Alex Bohn
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Wie baut man eine Personal Brand auf, Céline Flores Willers?

Zuerst war Céline Flores Willers (29) Schönheitskönigin, dann wurde sie als Tech-Influencerin auf LinkedIn bekannt. Heute kommt auf dem Business-Network niemand mehr an ihr vorbei, ihr folgen über 114.000 Menschen und sie ist bis zu den wichtigsten DAX-CEOs mit allem vernetzt, was Rang und Namen hat. Längst ist sie selbst zur Marke geworden, hat das Thema Personal Branding zum Geschäftsmodell gemacht und ein eigenes Unternehmen gegründet. Wie hat sie die anspruchsvollste aller Plattformen geknackt? 

Wie baut man eine Personal Brand auf, Céline Flores Willers?
Wie baut man eine Personal Brand auf, Céline Flores Willers?

 

Frau Willers, Sie haben 2018 Ihr erstes Video auf LinkedIn veröffentlicht – und schon kurz darauf haben Sie den Account von Hubert Barth betreut, dem ehemaligen CEO der Unternehmensberatung Ernst & Young. Wie kam es dazu?

Ich habe als Werkstudentin bei Ernst & Young gearbeitet und dort Innovationsworkshops konzipiert und moderiert. Auf einem Gründer:innen-Wochenende habe ich Strategien kennengelernt, wie man aus Ideen schnell einen Business-Prototyp macht. Das wollte ich teilen und fing an, darüber Videos für LinkedIn zu produzieren. Das erste hatte gleich über 10.000 Ansichten, obwohl ich damals nur 300 Follower hatte. Danach habe ich alles auf die Plattform gesetzt. Dass ich als Studentin ohne größere Mittel professionelle Videos produziert und viel Reichweite bekommen habe, hat Barth wohl überzeugt.

Danach ging es rasend schnell: Im September hatten Sie 5.000 Follower, im November waren Sie zum ersten Mal LinkedIn Top Voice, im Januar 2019 arbeiteten Sie schon hauptberuflich als Influencerin, als eigene Marke. Was waren die wichtigsten Schritte beim Aufbau Ihrer Personal Brand?

Die Fokussierung auf eine Sache. Ich bin am Anfang meiner Selbstständigkeit mit einem ganzen Bauchladen rumgezogen und habe alles Mögliche angeboten: Innovationsprojekte, Moderationen, Personal-Branding-Keynotes. Ich habe dann gemerkt, dass ich nur Zeit gegen Geld tausche – und dass ich mich auf eine Sache konzentrieren sollte. Das war LinkedIn. Der Schlüssel zu meiner Personal Brand war diese klare Positionierung.

Das gelingt schon deshalb nicht allen, weil viele nicht wissen, was das Richtige für sie ist. Wie findet man das heraus?

Stimmt, das wissen die wenigsten. Selbst CEOs von großen Konzernen kommen ins Schleudern, wenn man von ihnen wissen will, wo denn ihre Stärken und Schwächen liegen.

 

„Auf Konferenzen spricht man doch auch miteinander, ohne dass man sich kennt.“

Womit wir bei dem angekommen sind, womit Sie heute Ihr Geld verdienen: Ihrer People Branding Company. Sie bringen anderen bei, wie man auf LinkedIn Erfolg hat. Was raten Sie in Ihren Workshops einem CEO, der nicht weiß, wofür er steht?

Familie, Freund:innen, Kolleg:innen nach Anekdoten zu fragen: Wann ist man in seinem Element? Was ist prägnant? Darüber kann man gut herausfinden, was einen ausmacht. Alternativ kann man auch die wichtigsten Stationen des Berufslebens durchgehen und rekapitulieren, wo man besonders gewachsen ist.

Wie nutzt man diese Erkenntnis dann am besten, um auf LinkedIn durchzustarten?

Dafür muss man sich persönliche Ziele setzen und Maßnahmen erarbeiten. Wenn Sie als Keynote-Speaker eingeladen werden wollen, positionieren Sie sich meinungsbetont und als Expert:in. Wollen Sie Ihren Umsatz steigern, weil Sie aus dem Vertrieb kommen, positionieren Sie sich serviceorientiert.

 

Was braucht es noch, konkret?

Zu einem guten Auftritt auf LinkedIn gehört auch das Profil. Vertriebler:innen zeigen hier zum Beispiel ihre Produkte, Thought-Leader eher sich selbst bei einem Vortrag vor Publikum. Dann geht es darum, sich zu vernetzen. Nicht nur mit Personen, die man schon kennt. Sondern strategisch, mit neuen Menschen, die einem helfen, seine Ziele zu erreichen.

Schickt man da einfach eine Anfrage?

Warum denn nicht? Auf Konferenzen spricht man doch auch miteinander, ohne dass man sich kennt. Es ist aber sinnvoll, bei der Zielperson vorher in Erscheinung getreten zu sein, am besten subtil. Etwa indem man deren Postings liked und kommentiert.

Viele kostet so ein Schritt große Überwindung. Was genau schreibt man in die Anfrage an eine unbekannte Person?

Kommt darauf an, mit wem ich mich connecten will. Ist es ein DAX-CEO? „Was sind in Ihren Augen die Leadership-Skills der Zukunft?“, sollte man dann nicht fragen, für so was hat man als Konzern-Chef:in keine Zeit. Bei Personen in gleicher Position kann man das Gespräch suchen und in einer Nachricht erläutern, warum man sich vernetzen will.

 

„Auf den sozialen Medien gibt es keine Fehler. Sie sind ein Labor, in dem man experimentieren kann.“

Wenn das alles sitzt – und trotzdem nimmt niemand von meinen Postings Notiz. Was dann?

