Dr. med. Mareike Awe

vor 8 Tagen

6 Min. Lesedauer

Warum Leadership manchmal unangenehm sein muss

Gastbeitrag I Für unsere Gastautorin Dr. med. Mareike Awe bedeutet Führungskraft zu sein auch, die Dinge anzusprechen, die man am liebsten ganz nach hinten in eine Schreibtischschublade stecken würde. Wie die Ärztin und Gründerin Unangenehmes anspricht und was ihr größtes Leadership-Learning ist, verrät sie in ihrem Gastbeitrag.

Warum Leadership manchmal unangenehm sein muss
Warum Leadership manchmal unangenehm sein muss

Als Führungskraft gehört es zu deinen Aufgaben, Unangenehmes anzusprechen. Leadership ist nicht immer einfach. Leadership ist nicht immer angenehm. Führungskraft zu sein bedeutet, die Dinge anzusprechen, die man am liebsten ganz nach hinten in eine Schreibtischschublade stecken würde. Aber es nützt nichts, diese Dinge zu verstecken, bis man sie bei der nächsten Aufräumaktion wieder entdeckt. Die Karten müssen direkt auf den Tisch!

Du bist plötzlich so anders?

Ein typisches Beispiel: Der/Die Mitarbeiter:in verhält sich plötzlich ganz anders als gewohnt.

Ein erstes Indiz, was Deine Alarmglocken läuten lassen sollte. Erst vor Kurzem fiel mir beispielsweise genau so eine Situation bei einer Mitarbeiterin von mir auf. Normalerweise ist sie ein optimistischer und sehr offener Mensch, der es liebt, im Team zu arbeiten. Doch während einer engen Zusammenarbeit mit ihr bemerkte ich Verhaltensänderungen. Sie zog sich immer mehr zurück, wurde immer stiller und schien kein offenes Ohr mehr für meine Ideen zu haben. Die Anspannung zwischen uns während unserer Zusammenarbeit wurde immer größer, bis ich es letztendlich ganz offen ansprach und sie mir ihre Situation erklärte. Sie fühlte sich überrumpelt von all meinen Ideen, hatte noch keine Zeit, sich in die Thematik einzulesen. Hinzu kamen noch andere Deadlines sowie privater Stress. Ein Knoten aus Emotionen hatte sich geformt, der sich nun endlich durch ein offenes und verständnisvolles Gespräch lösen konnte. Wir waren beide erleichtert, dass ich es angesprochen habe und nun nichts mehr zwischen uns stand. Wir konnten gemeinsam eine Strategie ausarbeiten, die für uns beide funktioniert. Nun läuft die Zusammenarbeit besser denn je.

Wenn die Arbeit widerspiegelt, dass etwas nicht stimmt

Ein gängiger Fehler, den man als Führungskraft gerne macht, ist es zum Beispiel, seine besten Mitarbeiter zu bestrafen. Ja, richtig gehört. Und zwar indem man gute Leistungen und Erfolge mit noch mehr Arbeit und Verantwortung “belohnt”. Was hat das zur Folge? Der Druck steigt, die Zeit für alle To-Dos wird knapp und die Leistung und Qualität der Arbeit lässt nach. Ganz klarer Fall von Überforderung und Überarbeitung. Doch auch das kann man erst feststellen, wenn man es sofort, direkt und offen bei den Mitarbeiter:innen anspricht. Klar, ist auch das super unangenehm. “Ich bin mit deiner Leistung nicht zufrieden”, hört niemand gerne und spricht niemand gerne an. Aber es ist Deine Aufgabe als Führungskraft, Unangenehmes anzusprechen und dann gemeinsam eine gute Lösung zu suchen.

Du bist zu spät! vs. Was ist denn los?

Wenn etwas nicht stimmt, kann sich das in vielen Facetten zeigen. Termine werden plötzlich falsch gelegt, Deadlines werden unerwartet vergessen oder der/die Mitarbeitende kommt überraschend zu spät zur Arbeit und zwar immer häufiger? Unzuverlässigkeit ist ein Alarmsignal, dass etwas nicht stimmen kann. Vielleicht gibt es private Probleme? Oder es hat etwas mit dem Job zu tun? Überforderung, Überarbeitung, Unstimmigkeiten mit Kolleg:innen? Einzige Lösung: Ansprechen. Nachfragen, was los ist. Und nicht anpöbeln á la “Du bist zu spät!”, sondern sich wirklich zusammensetzen, nachfragen und zuhören.

“Als Führungskraft gehört es zu deinen Aufgaben, Unangenehmes anzusprechen. Leadership ist nicht immer einfach. Leadership ist nicht immer angenehm. Führungskraft zu sein bedeutet, die Dinge anzusprechen, die man am liebsten ganz nach hinten in eine Schreibtischschublade stecken würde."

Das wichtigste Learning für mich als Führungskraft

Es war eines der wichtigsten Learnings in meiner Laufbahn als Führungskraft, Gründerin und Geschäftsführerin, Unangenehmes anzusprechen. Gerne hätte ich die Augen verschlossen und das Problem in die hinterste Schublade gesteckt. In der Hoffnung, es würde sich von selbst auflösen. Doch es wird sich nicht von selbst lösen.

Die unangenehmen Dinge müssen mit ganz viel Fingerspitzengefühl und Empathie angesprochen werden. Wir gehen als Führungskraft kurzfristig durch eine schmerzhafte Situation. Doch langfristig gesehen, machen wir das für das Wohl und das Wachstum unserer Mitarbeiter:innen. Und darunter zählen viele Situationen. Und dieses Vorgehen mag sich nun nach einem sehr femininen Führungsansatz anhören. Aber liebe Männer: auch ihr könnt das. Das musste ich zum Schluss noch loswerden: Als Führungskraft gehört es zu deinen Aufgaben, Unangenehmes anzusprechen. Leadership ist nicht immer einfach. Leadership ist nicht immer angenehm. Führungskraft zu sein bedeutet, die Dinge anzusprechen, die man am liebsten ganz nach hinten in eine Schreibtischschublade stecken würde. Aber es nützt nichts, diese Dinge zu verstecken, bis man sie bei der nächsten Aufräumaktion wieder entdeckt. Die Karten müssen direkt auf den Tisch!

Über die Autorin

Dr. med. Mareike Awe ist Ärztin, Expertin für mentale Gesundheit, Gründerin & CEO von intumind. Ihre Mission ist es Menschen gesünder zu machen. Gemeinsam mit ihrem Co-Founder hat sie intumind mit 22 Jahren neben dem Studium gegründet. Sie setzt sich leidenschaftlich für das Thema Leadership ein & macht sich als Vorbildunternehmerin des Bundeswirtschaftsministeriums für andere Unternehmer:innen stark.

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