Claudia Frese

vor 5 Tagen

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Das sind die Dos and Don'ts im Bewerbungsprozess!

Gastartikel | Auch in Zeiten des Fachkräftemangels durchlaufen Bewerber:innen einen oft mühsamen Auswahlprozess. Die Gründe dafür kennt Claudia Frese, CEO des Internet-Hosting-Dienstleisters STRATO: Sie hat in verschiedenen Führungspositionen zahlreiche Bewerbungsgespräche geführt und teilt in diesem Gastartikel fünf bewährte Tipps, um sich erfolgreich durch diesen Prozess zu navigieren.

Das sind die Dos and Don'ts im Bewerbungsprozess!
Das sind die Dos and Don'ts im Bewerbungsprozess!

Es ist ein bekannter Widerspruch: Trotz akuten Fachkräftemangels suchen qualifizierte Arbeitskräfte durchschnittlich mehr als fünf Monate nach Jobs. Gründe hierfür finden sich oftmals im Bewerbungsprozess selbst. Doch was kann schieflaufen? Was kommt gut an?

Um Licht ins Dunkel zu bringen, teilt Claudia Frese, CEO von STRATO, ihre Erfahrungen. Sie hat in ihren verschiedenen Führungspositionen, etwa bei eBay oder als CEO von MyHammer, zahlreiche Bewerbungsgespräche geführt und dabei schon einiges gesehen. Hier sind ihre Top 5 Dos and Don'ts für einen erfolgreichen Bewerbungsprozess:

1. Vorbereitung ist die halbe Miete Die wichtigste Regel überhaupt: Gehe nie unvorbereitet in ein Bewerbungsgespräch. Das wirkt nicht nur respektlos gegenüber dem Unternehmen und der Zeit der Gesprächsführenden, sondern hinterlässt auch den Eindruck von mangelndem Interesse. Dazu gehört nicht unbedingt, die gesamte Unternehmensgeschichte auswendig zu kennen. Das Mindestmaß ist es aber, die Stellenbeschreibung wirklich gut gelesen und sich mit den Eckdaten des Unternehmens auseinandergesetzt zu haben.

Es lohnt sich außerdem, die Produkte oder Leistungen des Unternehmens im Vorfeld unter die Lupe zu nehmen und, wenn möglich, selbst zu testen. Ich hatte einmal ein Gespräch mit einem Berufsanfänger, der mir nach 20 Minuten erklärte, die besprochene Stelle sei für ihn nur interessant, wenn er die Strategie des Unternehmens maßgeblich mitbestimmen könne. Ich habe ihn dann gebeten, in zwei Sätzen zusammenzufassen, womit das Unternehmen sein Geld verdient – was er nicht wusste. Eine solche Spannbreite zwischen Ambition und Einsatzbereitschaft ist natürlich selten. Aber dennoch, eine gute Vorbereitung beeindruckt nicht nur, sondern ermöglicht auch, ein intensiveres und damit einprägsames Gespräch zu führen.

2. Fragen, fragen, fragen! Damit eng verbunden ist das erste Do der Liste: Es heißt ja nicht umsonst “Wer nicht fragt, der nicht gewinnt”. Kluge, durchdachte Fragen sind nicht nur willkommen, sondern zeugen von echtem Interesse an der jeweiligen Position. Frage etwa “Welche Herausforderungen werden auf mich zukommen?" "In der Stellenbeschreibung werden diese vier Aufgaben gelistet. Welche davon wird in den ersten Monaten am wichtigsten sein?", "Was sind die wichtigsten Ziele für das Unternehmen in den nächsten 12 Monaten?", "Wie kann diese Abteilung und diese Stelle dazu beitragen?” und so weiter. Du signalisierst Deinem oder Deiner Gesprächspartner:in dadurch, dass Du Dich konkret mit der zu besetzenden Position auseinandergesetzt hast und dass Du proaktiv mitdenkst.

Hast Du auch Fragen zu den praktischen Aspekten des Jobs, wie Vergütung, Urlaubsregelungen, Home-Office oder Ähnliches? Diese werden in der Regel am Ende eines Gesprächs besprochen oder in einem separaten Telefonat geklärt. Natürlich solltest Du alle Punkte, die für Dich wichtig sind, ansprechen. Nutze aber unbedingt die Gelegenheit, zunächst inhaltlich zu überzeugen, bevor Du Dich Fragen zuwendest, die eher transaktionale Aspekte betrachten.

"Ein Bewerbungsgespräch ist ein beidseitiger Prozess. Beide Seiten müssen nach dem Gespräch genug aussagekräftige Eindrücke voneinander gesammelt haben, um beurteilen zu können, ob man miteinander arbeiten kann."

3. Absolutes No-Go: Täuschung Nach dem Do ein klares Don’t: Versuche in einem Bewerbungsgespräch niemals, Deine Gegenüber gezielt zu täuschen. Sei es in Bezug auf Fähigkeiten, Erfahrungen oder Referenzen – Ehrlichkeit, auch und gerade im Bewerbungsprozess, ist unverzichtbar.

