiefer einzuarbeiten und neue Impulse zu erlangen. Das alles dauerte natürlich.

Freitag ist Freiheit!

Ich brauchte Zeit, die ich in dieser Arbeitswoche eigentlich nicht hatte – schließlich durfte mein Daily Business natürlich weder liegen bleiben noch vernachlässigt werden. Es blieb also nicht aus, die eine oder andere Stunde abends dranzuhängen. Eine Tatsache spielte mir außerdem in die Karten: Seit einiger Zeit praktiziere ich das Konzept des „Inspiration Friday“. Statt von Meeting zu Meeting zu springen, steht der Freitag ganz im Zeichen der Inspiration und des „Deep Thinkings“. Ich nehme mir Zeit tief in Themen einzutauchen und neue Ideen und Strategien für Outfittery zu entwickeln. Das sorgt für Kreativität, Flexibilität und in meinem Fall für ein wenig Ruhe, da ich einen Teil der Aufgaben dieser Woche auf den Freitag verschieben konnte.

„I am Superwoman!

Die dadurch gewonnene Zeit rettete mich. Die Tage vergingen wie ein Wimpernschlag – plötzlich war der Donnerstag da. Je näher die Preisverleihung rückte, desto aufgeregter wurde ich. Warum hatte ich mich bloß darauf eingelassen? Zum Glück erinnerte ich mich an den Tipp einer Coachin, die ich mal für ein Seminar zu Outfittery eingeladen hatte: Kurz vor meinem Auftritt ging ich ins Badezimmer und nahm die Superwoman-Haltung ein: machte mich groß, spannte den Körper an, atmete tief durch. Eine beliebte Methode zur Steigerung des Selbstbewusstseins. Sie funktionierte! Während der Laudatio fühlte ich mich souverän und ruhig – danach total zufrieden und voller Adrenalin. Ich war froh, mir genügend Zeit für die Vorbereitung genommen zu haben, glücklich über die Hilfsbereitschaft in meinem Team und stolz auf meinen Mut, die Herausforderungen angenommen und die ein oder andere Aufgabe zur Seite geschoben zu haben.

Nicht auszudenken, wie mein Stresslevel in die Höhe geschnallt wäre, wenn ich mich auch noch um mein Laudatio-Outfit hätte kümmern müssen. Aber dafür habe ich ja zum Glück ein eigenes Unternehmen gegründet.

Über die Autorin:

Julia Bösch ist CEO und Mitgründerin von OUTFITTERY, Europas führendem Personal Shopping Service für Frauen und Männer. Ihre berufliche Karriere startete sie 2009 bei Zalando. Begeistert vom E-Commerce und seinen technologischen Möglichkeiten, gründete sie 2012 gemeinsam mit Anna Alex OUTFITTERY. Die 37-jährige zählt zu Deutschlands erfolgreichsten und bekanntesten Gründer:innen und hat eines der innovativsten E-Commerce-Unternehmen in Europa aufgebaut.

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