mit Helen Yuanyuan Cao

vor 2 Tagen

7 Min. Lesedauer

Warum man nie zu alt ist, etwas Neues zu lernen

Helen Yuanyuan Cao gehörte 2014, 2016 und 2017 zu Capitals „Top 40 unter 40“, was sie sich durch ihre Arbeit bei BD Biosciences, Quiagen und Bain& Company mehr als verdient hat. Sie hat BWL, Entwicklungsökonomie und Neurobiologie studiert und zeigt, dass man auch als Erwachsene:r neues lernen kann. Die gebürtige Chinesin hatte immer das Gefühl anders zu sein und mehr aufzufallen und erzählt STRIVE Online im Interview, wie sie das zu ihrem Vorteil genutzt hat.

Was ist Ihr Job, wie und mit was beeinflussen Sie die Ausrichtung Ihres Unternehmens?

Ich bin Chief Operating Officer & Chief Innovation Officer bei Indical Bioscience, einem sehr schnell wachsenden Unternehmen im Bereich Diagnostik, vor allem der Tierdiagnostik. Ich bin seit drei Monaten bei Indical und verantworte die Teams Produkt, Marketing, Operations und Regulatory Affairs.

Warum man nie zu alt ist, etwas Neues zu lernen
Warum man nie zu alt ist, etwas Neues zu lernen

Meine drei Hebel für die Ausrichtung des Unternehmens sind:

  1. Das Finden der richtigen Strategien

  2. Das Bauen der Strukturen zur Strategie

  3. Die Förderung von Menschen und die Pflege der Kultur des Unternehmens

Letztendlich sind Unternehmen Ansammlungen von Menschen, daher ist vor allem der letzte Punkt für mich sehr wichtig.

 

Was muss eingetreten sein, damit Sie sagen Sie waren erfolgreich?

Ich möchte zusammen mit meinen Kolleg:innen und Teams die Diagnostikindustrien voranbringen und ich wünsche mir, Menschen zu bewegen - vor allem meine eigenen Mitarbeiter:innen und Kolleg:innen. Wenn mir es gelingt, das Leben anderer jeden Tag ein Stück besser zu machen, motiviert mich das ungemein.

 

"Auf Stärken statt auf Schwächen zu setzen - das ist schon länger meine Devise und so führe ich auch meine Teams." - Helen Yuanyuan Cao

 

Wie gehen Sie mit Dingen um, die Sie nicht gut können?

Auf Stärken statt auf Schwächen zu setzen - das ist schon länger meine Devise und so führe ich auch meine Teams. Schöner Nebeneffekt: Das fühlt sich auch für alle besser an. Ich setze auch bei mir auf meine Stärken. Und für meine Schwächen suche ich mir Partner, für die genau diese Fähigkeiten ihre Stärken sind.

 

Was ist Ihre Vision für Ihr Unternehmen?

1. Meine Vision ist, dass wir einen wichtigen Beitrag im Bereich Animal- und Human Health leisten: Durch unsere Diagnostik-Tests tragen wir beispielsweise dazu bei, dass bei Nutztieren weniger Antibiotika angewandt werden. Damit wird die Antibiotika-Resistenz bei Nutztieren reduziert, welche die Weltgesundheitsorganisation zu den 10 größten gesundheitlichen Bedrohungen der Menschheit zählt.

2. Ich wünsche mir außerdem für mein Unternehmen, dass wir bei unserem sehr schnellen Wachstum gleichzeitig unsere agile und besondere Kultur erhalten.

 

Was hat Sie fachlich am meisten erstaunt?

Nach meinem BWL-Studium und mehreren Jahren in der Unternehmensberatung habe ich nochmal ein Aufbaustudium in Neurobiologie gemacht. So ein Wechsel von Wirtschaftswissenschaften in Naturwissenschaften ist sehr selten und viele BWLer haben sehr viel Ehrfurcht vor den "Hard Sciences". Ich habe lange überlegt, ob ich mich an die Neurobiologie wagen kann. Schnell habe ich gemerkt, dass es mir leichtfällt, mich in neue Disziplinen einzuarbeiten. Natürlich muss man für ein Studium viel Zeit und Energie aufwenden, ständige Selbstzweifel sind aber unnötig. Als Kinder haben wir in der Schule auch verschiedene Fächer gelernt. Auch als erwachsene Person ist es möglich, kontinuierlich zu lernen. Wir müssen es uns nur zutrauen.

 

Was war die größte Herausforderung, die Sie dabei überwinden mussten?