Dann muss man etwas Neues ausprobieren. Wie bei einem Startup gilt auf LinkedIn: Testen, lernen, anpassen. Ich hatte mir anfangs drei Formate ausgedacht: Eins hat Interaktion meiner Community erfordert, eins war es, meine Learnings zu teilen, und das Dritte ein Interviewformat. Damals war meine Community zu klein, das interaktive Format ist total gefloppt.

Ein Fehler also?

Auf den sozialen Medien gibt es keine Fehler. Sie sind ein Labor, in dem man experimentieren kann. Man muss schnell Formate anpassen und Ideen, die nicht funktionieren, einstampfen. Das mit den Interviews war die beste Idee. Durch die Bekanntheit meiner Interviewpartner:innen stieg meine Glaubwürdigkeit, ich wurde selbst zur Expertin. Weil sich die Plattformen ständig verändern, gibt es dafür aber keinen richtigen oder falschen Weg. Man muss immer wieder ausprobieren.

Setzt man sich damit nicht ständig der Willkür der Algorithmen aus?

Ich würde nicht von Willkür sprechen. Es gibt Regeln, nach denen ein Netzwerk funktioniert. Auf LinkedIn zum Beispiel werden Beiträge eher nach Relevanz als nach Aktualität ausgespielt. Das bedeutet, dass ­LinkedIn mir teilweise Beiträge anzeigt, die schon mehrere Wochen alt sind. Für relevant hält der Algorithmus einen Post, wenn viele Leute auf ihn reagieren, Likes vergeben, kommentieren oder ihn teilen. Und das kann man steuern.

 

Wie? 

Indem man seine Follower zur Interaktion mit seinen Inhalten auffordert, Calls to Action schafft, Anknüpfungspunkte. Man kann sie fragen, was sie von einer Idee halten, sie bitten, dass sie die Antworten in die Kommentare schreiben. Das erhöht die Chance auf Kommentare, und das erzeugt dann Reichweite.

Das klingt vermutlich einfacher, als es ist.

An sich ist es einfach, aber es bedeutet auch viel Arbeit. Wichtig ist auch die Auswahl der richtigen Plattform. Ich würde keine Zeit mehr in ­Instagram stecken, die Reichweiten für Newcomer sind zu gering. Stattdessen lohnt es sich, auf Plattformen durchzustarten, auf denen man immer noch schnell Sichtbarkeit aufbauen kann. Das sind meistens neuere Netzwerke. Tik Tok etwa, und während des Clubhouse-Hypes konnte man auch dort innerhalb weniger Tage enorme Reichweite aufbauen. Mir ist es wichtig, zu den First Movern zu gehören.

Neu ist auch LinkedIn nicht, das Netzwerk gibt es bereits seit 2002. Macht es trotzdem Sinn, dort noch einzusteigen?

Auf jeden Fall. Denn: LinkedIn funktioniert anders. Hier geht es mehr um das persönliche Netzwerk. Inhalte sind zwar auch sehr wichtig. Aber im Gegensatz zu Tik Tok oder Instagram verlassen die Leute die Plattform nicht, sobald es woanders besseren Content gibt. LinkedIn kann man mit WhatsApp vergleichen. Alle Freund:innen nutzen den Messenger, deshalb löschen die meisten die App nicht. Auf LinkedIn ist es das professionelle Netzwerk, das die Leute hält.

Frau Willers, Sie sagen, dass sich heutzutage jede:r um seine Personal Brand kümmern sollte, vom Angestellten bis zur CEO. Warum eigentlich?

Personal Branding ist ein anderer Begriff für persönliches Image. Das hat jeder, egal ob on- oder offline. Willst du es anderen überlassen, was online über dich zu finden ist – oder das selbst steuern?

Aber warum ist das wichtig?

Weil Reichweite Einfluss bringt. Ohne LinkedIn bin ich niemand, über die Plattform bin ich sichtbar. Menschen mit Reichweite sind Meinungsführer:innen. Das kann man gut nutzen. An Weihnachten habe ich zum Beispiel an einem Spendenmarathon teilgenommen und gemeinsam mit vielen anderen Social-Media-Persönlichkeiten mehr als 100.000 Euro eingesammelt.

 

Man kann sich davon leicht unter Druck gesetzt fühlen. Eine Personal Brand zu entwickeln kostet viel Zeit und Mühe, man muss den eigenen Auftritt permanent pflegen und erfährt mitunter Anfeindungen. Vor allem Frauen schrecken davor zurück. Was entgegnen Sie, wenn dieses Thema in Ihren Workshops zur Sprache kommt?

Wichtig ist, dass man sich über die eigenen Ziele im Klaren ist. Wenn man schnell Reichweite aufbauen will, sollte man auch meinungsbetonte Posts veröffentlichen. Mit dem Risiko, dass man aneckt. Wer sich so inszeniert, muss selbstsicher genug sein, das auszuhalten. Sonst killt es einen.

Gilt das für alle Plattformen?

Ja. Ich glaube aber, dass insbesondere LinkedIn für introvertiertere Menschen interessant ist. Denn auf LinkedIn können sie sich positionieren, ohne sich gegen großkotzige, laute Kolleg:innen behaupten zu müssen. Grundsätzlich gilt: Geh dahin, wo deine Zielgruppe ist. Wir haben Kund:innen, die wollen nicht im Mittelpunkt stehen, wollen keine 100.000 Follower, sondern die dreihundert Richtigen ihrer Branche. Woher nehmen Sie selbst die Energie und den Ehrgeiz, das alles permanent voranzutreiben?

Ich habe diesen Kampfgeist einfach in mir. So war ich schon im Schulsport, da bin ich beim Laufen gegen die Jungs angetreten – das hat mich gepusht. Das funktioniert bei mir bis heute so: Wenn man mich challenged, gebe ich noch mehr Gas.

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