STRIVE Redaktion

22. Dezember 2021

7 Min. Lesedauer

Die grüne Revolution im Gesundheitswesen

Meine Gründungsstory | Seit der Wahl der Ampelkoalition scheint die Legalisierung von Cannabis in Deutschland nicht mehr weit entfernt. Viele Gründer:innen stehen in den Startlöchern und warten nur noch auf den Startschuss. Anna-Sophia Kouparanis ist eine von Ihnen: Sie ist die Co-Gründerin der Bloomwell Group, einem Unternehmen für medizinisches Cannabis. Wir haben mit der Unternehmerin über mögliche Chancen durch die Legalisierung sowie ihre persönlichen Erfolge auf ihrer Gründungsreise gesprochen und darüber, was sie machen würde, wenn sie einen Tag lang Kanzlerin wäre.

Die grüne Revolution im Gesundheitswesen
Die grüne Revolution im Gesundheitswesen

Liebe Frau Kouparanis, stellen Sie sich und Ihr Unternehmen bitte einmal kurz vor.

Ich bin Co-Founderin der Bloomwell Group und Geschäftsführerin der Ilios Santé, einem Großhändler für medizinisches Cannabis. Die Bloomwell Group habe ich letztes Jahr Co-gegründet. Binnen eines Jahres sind wir rasant auf über 160 Mitarbeiter:innen angewachsen, erwarten knapp fünf Millionen Euro Umsatz in den nächsten zwölf Monaten und haben im Oktober zehn Millionen US-Dollar Venture Capital eingesammelt.

Im Gründer:innenteam ist es unsere Aufgabe, alle strategischen Entscheidungen zu treffen. Deutschland würde bei einer Legalisierung zu dem weltweit größten legalen Cannabismarkt werden. Der Ökonom Justus Haucap rechnet mit einem Bedarf von 400 Tonnen Cannabis jährlich. Eine große unternehmerische Opportunität für uns. Die Legalisierung ist allerdings regulatorisch anspruchsvoll, der Weg dahin steinig. Wir als Unternehmer:innen müssen uns deshalb auf verschiedene Szenarien und Zeitpläne vorbereiten.

„Was mir wichtig ist: Wenn ich in ein paar Jahren sagen kann, dass ich andere Frauen inspiriert habe, ihren Weg ins Unternehmer:innentum zu wagen“ - Anna-Sophia Kouparanis

Worauf sind Sie im letzten Jahr besonders stolz?

Im Laufe des letzten Jahres konnte ich einige Meilensteine abhaken, von denen ich lange geträumt habe. Auch dank der Erfolge der Bloomwell Group habe ich es als erste Gründerin eines medizinischen Cannabis-Unternehmens in Europa auf die Under 30 Forbes-Liste geschafft. Was mir noch wichtiger wäre als diese Auszeichnung: Wenn ich in ein paar Jahren sagen kann, dass ich dadurch andere Frauen inspiriert habe, ihren Weg ins Unternehmer:innentum zu wagen.

Worauf blicken sie aus ihrer bisherigen Gründungszeit gerne zurück?

Im medizinischen Bereich haben wir in Deutschland mit unserem Portfolio-Unternehmen Algea Care bereits dazu beitragen, dass chronisch erkrankte Menschen einen besseren Zugang zu einer Therapie mit medizinischem Cannabis erhalten. Das war und ist noch immer schwierig in Deutschland. Von daher bin ich stolz darauf, dass wir mehr als 5.000 chronisch erkrankten Menschen helfen konnten. Gerade das Feedback, das uns tagtäglich erreicht, berührt mich persönlich. Für viele der Menschen hat sich ihr Lebensalltag verbessert. Andererseits geht man davon aus, dass 800.000 Menschen in Deutschland von einer Therapie profitieren könnten – aktuell sind wir davon weit entfernt. In einigen Jahren würde ich es als Erfolg bezeichnen, wenn wir dazu beigetragen haben, dass die Therapie mit medizinischem Cannabis deutlich mehr Menschen zugutekommt. Abwarten müssen wir noch, wie es mit der Cannabis-Legalisierung weitergeht. Falls es eine gibt, wollen wir als Early-Mover mitgestalten und zum Ende des Schwarzmarktes beitragen. Auch das wäre ein Erfolg.

