Neşe Oktay-Gür
14. Oktober 2024
6 Lügen, die wir uns selbst erzählen und direkt in den Burnout treiben

Stell Dir vor, jemand sagt Dir jeden Tag, dass Du keine Pausen verdient hast oder alles perfekt machen musst, weil es sonst nichts wert ist. Klingt toxisch, oder? Doch genau das sagen wir uns oft selbst, manchmal ohne es zu merken. Solche irrationalen Glaubenssätze erhöhen den Druck, erschöpfen uns – und führen uns häufig schleichend in den Burnout.
In meinen Coachings stoße ich immer wieder auf diese destruktiven Gedankenmuster. Sechs Glaubenssätze begegnen mir dabei besonders regelmäßig – obwohl sie rational betrachtet natürlich überhaupt nicht stimmen:
1. "Ich muss alles alleine schaffen."
Dieser Gedanke führt zu Isolation und Überforderung. Studien zeigen, dass soziale Unterstützung maßgeblich dazu beiträgt, mit Stress umzugehen und Burnout zu verhindern. Der Glaube, alles alleine schaffen zu müssen, verstärkt das Gefühl von Hilflosigkeit und erhöht den Druck. Unterstützung anzunehmen, kann unsere mentale und emotionale Belastung erheblich verringern.
2. "Wenn ich nicht alles perfekt mache, werde ich scheitern."
Perfektionismus steht in direktem Zusammenhang mit erhöhtem Stress und Burnout. Laut Curran und Hill (2019) hat die Anzahl der Menschen mit perfektionistischen Tendenzen stark zugenommen, was das Risiko für Angst und Burnout erhöht. Dabei ist Perfektion unerreichbar. Fehler sind wertvolle Lernchancen.

3. "Ich habe keine Zeit für Pausen."
Die Wissenschaft zeigt, dass Pausen die Produktivität steigern und Burnout verhindern. Kurze und regelmäßige Pausen verbessern die Konzentration und verhindern geistige Ermüdung. Ohne Erholung führt chronische Erschöpfung zu Burnout. Pausen sind daher unerlässlich, um die Leistungsfähigkeit zu erhalten.
4. "Ich kann erst entspannen, wenn alles erledigt ist."
Dieser Gedanke führt zu einem Teufelskreis, da es selten einen Zeitpunkt gibt, an dem alles erledigt ist. Untersuchungen zeigen, dass regelmäßige Entspannung wichtig ist, um langfristig gesund und produktiv zu bleiben. Wer Entspannung aufschiebt, verpasst wichtige Erholungsphasen.
5. "Ich muss immer erreichbar sein."
Ständige Erreichbarkeit führt zu mentaler Überforderung. Eine Studie von Derks et al. (2014) zeigt, dass berufliche Smartphone-Nutzung außerhalb der Arbeitszeiten das Burnout-Risiko erhöht. Klare Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit sind entscheidend für das Wohlbefinden.
6. "Ich bin nicht gut genug."
Selbstzweifel erhöhen das Risiko für Burnout. Studien zeigen, dass Personen mit niedrigem Selbstwertgefühl anfälliger für Burnout sind, da sie weniger gut mit Stress umgehen können. Menschen, die glauben, nicht gut genug zu sein, setzen sich unter ständigen Druck. Selbstakzeptanz ist entscheidend, um Burnout vorzubeugen.
Neue Glaubenssätze
Burnout ist ein weit verbreitetes Phänomen, das nicht nur durch äußere Arbeitsbedingungen, sondern auch durch unsere inneren Überzeugungen gefördert wird. Indem wir uns bewusst machen, dass diese Lügen schädlich sind, und sie durch fundierte Wahrheiten ersetzen, können wir uns selbst schützen und unsere mentale Gesundheit stärken. An diese Wahrheiten solltest Du Dich zum Beispiel immer wieder erinnern:
- Es gibt Menschen, die Dich gerne unterstützen und denen auch Du gerne hilfst.
- Perfektion ist nicht nur unerreichbar, sondern oft hinderlich. Fehler machen Dich menschlich und fördern Wachstum.
- Pausen sind kein Luxus, sondern ein notwendiger Bestandteil, um produktiv und kreativ zu bleiben.
- Entspannung musst Du Dir nicht verdienen.
- Es wird nie den Moment geben, an dem alles erledigt ist.
- Die meisten Aufgaben können warten.
- Gehe mit Dir selbst nicht härter um als mit anderen.
Zur Person
Dr. Neşe Oktay-Gür ist promovierte Psychologin und CEO von NAP!. Das Unternehmen berät Organisationen und Führungskräfte auf dem Weg hin zu einer gesünderen Arbeitskultur.