Katharina Pratesi

02. Februar 2021

4 Min. Lesedauer

Warum man Talente nicht am CV erkennt

Woran denken die meisten Personalverantwortlichen beim Begriff Quereinstieg? Häufig an Bewerbungen, die auf den ersten Blick nicht auf die ausgeschriebene Stelle passen, weil die Qualifikationen im Lebenslauf nicht eindeutig den Anforderungen des Stellenprofils entsprechen. Auch wenn diese Kandidat:innen oft hoch motiviert sind, werden sie von vielen Fachabteilungen abgelehnt. Dabei sprühen solche Talente oft vor Begeisterung für den ausgeschriebenen Job und würden alles dafür tun, um eine Chance zu bekommen.

Motivierte Menschen lernen schneller

Wie oft hat mir in meiner über 10-jähigen Recruiting Laufbahn das Herz geblutet, wenn ich Bewerber:innen absagen musste, weil sie nicht alle erforderlichen Skills mitbrachen, aufgrund ihrer Kompetenzen und Persönlichkeit jedoch eine echte Bereicherung für das Unternehmen gewesen wären. Denn wer motiviert ist, etwas Neues zu lernen, kann es viel schneller schaffen, sich in neue Themenfelder einzuarbeiten. Aber dafür müssen die Unternehmen bereit sein, sich für neue Talente zu öffnen, deren Lebenslauf nicht alle erforderlichen Qualifikationen bietet. In die Weiterbildung dieser Menschen zu investieren wird sich in vielen Branchen langfristig auszahlen.

Warum man Talente nicht am CV erkennt
Warum man Talente nicht am CV erkennt

 

 

 

Quereinsteiger können Fachkräfteprobleme lösen

Erfahrende Personaler:innen erfassen eine Bewerbung in weniger als fünf Minuten. Sie screenen sie nach namhaften Hochschulen, formellen Abschlüssen, Berufserfahrungen und Stichwörtern zu fachlichen Kenntnissen. Doch diese Art der Bewerberauswahl wird sich verändern. Die fortschreitende Digitalisierung und die gesamte Neuorientierung unserer Arbeitswelt machen andere Kompetenzen, sogenannte Soft Skills, immer wichtiger. Wer eine Affinität zu digitalen Themen hat und über Eigenschaften wie Lernbereitschaft, Flexibilität, Motivation, eine hohe Auffassungsgabe, Empathie und Veränderungsbereitschaft verfügt, wird zukünftig eine große Bereicherung für jedes Unternehmen sein.

 

Potenzialorientiertes Recruiting bietet neue Chancen

Ich bin überzeugt davon, dass der Blick auf das Potenzial von Menschen der Schlüssel für ein zukunftsweisendes und erfolgreiches Recruiting ist. Denn während der Lebenslauf vergangenheitsbezogene Informationen liefert, ist die Analyse von Potenzialen deutlich zukunftsorientierter ausgerichtet. Deshalb sollte man herausfinden, welche Leistungen Menschen mit ihren Fähigkeiten erbringen können. Aber auch für welche neuen Herausforderungen oder Aufgaben diese Potenziale eingesetzt werden können. Wer seine Personalsuche potenzialorientiert ausrichtet, der fördert zudem die Diversität in Teams. Talente aus anderen Branchen bringen oft neue Sichtweisen ein, sie machen sich stark für innovative Ideen, sind mutig und treiben das Business voran.

 

Wie man passende Quereinsteiger erkennt

Kann man in klassischen Bewerbungsunterlagen das Potenzial eines Talents erkennen? Leider nur bedingt. Aus einem Lebenslauf zu schlussfolgern, ob ein Mensch bestimmte Soft Skills mitbringt, die das Jobprofil erfordert, ist schwierig. Klassische Bewerbungsunterlagen lassen manchmal Hinweise zur Motivation, Leidenschaft für das Thema, Lernbereitschaft, Offenheit für Veränderung und manchmal auch zur Belastbarkeit zu. Doch sehr valide sind diese Schlussfolgerungen nicht. Genauso wenig sind auch die im Lebenslauf aufgeführten Erfahrungen ein Prädiktor für zukünftige Erfolge im neuen Beruf.

 

Deshalb sollte der CV nicht länger die Entscheidungsgrundlage bei der Bewerberauswahl sein. Wer sich von diesem konventionellen Weg löst, wird neue Talente finden und erfolgreich wachsen können. Doch um relevante Kompetenzen und Potenziale erkennen zu können, fehlt es in vielen Personalabteilungen häufig an notwenigen Ressourcen und Zeit für ausführliche Interviews, was wiederum dazu führt, dass das Recruiting von Quereinsteigern - so viele Chancen es auch bietet - in vielen Unternehmen eher zu Ausnahme als zur Regel gehört. Wie lässt sich das ändern?

 

KI-Technologien helfen bei der Vorauswahl

Digitale KI-gestützte Tools können dabei helfen, passende Quereinsteiger zu finden und eine Vorauswahl zu treffen. Das spart enorm viel Zeit. Deshalb haben wir bei Brandmonks mit CEO Morten Babakhani das digitale Tool flynne entwickelt, das potenzialorientiert und vollautomatisiert recruited. Dabei kann die KI-Technologie einen weiteren Vorteil schaffen: Menschen, die darüber am Bewerbungsprozess teilnehmen, werden ohne (meist unbewusste) Voreingenommenheit bewertet. Denn keiner kann sich davon freisprechen, Menschen unterbewusst aufgrund seiner Herkunft oder seines Werdeganges positiv oder negativ zu bewerten. Einer KI passiert das nicht, sie wählt passende Talente nach Algorithmen aus. Doch so sehr uns Technologien auch beim Recruiting von Quereinsteigern helfen können, sollten sie immer nur ein Instrument für die Vorauswahl und das Verwalten sein. Denn ob wir am Ende mit jemandem harmonieren oder nicht, entscheiden dann doch noch immer wir Menschen selbst – und das kann am Ende keine KI der Welt übernehmen.

 

Über die Autorin:

Katharina Pratesi ist Partnerin und CPO bei der Brandmonks GmbH und verfügt über mehr als 10 Jahre Erfahrung im HR/Recruiting-Umfeld. Neben Ihrer internen HR-Verantwortung berät Sie Klienten aus der Finanzdienstleistung, dem Consulting und der Industrie zu den gesamten Prozessketten der Recruiting-Strategien. Ihr aktueller Schwerpunkt liegt auf dem nachhaltigen Recruiting und der Integration sowie der Optimierung von Recruiting- und Onboarding-Prozessen. Zusammen mit ihrem Team hat Katharina diverse Unternehmen auf ihrem Weg in ein erfolgreiches und nachhaltiges Recruiting begleitet.

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