Zu guter Letzt noch ein persönliches Wort über mich: Auch wenn ich gelernt habe, mich in der Wirtschaft durchzusetzen; ich bin ein familiärer Mensch. Am Ende des Tages ist die Tatsache, dass es mir und meinen Liebsten gut geht, das was mich wirklich glücklich und erfolgreich macht.

Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in der Zukunft?

Unsere Vision bei Bloomwell ist, ein Direct-to-Consumer, im Fall von medizinischem Cannabis ein Direct-to-Patient-Ansatz mit Ausnahme des Anbaus. Volle Warteräume und Schwierigkeiten, überhaupt einen Termin bei einem Arzt/einer Ärztin mit der gesuchten Expertise zu erhalten, zeigen, wie rückständig das Gesundheitswesen ist. Mit Bloomwell wollen wir genau da anknüpfen und das Gesundheitswesen positiv verändern. Die grüne Revolution beginnt jetzt und Bloomwell übernimmt die Führung. Im Rahmen unserer Holding-Gesellschaft werden wir dafür weitere Unternehmen aufbauen, in bestehende investieren oder diese aufkaufen.

Und natürlich wollen wir im Falle einer Cannabis-Legalisierung in Deutschland für den Freizeitmarkt eine führende Rolle einnehmen und mitgestalten.

"Ich glaube, wenn man zielstrebig bleibt und sich nicht von kleinen Rückschlägen aus dem Konzept bringen lässt, ist man klar im Vorteil!" - Anna-Sophia Kouparanis

Welchen Tipp würden Sie in Sachen Gründung geben?

Zuversicht und Unerschrockenheit. Ich glaube, wenn man zielstrebig bleibt und sich nicht von kleinen Rückschlägen aus dem Konzept bringen lässt, ist man klar im Vorteil! Es hat mir immer geholfen, weiter an mich selbst zu glauben und das umzusetzen und durchzuziehen, was ich mir vorgenommen habe. Dazu ist es auch immer hilfreich, wenn man sich große Aufgaben einfach etwas kleiner runterbricht und dann Schritt für Schritt angeht. So wirkt der Berg machbarer und man lernt auch kleine Schritte als Erfolge zu feiern.

Wenn Sie einen Tag lang an den Schalthebeln der Macht sitzen würden (Beispiel Kanzler:in), was würden Sie tun?

Im Gesundheitswesen: Dafür sorgen, dass Telemedizin und digitale Innovation das Leben vieler erkrankter Menschen erleichtern können und Unternehmen unterstützen, die sich der Herausforderung des streng regulierten Pharma-Marktes stellen. Außerdem würde ich dafür sorgen, dass Erwachsene im Falle einer Legalisierung in Deutschland auch online Cannabis erwerben dürfen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich der Schwarzmarkt in Regionen verlagert, in denen es keine Verkaufsinfrastruktur gibt. Ganz groß gedacht: Ich würde überall voll auf Digitalisierung und Innovation setzen.

Außerdem würde ich mich für Chancengleichheit stark machen: mein Bruder Niklas und ich sind die erste Akademiker-Generation in der Familie. Unser Großvater kam in den 60er Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland. Die Chance auf Erfolg darf nicht von der eigenen Herkunft abhängen.

Über Anna-Sophia Kouparanis

Anna-Sophia zählt bereits seit 2018 als Führungskraft zu den wenigen Top-Managerinnen in der männerdominierten Industrie für pharmazeutisches Cannabis und gründete im Oktober 2019 mit der Ilios Santé GmbH als erste Frau deutschlandweit einen lizensierten Großhändler für medizinisches Cannabis. Anna-Sophia ist heutzutage unter anderem Co-Founderin der Bloomwell Group und hat es auch angesichts der Erfolge der Cannabis-Holding als erste Gründerin eines medizinischen Cannabis-Unternehmens in Europa auf die Under 30 Forbes-Liste geschafft.

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