Warum sollen Frauen so oft genau in der Krise übernehmen?
Die Gründe sind komplex – und gelten nicht nur für das C-Level. Auch auf Director- oder Senior-Ebene erleben viele Frauen zunehmend, dass ihnen in schwierigen Phasen plötzlich Verantwortung übertragen wird.
Plötzlich vertrauenswürdig Untersuchungen zeigen: In Krisenzeiten erhalten Frauen in Führungspositionen oft mehr Vertrauen. Nicht, weil ihre Qualifikationen geringer wären, sondern weil „weiblich“ konnotierte Eigenschaften wie Empathie, Kommunikationsstärke und Teamorientierung in den Vordergrund rücken.
Symbol für Veränderungsbereitschaft
Krisen veranlassen Entscheider:innen häufig dazu, unkonventionelle und weniger „traditionelle“ Führungspersonen auszuwählen. Vorwiegend als Signal gegenüber wichtigen Stakeholdern, dass sich die Organisation mutig in eine neue Richtung bewegt – oft ohne die strukturelle Unterstützung, die echter Wandel braucht.
Sündenbock-Mechanismus Erfolge von Frauen an der Spitze werden gerne als „Fortschritt“ oder „Glück“ abgetan, Misserfolge ihnen dagegen direkt angelastet. Genau darin liegt der Sündenbock-Mechanismus: Läuft es gut, war’s der Wandel. Scheitert es, war’s die Frau.
Was muss sich ändern?
Zuallererst brauchen wir: Vertrauen in Kompetenzen, nicht erst in der Krise.
Ehrlich nach innen blicken
Wenn eine Frau nur deshalb befördert wird, weil „jetzt alles anders werden muss“, ist das kein Fortschritt. Ich ermutige Unternehmen, diese Muster zu hinterfragen: Treffen wir hier eine strategische Entscheidung – oder eine stereotypische?
Verantwortung teilen
Wenn Organisationen wissen, dass sie in der Krise sind, brauchen sie Strukturen, nicht Held:innen. Frauen dürfen nicht allein auf der Klippe stehen, sondern brauchen Systeme des Rückhalts und interne Verbündete.
Ressourcen und Absicherungen verhandeln
In meiner Arbeit ermutige ich Frauen genau hierzu: „Du darfst fordern, bevor Du führst.“ Nicht nur „Ja“ sagen, sondern Bedingungen verhandeln: Teamzusammensetzung, Budget, Zeitrahmen, Kommunikationsrahmen – und gar Exit-Strategien.
Muss immer erst was passieren, damit was passiert?
Die gläserne Klippe zeigt: Fortschritt entsteht nicht automatisch, wenn Frauen aufsteigen. Besonders dann nicht, wenn sie erst ins Spiel kommen, wenn kaum noch Spielraum bleibt. Wir müssen aufhören, Frauen erst dann zu vertrauen, wenn Unternehmen schon kurz vor dem Abgrund stehen. Echter Wandel beginnt nicht am Rand der Klippe, sondern weit davor.