Fach-Jargons. Am Anfang habe ich in den Neurobiologie-Vorlesungen nur wenig verstanden. Nachdem mir die Fach-Jargons erklärt wurden, waren dann aber auch die Konzepte logisch und einfach zu lernen. Viele Disziplinen, wie die Naturwissenschaften, Medizin oder Jura, sind für «Leihen» nicht einfach zugänglich, vor allem, weil sie so viele Fach-Jargons verwenden. Ich glaube, man könnte diese Themen noch viel mehr Menschen zugänglich machen, wenn sie weniger Fachwörter enthielten und eher konzeptionell beschreiben würden. Ich halte es auch für sehr wichtig, dass die Allgemeinheit Zugang zu diesen Themen hat und sie nicht nur den vermeintlichen Expert:innen offenstehen. Das würde ein besseres Miteinander sowie kritisches Denken fördern.

 

Was hat Sie auf Ihrem Weg bislang immer weitergebracht?

Ich war schon als Kind anders als meine Umgebung und bin dadurch sicher auch mehr aufgefallen. Das hat auch damit zu tun, dass ich als 11-Jährige aus China nach Deutschland gekommen bin und eine der wenigen Asiat:innen in der Schule war. Auch später beim BWL-Studium, in der Unternehmensberatung oder auch in meinem Management-Job war ich eine der wenigen Frauen - und im Schnitt jünger als meine Peers. Durch dieses Anderssein bin ich sicher mehr aufgefallen und das hat mir in vielfältiger Hinsicht geholfen: Ich war es gewohnt, aufzufallen und hatte keine Angst, der Mehrheitsmeinung zu widersprechen. Das geht vielen Frauen bei Generation CEO e.V., dem Top-Managerinnen-Netzwerk, bei dem ich Mitglied bin, übrigens auch so. Wir alle sind oft eine der wenigen Frauen im Raum gewesen. Deshalb ist der Austausch unter Frauen als Ergänzung zum Job auch so wichtig für mich.

 

"Das Anderssein hat mich behindert, weil ich eben anders war als die Mehrheit und Diversität nicht wirklich überall geschätzt wird." - Helen Yuanyuan Cao

 

Was hat Sie immer behindert?

Gleichzeitig hat das Anderssein mich auch behindert, weil ich eben anders war als die Mehrheit und Diversität nicht wirklich überall geschätzt wird. So haben die Dinge, wie so oft, mehrere Facetten.

 

Ohne was können Sie nicht arbeiten?

Ich würde mich gerne von Tools unabhängig machen. Heute kann man sich nicht vorstellen, wie früher gearbeitet wurde: ohne Computer und Smartphone zum Beispiel. Das ist allerdings noch gar nicht so lange her! In der Zukunft werden wir sicher andere Tools nutzen, die es heute so noch gar nicht gibt. Als Konstante sehe ich, dass ich nicht ohne andere Menschen arbeiten kann!

 

Wenn Sie eine Zeitreise zu Ihrem 20-jährigen ich machen könnten, welchen Karrieretipp Sie sich geben?

Ich würde die Wichtigkeit von Netzwerken betonen. Der Punkt ist, dass sich Netzwerke weiterentwickeln und der Berufseinsteiger von vor 15 Jahren aus dem Nachbarbüro mittlerweile CEO ist. Ich selbst bin in mehreren Netzwerken, u.a. Alumni-Netzwerke meiner Unis, der Unternehmensberatung Bain, sowie der Studienstiftung. Auch bin ich wie eben beschrieben Mitglied von «Generation CEO e.V.», einem spannenden Netzwerk weiblicher Führungskräfte, sowie der «Capital Junge Elite Alumni-Gruppe». Gerade bin ich dem Netzwerk «2heartscommunity» beigetreten, das ist ein Netzwerk für Menschen mit Migrationshintergrund. Ich bin sehr dankbar, in diesen Netzwerken Mitglied zu sein und merke immer wieder, wie Netzwerke meinen Weg mitgeprägt haben. Dabei ist es mir wichtig, in diese Netzwerke so viel wie möglich zurückzugeben.

 

Über die Autorin:

Hannah Andresen ist bei STRIVE für die Art Direktion und Social-Media-Kanäle verantwortlich. Für STRIVE Online interviewt sie Persönlichkeiten aus der Wirtschaft und spannende Rolemodels. Die Hamburgerin arbeitete zuvor für die Unternehmenskommunikation einer der größten deutschen Werbeagenturen.

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