Niemand kann alles, und die Welt ist klein. Wenn es zu einem persönlichen Gespräch kommt, geht Dein:e Gesprächspartner:in schon davon aus, dass Du die Anforderungen an die Stellenbeschreibung zumindest grob erfüllen. Und wenn es doch darum geht, fachliche Skills nochmals abzuklopfen, dann geschieht das in der Regel durch ein:e Gesprächspartner:in, die nicht so einfach zu täuschen ist. Aber während Tools oder Fähigkeiten auch nach Deiner Einstellung erlernt werden können, ist ein angeknackstes Vertrauensverhältnis zur Führungskraft nur schwer wiederherzustellen.

Auch in der späteren Zusammenarbeit habe ich häufiger die Erfahrung gemacht, dass diejenigen, die ihre Schwächen kennen und offen kommunizieren, oftmals stärkere Teamplayer:innen sind als selbsternannte Alleskönner. Wer jedoch unehrlich ist, zum Beispiel in Bezug auf den Umfang einer ehemaligen Position, muss in Zeiten von LinkedIn und Co. damit rechnen, dass über zwei Ecken eine Verbindung zum früheren Arbeitgeber existieren könnte.

4. Persönlichkeit gewinnt: Dein Aussehen vermittelt diese Persönlichkeit Die meisten Unternehmen suchen nicht nur nach Fachkräften, sondern auch nach Persönlichkeiten, die zur Unternehmenskultur passen. Ich persönlich freue mich immer über Menschen mit Charakter, die individuell sind und auch Ecken und Kanten haben. Zeig, dass Du etwas zu erzählen und einzubringen hast. Ziel eines Bewerbungsgesprächs ist es, dass beide Gesprächspartner sich in einem fokussierten Rahmen kennenlernen, und das geht nicht mit Verschlossenheit.

Verstehe mich nicht falsch: Es geht nicht darum, “schräg” oder laut zu sein. Es geht darum, authentisch zu sein. Übrigens: Es ist nicht entscheidend, ob Du im Hoodie, mit Sneakern oder im dunkelblauen Anzug erscheinen. Entscheidend ist, dass Du Dir bewusst bist, was Du durch Dein Äußeres über Dich selbst aussagst, und dass diese Aussage mit Deiner Persönlichkeit übereinstimmt.

"Ehrlichkeit, auch und gerade im Bewerbungsprozess, ist unverzichtbar – sei es in Bezug auf Fähigkeiten, Erfahrungen oder Referenzen."

5. Kein reines “Verkaufen” Natürlich ist es wichtig, sich selbst im besten Licht zu präsentieren. In einem persönlichen Gespräch mit dem zukünftigen Chef oder der zukünftigen Chefin solltest Du Dich aber nicht nur auf den „Verkauf“ Deiner Fähigkeiten konzentrieren. Bemühe Dich vielmehr darum, eine echte Verbindung mit Deinem Gegenüber aufzubauen. Erinnere Dich daran, dass ein Bewerbungsgespräch ein beidseitiger Prozess ist. Beide Seiten müssen nach dem Gespräch genug aussagekräftige Eindrücke voneinander gesammelt haben, um beurteilen zu können, ob man miteinander arbeiten kann.

Das ist ein bisschen wie beim Dating: Ich habe einige sehr gute Bewerbungsgespräche geführt, die nicht zu einem Angebot für die ausgeschriebene Stelle geführt haben. Stattdessen ist etwas anderes entstanden. Ich habe schon mehr als einmal eine Kandidatin innerhalb von meinem persönlichen Netzwerk weiterempfohlen, obwohl ich sie für die konkrete Rolle, über die wir im Bewerbungsgespräch gesprochen haben, nicht passend fand. Freue Dich also auf das Gespräch! Die Einladung dazu ist aufgrund der Bewerbungsunterlagen erfolgt, das Interesse damit schon bekundet – man kann also nie ganz falsch liegen.

STRATO-CEO Claudia Frese urteilt aus Erfahrung: "Ein gelungenes Bewerbungsgespräch sollte einem interessanten oder gar inspirierenden Gespräch am Kaffeetisch ähneln – weniger einem Verhör, bei dem man sich für seine Taten verteidigt." Nutze diese Ratschläge, um ein besseres Bild von Dir selbst zu zeichnen und den vielversprechenden Start in eine neue berufliche Station nicht zu verpassen!

Über die Autorin:

Claudia Frese ist seit 2020 CEO von STRATO. Sie verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im IT-Business. Zuvor hatte sie verschiedene Führungspositionen inne, unter anderem als CEO bei eBay und MyHammer. In den verschiedenen Stationen ihres Karriereweges hat sie selbst unzählige Vorstellungsgespräche geführt und kann Tipps geben, wie der Karriereeinstieg wirklich gelingt. Mit über vier Millionen Domains und mehr als zwei Millionen Kundenverträgen ist STRATO nach IONOS der zweitgrößte Hosting-Anbieter Deutschlands. Das Berliner Unternehmen wurde 1997 gegründet und beschäftigt heute knapp 500 Mitarbeiter:innen.

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