„Wenn Sie Metastasen haben, sind Sie in zwei Jahren tot.“ Diesen Satz sagte mein Onkologe, als ich gerade die Jacke auszog, um mich hinzusetzen, emphatisch wie ein Holzhammer.
Der Schock saß tief, die Angst auch und meine Antwort war die vieler Frauen vor mir: Meine Tochter ist neun Jahre alt. Sterben ist keine Option.
Ich bin Zahnärztin im eigenen Unternehmen, in einem Beruf ohne Homeoffice-Option oder schnelle Vertretung. Und plötzlich hatte ich drei Wochen, um mein Leben, meine Familie und meine Praxis auf 20 Wochen Chemo und Operationen vorzubereiten. Sechs Monate Therapie. Die Diagnose: Brustkrebs, die aggressivste Form, die Chemo alternativlos.
Arzt: “Selbstständige haben weniger Nebenwirkungen”
Meine Ärzt:innen sagten, dass sie die Chemo so einstellen würden, wie mein Körper es aushalten würde. Bis an die Grenze ran. Ich brauchte einen Plan und stellte fest: Den gab es nicht für Selbstständige. Krankschreibung für unbekannte Dauer? Vielleicht arbeitsunfähig durch die Folgen der Therapie? Was passiert mit der Praxis? Mit dem Team?
Derselbe Onkologe sagte später: Selbstständige hätten weniger Nebenwirkungen. Interessant. Die Gynäkolog:innen aus der Genetik ergänzten: „Frauen mit Kindern haben eine höhere Überlebenschance.“ Und das bedeutete: Mind matters!
Medizinisch unterscheidet mich nichts von Frauen ohne Kinder. Außer einem starken Grund, warum ich überleben muss: Nichts auf der Welt wird mich von meinem Kind trennen. Ob die Chemo wirkt, liegt nicht in meiner Hand. Wie ich da durchkomme, schon.
Ich erinnerte mich an den Ironman Jan Frodeno, der einen Mental-Coach in seinem Team hatte und da wusste ich: Das ist es. Ich werde lernen, wie Leistungssportler:innen den Sieg zu visualisieren, um olympisches Gold zu erlangen. Für mich war das Ziel statt Gold: Ich werde überleben und stärker denn je daraus gehen. Ich erklärte Elton Johns „I‘m still standing“ zum Mantra und würde weiter arbeiten.
Wie ich mein eigenes Mindset-Protokoll entwickelte
Ich suchte mir Coaches aus dem Leistungssport und wälzte medizinische Studien. Erarbeitete mit ihnen Protokolle für Schlaf, Ernährung, Sport und Mindset, die mit wenig Zeit funktionieren mussten. Für mich mit Praxis, Familie und Chemo, um gesund zu werden. Für Dich vielleicht mit Kind und Job oder pflegebedürftigen Eltern, um gesund zu bleiben.
Hier einige Tipps aus meinen Protokollen für Dich als „Rescue-Kit:
1. Kenne Deine körperlichen Stress-Marker
Stress zeigt sich in Millisekunden körperlich, lange bevor der Kopf es merkt. Bei mir war es der pochende Puls am Hals. Andere spüren Druck im Brustkorb oder ein Ziehen im Rücken. Wenn Du Stress hast, beobachte, wo Deine „Lampe“ angeht. Umso schneller kannst Du gegensteuern.
2. Top-Trigger finden
Wenn alles zu viel scheint, ist es nie alles. Meist sind es ein, zwei Dinge, die den größten Druck machen: etwa fehlende Unterstützung, unklare Deadlines, zu oft Ja gesagt und nein gemeint. Erkenne sie, dann kannst Du handeln.
3. Atemtechnik der Sportler:innen
Puls bis Meppen vor dem Termin? In den Bauch einatmen. Kurz anhalten. Noch mehr einatmen (ja das geht), kurz anhalten. Langsam ausatmen. Reduziert Stress in Rekordzeit. Für besseren Schlaf: mitzählen und einatmen. Kurz anhalten. Länger ausatmen als einatmen. Das aktiviert den Entspannungssystem, den Parasympathikus, in fünf Minuten.
4. Zeit gibt es GENAU EIN MAL!
Überlege weise, wem Du Deine Zeit gibst oder nimmst. Wir planen oft zu eng. Rennen dann, schieben Extraschichten, müssten in der Kita statt im Meeting sein. Wir können nicht an zwei Orten gleichzeitig sein. Hart, aber wahr.
5. DIE Liste
Spitzensportler:innen wissen: Höchstleistung braucht Erholung und nutzen jede Sekunde im Match. Das gilt auch für Dich. Lege Dir eine Liste mit Dingen an, die Dir guttun, mit unterschiedlicher Dauer. Von wenigen Minuten Zeit (z.B. dann in der Sonne mit Kaffee vor dem Fenster) bis drei Wochen Urlaub. Wenn Leerlauf entsteht, nutze diese Liste bewusst und nutze jede Möglichkeit, Dich zu erholen und neue Kraft zu schöpfen.