Dr. Rebecca Koch

vor 16 Tagen

5 Min. Lesedauer

Unternehmenskultur: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Gastbeitrag | Unternehmen werben mit ihr, Bewerber:innen fragen nach ihr, Mitarbeiter:innen leben mit ihr: die Unternehmenskultur. Doch was auf Instagram, Websites und Hochglanzbroschüren prangt, deckt sich nicht immer mit der Realität. Zwischen Wunsch und Wirklichkeit klafft nicht selten eine deutliche Lücke. Dabei tun Unternehmen gut daran, in die Unternehmenskultur zu investieren und den Worten auch Taten folgen zu lassen. Warum gerade jetzt?

Unternehmenskultur: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Unternehmenskultur: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Keine Transformation ohne Kultur!

Digitalisierung, New Work, KI oder Fachkräftemangel – die radikalen Umwälzungen in vielen Bereichen zwingen die meisten Unternehmen dazu, sich mit einer großen Transformation neu aufzustellen. Doch nicht jede Neuausrichtung gelingt – im Gegenteil: laut einer Studie erreichen nur 20 Prozent der Transformationen das gewünschte Ergebnis, oftmals scheitert diese ausgerechnet an der Unternehmenskultur. Warum ist das so?

Veränderungen werden von Menschen gestaltet. Sie erfordern daher eine Unternehmenskultur, die Mitarbeiter:innen zum Gestalten einlädt: eine Kultur, die auf offener Kommunikation, echten Dialogen und übergreifender Zusammenarbeit basiert. In der diverse Teams aus Fehlern lernen. In der Führungskräfte als Unterstützer:innen und als Coach agieren und ihre Teams aktiv durch die Transformation führen. Eine Kultur, in der schnelle Entscheidungen und ein agiles Mindset eine schnelle Anpassung ermöglichen. Eine Organisation mit dieser Kultur kann besser mit Veränderungen umgehen und wird Transformationen erfolgreicher meistern.

Die Corona-Pandemie wirkte wie ein Schnelltest für die Unternehmenskultur: früh zeigte sich, welche Unternehmen ohne größere Probleme ins Homeoffice wechselten, während andere mit strikten Regelungen versuchten, die Veränderung zu managen.

So hat das US-amerikanische Unternehmen Patagonia seine Mitarbeiter:innen frühzeitig aufgefordert, von zu Hause aus zu arbeiten. Außerdem hat das Unternehmen seine Fabriken schnell auf die Produktion von Gesichtsmasken zur Bekämpfung der Pandemie umgestellt. Diese schnelle Reaktion und Flexibilität basiert auf einer Unternehmenskultur der sozialen und ökologischen Verantwortung. Gänzlich anders reagierte die schwedische Modekette H&M. Sie wurde kritisiert, weil sie ihre Lieferanten in einigen Ländern gezwungen hat, die Produktion fortzusetzen, obwohl dies die Gesundheit der Arbeiter:innen gefährdete.

Bindung durch Kultur

Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel gewinnen Mitarbeiterrekrutierung und -bindung an Bedeutung. Eine gelebte Unternehmenskultur zahlt auf die Reputation des Unternehmens ein. Unternehmen werden als attraktivere Arbeitgeber wahrgenommen und profitieren bei der Mitarbeitergewinnung von einem positiveren Image in der Öffentlichkeit. Gleichzeitig steigen Loyalität und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter:innen, wenn sich diese mit den Werten und der Kultur eines Unternehmens identifizieren können.

Aber Achtung: Mitarbeiter:innen lassen sich nicht mit getunten Statements und wohlklingenden Absichtsbekundungen abspeisen, wenn sich diese nicht im Arbeitsalltag manifestieren. Es ist sehr einfach geworden, im Schutz der Anonymität des Internets Kritik an der Firmenkultur publik zu machen, wie dieses Beispiel auf Kununu zeigt: „Es gibt quasi keine. Flurfunk stellt alles in den Schatten. Auf Entscheidungen muss mehrere Wochen / Monate gewartet werden. Falls eine getroffen wird.“ (2,8 von 5 Sternen).

Erfolg durch Kultur

Und wem die oben aufgeführten Gründe nicht reichen, der argumentiert meistens mit „Alles richtig, aber am Ende zählt nur der Gewinn.“ Stimmt. Und darum ist es gut, wenn man die Kultur zur Priorität entwickelt, um nachweislich den Erfolg zu steigern, wie exemplarisch eine Befragung von 500 CEOs weltweit durch Heidrick Consulting zeigt: Unternehmenslenker, die die Firmenkultur als einen von drei Top-Einflussfaktoren auf die finanzielle Performance des Unternehmens sehen, haben in drei untersuchten Jahren ein mehr als doppelt so schnelles Wachstum (9,1% vs. 4,4%) vorzuweisen.

In Zeiten, in denen sich die Rahmenbedingungen verschlechtern, das Umfeld komplexer und unvorhersehbarer wird, und vermehrt Krisen die Performance von Unternehmen beeinflussen, ist es sinnvoll, jede Maßnahme umzusetzen, die die Performance stärkt.

Daher: lasst uns die Unternehmenskultur stärken. Kund:innen, Mitarbeiter:innen, Shareholder und Partner werden es uns danken.

Über die Autorin:

Dr. Rebecca Koch trägt als Chief People Officer von DB Schenker Europe die Verantwortung für 50.000 Mitarbeiter. Ihr Fokus liegt auf Transformation und New Leadership. Sie unterstützt Unternehmen und Führungskräfte dabei, Veränderungen erfolgreich und nachhaltig zu gestalten. Dabei sind ihr die Förderung von Diversity und die Stärkung von Frauen in Führungspositionen wichtige Anliegen. Sie setzt sich für eine moderne Unternehmenskultur ein und sieht Veränderungen als Chance. Koch wurde 2020 von Capital unter die "Top 40 unter 40" Deutschlands gewählt und ist Mitglied bei GenCEO e.V.

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