Vera Starker
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Warum Zuversicht in der Führung jetzt unerlässlich ist

Gefühlt ist die ganze Welt im Krisen-Modus. Das wirkt sich nicht nur auf die Wirtschaft, sondern auch die Mitarbeitenden ihrer konstituierenden Unternehmen aus. Eine immer wichtigere Komponente guter Führung ist da Zuversicht, findet Vera Starker. Warum viele Chef:innen gerade das Gegenteil tun, erklärt die Wirtschaftspsychologin hier. 

Warum Zuversicht in der Führung jetzt unerlässlich ist

Wo man hinblickt, ist Krise. Für viele Führungskräfte heißt das ganz offensichtlich: die Zügel wieder enger fassen, wieder mehr Durchgriff, Hierarchie, autoritäres Führen. So lässt sich das Ergebnis unserer Studie „In ungewissen Zeiten: Zuversicht und die veränderte Rolle von Führung im Unternehmenskontext“ zusammenfassen. Reflexhaft befürworten darin zwei Drittel der befragten Führungskräfte autoritäre Führung. Die statistischen Daten legen nahe, dass damit eine intuitive Selbststabilisierung und eigenes Sicherheitserleben erreicht wird.

Überraschend ist dieser Effekt grundsätzlich nicht. Das zyklische Pendeln zwischen autoritären und liberalen Arbeitsstrukturen ist in der Wirtschaft nichts Neues, und das Comeback von autoritärer Führung wird als vermeintlich zwangsläufige Folge der Krise wenig hinterfragt. Das Fatale ist allerdings: Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden, so ein weiterer Outcome der Befragung, weichen in der Krise deutlich von denen der Führungskräfte ab. Mitarbeitende zeigen demnach kein Bedürfnis nach klaren Ansagen und Durchgriff, sondern vielmehr nach mehr Strukturklarheit und (sozialen) Regeln sowie deren Einhaltung.

Außerdem scheint den Mitarbeitenden in derHyperindividualisierung unserer Zeit (alles wird am „Ich“ gespiegelt) eine Rückkehr ins „Wir“ als unerlässlich, um die Krisen erfolgreich zu bewältigen. Sie wollen als Team weiterhin mitdenken, mitgestalten, das Gegenteil von autoritärer Führung also leben.

Auch inhaltlich sind die Konsequenzen eines autoritären Führungsstils fatal, vor allem in Krisenzeiten. Er führt dazu, dass der Einfluss der Mitarbeitenden auf die Arbeitsgestaltung deutlich sinkt – und damit auch ihr Selbstwirksamkeitserleben bei der Bewältigung der Herausforderungen, weil sie nur noch nach Anweisung handeln. Das Gefühl, über einen gewissen Einfluss zu verfügen und wirksam zu sein, ist aber eine elementare Voraussetzung für Menschen, Krisen gut zu bewältigen und produktiv zu sein.

Deshalb steht zu befürchten, dass Durchgriff und autoritäre Führung zu einer weiteren Abkehr der Mitarbeitenden vom Unternehmen führen werden. Der vom Gallup-Institut 2024 gemessene Wert innerer Kündigungen liegt so hoch wie seit 2012 nicht mehr, und die Abkehr von Institutionen lässt sich auch auf gesellschaftlicher Ebene beobachten. Die Ergebnisse des Rheingold Institutsi zeigen beispielsweise, dass momentan 68 Prozent der befragten Menschen dazu tendieren, sich von großen Institutionen abzuwenden.

Lieber investieren sie ihre Energie und ihre Arbeitskraft in Bereichen, in denen sie das Gefühl haben, etwas bewegen zu können. Dass dieser Trend auch Unternehmen betrifft, zeigen die Daten des Engagement Index von Gallup aus dem Jahr 2023: Nur 25 Prozent der Mitarbeitenden sind davon überzeugt, dass die Führung ihres Unternehmens die Herausforderungen der Zukunft erfolgreich managen wird. 2019 lag der Wert noch bei 41 Prozent.

Zuversichtliche Führungskräfte fokussieren konsequent auf Möglichkeiten und befassen sich weniger mit Inhalten, die sie nicht verändern können. Sie vermitteln somit letztendlich ihre eigene Zuversicht. Diese entsteht auf Basis eines klaren Blicks auf die Herausforderung, einem konsequenten Fokus auf ihre Ressourcen und die ihres Teams und eine Fokussierung auf die Entwicklung realistischer Handlungsalternativen. Damit schaffen Führungskräfte nicht nur für ihr Team, sondern auch für sich selbst aktiv Stabilität und erhöhen die fachlich-inhaltliche und soziale Klarheit. Dieses Vorgehen ist auch unter Normalbedingungen grundlegende Voraussetzungen für eine effektive Arbeitsleistung. In der Krise ist es produktivitätssichernd.   

„Zuversichtliche Führungskräfte fokussieren konsequent auf Möglichkeiten und befassen sich weniger mit Inhalten, die sie nicht verändern können. In der Krise ist das produktivitätssichernd.“

Vera Starker

Portrait

Vera Starker

Wirtschaftspsychologin und Organisationsentwicklerin

Vera Starker ist Wirtschaftspsychologin, Organisationsentwicklerin und Co-Gründerin der Next Work Innovation Garage. Das multidisziplinäre ThinkTank aus Berlin beschäftigt sich mit der möglichst effektiven Gestaltung von Arbeit im digitalen Zeitalter und der dafür notwendigen Transformation von Unternehmen. Außerdem ist sie Autorin diverser Sachbücher. 2025 erschien ihr Buch „Zuversicht - Die neue Führungskraft“ im Vahlen Franz-Verlag.

Foto: Rainer Störmann