Da sind zum einen die ganzen Ungerechtigkeiten, die uns als Frauen, insbesondere als Mütter, in der Berufswelt erwarten. Zum anderen sind da die ganzen Erwartungen und der Druck, alles unter einen Hut zu bekommen.
Viele Frauen können sich eine Karriere mit Kind gar nicht vorstellen. Das ist schade für sie selbst – und es ist eine Verschwendung an Arbeitskraft. Wenn erstmal ein Kind da ist, oder vielleicht sogar mehrere, ist es schnell passiert, dass Frauen daheim bleiben, die Männer arbeiten gehen und beide Partner:innen wieder in alten Rollenbildern festhängen und zunächst auch noch glauben, dass es so das Beste für alle ist. Die Unzufriedenheit spüren viele dann aber später umso mehr. Das wollen wir verhindern.
Was hat Euch zum Gründen bewogen?
Ich wollte etwas verändern und ich glaube, dass ich das am besten mit meinem eigenen Unternehmen kann. Ich habe lange als Führungskraft in verschiedensten Unternehmen gearbeitet – klassische Karriereleiter. Man merkt da aber schnell, dass es in den meisten Unternehmen mit dem Thema Vereinbarkeit nicht richtig vorangeht. Und selbst ich in meinen Positionen konnte da nur wenig ändern.
Karola und Luisa ging es genau wie mir. Auch sie wollten eigentlich ganz normal Karriere machen und haben dann gemerkt, dass die Sache mit der Vereinbarkeit doch nicht so einfach ist.
Aber weil wir alle davon überzeugt sind, dass sich etwas ändern kann, haben wir uns am Ende zusammengetan und „BeAlice“ gegründet.
"Wenn erstmal ein Kind da ist, ist es schnell passiert, dass beide Partner:innen wieder in alten Rollenbildern festhängen und zunächst auch noch glauben, dass es so das Beste für alle ist."
Mit „BeAlice“ möchtet Ihr „Nachhilfe im Du-Selbst-Sein“ geben. Warum braucht es das?
Mit der Geburt eines Kindes erleben Mütter, dass sich die Bedürfnisse verändern. Plötzlich ist nichts anderes wichtiger als die Bedürfnisse des Kindes. Am Anfang ist das natürlich gut so! Das birgt nur ein Problem: Wenn man einmal seine eigenen Bedürfnisse hintangestellt hat, ist es schwer, sich wieder auf sie zu fokussieren. Oft ist ja nicht mal genügend Zeit für die Bedürfnisse der Familie da. Außerdem scheint ihnen das ganze System zu sagen, dass sie sich als Mutter zurückzunehmen haben. Im Umfeld gibt es oft keine Vorbilder für andere Modelle. Es bleibt das diffuse Gefühl der Unzufriedenheit, Müdigkeit und Stress.
Wir haben gesehen, dass Mütter in diesem Prozess oft ganz allein dastehen; dass es ihnen schwerfällt, Grenzen zu setzen und um Hilfe zu bitten. Mit „BeAlice“ geben wir diesen Müttern eine Coaching-App an die Hand, mit der sie die eigenen Bedürfnisse und Wünsche wieder neu entdecken und vor allem, wie sie das mit ihren Familien in Einklang bringen können. Viele Frauen haben schlicht ein Problem damit, sich selbst zur priorisieren.
Eure App ist wie ein Micro-Coaching-Programm konzipiert. Wie ist es aufgebaut?
Wir haben ein digitales Coaching entwickelt, das ganz auf die Bedürfnisse von Müttern ausgerichtet ist. Wir wissen, dass Mütter nur wenig Zeit haben, deshalb haben wir es in kleine Einheiten aufgeteilt. Auch Inhalt, Sprache, Optik und die Beispiele sind komplett auf Mütter ausgerichtet.
So haben Sie jederzeit einen Coach in der Tasche. Die meisten Übungen dauern nur 10 bis 15 Minuten. Man kann sich das Ganze wie einen Onlinekurs vorstellen. Man macht die Übungen ganz für sich, kann aber an regelmäßigen Onlineevents zur Vertiefung oder zum Austausch mit Gleichgesinnten teilnehmen.
Zusätzlich haben wir Features für den Alltag eingebaut. Hilfestellungen zur Selbstfürsorge oder für Momente, in denen Du völlig überfordert bist. Außerdem kommen in der App auch immer wieder Role Models zu Wort.
Warum habt Ihr Euch dazu entschieden, Eure Inhalte in einer App anzubieten?
Unser Anliegen ist es, das Leben junger Mütter zu verbessern. Dafür ist eine Veränderung innerhalb der Gesellschaft nötig. Und für die braucht es eben vor allem eines: Masse. Wir brauchen viele Frauen, die sich um sich selbst kümmern. Eine App ist dafür einfach das perfekte Tool, sie macht unser Coaching-Modell skalierbar.
Zudem wissen wir, dass es oft nur kleine Übungen, einen kleinen Stups braucht, um wirklich etwas zu verändern. Also: Wenn viele Frauen ein wenig gleichberechtigter leben, ein wenig mehr auf ihre Bedürfnisse hören, ein wenig weniger Stress empfinden, dann haben wir unser Ziel erreicht. Und dann wird es auch die nötigen Veränderungen der Gesellschaft geben.
Was sind Deine Top 3 Erste-Hilfe-Tipps an Mütter, die sich überlastet fühlen?
1. Sprich mit jemanden darüber oder schreib auf, was Dich bedrückt. Wichtig ist, herauszufinden, woher das Gefühl der Überlastung kommt.
2. Überlege Dir, was Du tun kannst. Es gibt nichts Kraftvolleres, als zu wissen, dass Du es selbst in der Hand hast! Auch kleine Veränderung erzeugen sofort ein Gefühl von Selbstwirksamkeit. Das gibt Motivation, weiterzumachen.
3. Verinnerliche, dass Deine Gesundheit, Dein Wohl wichtig für Deine Familie und für die Gesundheit Deiner Kinder ist. Es ist nicht egoistisch, sich um Deine eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Es ist notwendig!
Was würdest Du heute total anders machen?
Wir haben lange daraufhin hingearbeitet, dass wir in diesem Jahr auf Investor:innen-Suche gehen. Jetzt haben wir gemerkt, dass es sinnvoller ist, eine andere Strategie zu wählen und uns mehr auf unser Geschäft zu fokussieren. Ansonsten bin ich ziemlich stolz darauf, was wir gewuppt haben – und auf die Fehler, die wir gemeinsam gemacht haben.
Was war Dein größtes Learning?
Alles, was über Startups gesagt wird, ist wahr. Aber es ist leider trotzdem sehr schwer, sich an die klugen Tipps zu halten, die man immer wieder bekommt.
Mein zweites Learning ist, dass es exakt die richtige Entscheidung war, so viel Zeit und Energie darauf zu verwenden, eine richtig gute, solide Beziehung zwischen uns drei Gründerinnen herzustellen.
Welche drei Tipps würdest Du jungen Gründer:innen geben?
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Lasst Euch nichts erzählen und Euch nicht entmutigen.
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Sucht Euch unbedingt eine:n Mitgründer:in, aber haltet nicht an ihr oder ihm fest, wenn es nicht passt.
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Sucht Euch mit Mitgründer:innen, die unterschiedliche Persönlichkeiten ins Unternehmen einbringen. Das ist im Team anstrengender, aber es lohnt sich.
Über die Person:
Saskia Dierkes wurde 1987 in Bamberg geboren. Sie ist Mutter von zwei Kindern und war als Führungskraft viele Jahre in der Industrie tätig. Ihr Weg ging zunächst über eine Ausbildung, die Fortbildung zur Meisterin und das anschließende Studium zur Wirtschaftsingenieurin, bis in die Geschäftsleitung. Aber spätestens seit sie Mutter ist, wurde immer deutlicher, dass es sie nicht völlig erfüllt und sie mehr zur Veränderung der Gesellschaft beitragen möchte. Deshalb hat sie die YouParents GmbH gegründet.