Insa Schniedermeier

vor 10 Tagen

7 Min. Lesedauer

Ein Plädoyer für den Sprung ins kalte Wasser

Nicole Jasmin Hofmann ist CEO und Co-Gründerin von Sentryc, einem Unternehmen, bei dem sich seit 2019 alles um Marken- und Produktschutz im Internet dreht. Wir haben mit ihr über ihre Gründungsreise gesprochen, spannende Tipps für junge Gründer:innen eingesammelt und herausgefunden, was aktuell ihre größte Herausforderung ist. Vorhang auf für Nicole Jasmin Hofmann!

Frau Hofmann, was hat Sie zum Gründen bewegt?

Mir war schon sehr früh klar, dass ich unternehmerisch tätig sein und irgendwann mal meine eigene Company aufbauen möchte. Dinge selbst zu gestalten, Verantwortung zu übernehmen, bestehende Strukturen aufzubrechen und zu verbessern – all das bereitet mir enormen Spaß und motiviert mich.

Ein Plädoyer für den Sprung ins kalte Wasser
Ein Plädoyer für den Sprung ins kalte Wasser

Sie haben Ihr Unternehmen Sentryc gemeinsam mit Hendrik Schüler gegründet. Wieso nicht allein?

Ich empfinde es als viel spannender und inspirierender, im Team zu gründen. Gerade in der Anfangsphase war Hendrik als Sparringspartner enorm wichtig für mich. Sich über Ideen, Strategien, gemeinsame Ziele und deren Umsetzung austauschen zu können – das ist so wertvoll. Sich gemeinsam über Erfolge und positives Feedback zu freuen ist zudem durch nichts zu ersetzen. Außerdem geht es ja nicht immer nur steil bergauf, und da hilft ein:e Partner:in beim gegenseitigen Anspornen und Motivieren. Zusammen mit Marilena, der dritten Co-Gründerin im Bunde, die später dazu kam, bilden wir nun ein super Team und ergänzen uns klasse.

 

Wie entstand die Idee für Sentryc?

In meinem vorherigen Unternehmen hatten wir selbst mit Markenmissbrauch zu kämpfen, daher kannte ich das Problem bereits als Betroffene. In dieser Zeit arbeitete Hendrik bereits an einem Projekt, das vergleichbare Probleme für einen anderen Markt löste. Als wir uns 2019 kennenlernten war das also ein Perfekt Match. Wir wollten eine Software bauen, die Unternehmen ganz transparent aufzeigt, auf welchen Internet-Marktplätzen und in welchen Social Media Kanälen Ihre Marke und Ihre Produkte als Produktfälschungen kursieren und dabei den Hersteller:innen eine effiziente Möglichkeit bieten, weitere Schäden zu stoppen, die aus Fake-Angeboten resultieren. Und genau dafür haben wir dann unsere Software entwickelt.

 

Haben Sie Sentryc mit VC Geld gestartet oder selbst finanziert?

Zurzeit sind wir hauptsächlich durch Kapital von Business Angels finanziert. In der kurzen Zeit seit unserer Gründung sind wir bereits auf über 30 Mitarbeiter:innen angewachsen und investieren fortlaufend in unsere selbstlernende Software. Dieses Tempo könnten wir ohne externes Kapital kaum halten.

 

Wie haben Sie gelernt, Mitarbeiter:innen zu führen?

Seit ich im Job bin, habe ich meine Antennen immer ausgefahren und mir positive Aspekte abgeschaut, die mich überzeugt und beeindruckt haben. Letzten Endes steckt aber natürlich auch in Negativerfahrungen Potential sich weiterzuentwickeln und so habe ich das auch immer gesehen. Mein Learning: Man sollte andere immer nur so behandeln wie man selbst behandelt werden möchte. Mein Anspruch ist es auch, immer das vorzuleben, was ich auch von meinem Team erwarte. Der Druck im Start-up kann zeitweise sehr hoch sein und da ist es wichtig, dass alle auch in solch intensiven Zeiten gut miteinander umgehen. Fordern, fördern und Freiräume lassen – auch wenn mal Fehler passieren – das habe ich in den letzten Jahren gelernt. Auch wenn es sich manchmal nicht vermeiden lässt harte Entscheidungen treffen, ist es mir aber grundsätzlich wichtig ein herzliches Klima zu schaffen.

 

Was waren Ihre größten Herausforderungen beim Gründen?

Unsere Herausforderung in der ersten Zeit lag in dem hohen Energieaufwand, den wir für Aufklärungsarbeit der Kund:innen investieren mussten. Immer wieder kamen Fragen wie: Sind denn die paar gefälschten Taschen und Sneaker im Netz wirklich so ein Problem und die wirtschaftlichen Schäden erwähnenswert? Unser klares „Ja“ an verschiedenen Stellen brauchte viele erklärenden Worte und eben auch Online-Funde. Letzten Endes sind die Unternehmen doch immer wieder erstaunt bis schockiert, wieviel und in welchem Umfang gefälscht wird.

 

Was würden Sie als Ihre persönlich größte Herausforderung bezeichnen?

Sowas wie „work life balance“ klingt immer hübsch, aber meine Realität sieht komplett anders aus.

Ich arbeite sehr viel und mache das auch gerne und mit Leidenschaft. Damit gehe ich teilweise auch an meine Belastungsgrenzen. Die zu sehen und auch zu akzeptieren, dass jetzt eine Auszeit auf meiner Berliner Terrasse doch die bessere Entscheidung ist, darin liegt noch immer meine Lernaufgabe.

 

Wie war es für Sie, von der Arbeitnehmerin zur Gründerin zu werden?

Für mich hat der Wechsel keinen großen Cut bedeutet, da meine Einstellung auch als Arbeitnehmerin immer sehr unternehmerisch geprägt war. Das Gründen war für mich ein natürlicher Schritt, der einfach meinem Charakter entsprach.

 

Worauf blicken Sie aus Ihrer bisherigen Gründungszeit gerne zurück?

Wenn ich zurückblicke, dann denke ich an die vielen inspirierenden Team-Meetings, aus denen großartige Ideen hervorgegangen sind. Dazu gehören all die Menschen, die mit uns zusammen geplant, Ziele erreicht und Erfolge gefeiert haben. In der Gründungszeit sind Freundschaften und enge, vertraute Arbeitsverhältnisse entstanden, in denen wir immer wieder zusammenfinden – auch über verschiedene Unternehmen hinweg. Mit einigen Mitarbeiter:innen arbeite ich nun schon fast seit zehn Jahren zusammen.

 

Haben Sie einen Buchtipp für Gründer:innen?

Ich empfehle Gründer:innen gerne das Buch „Monkey Management“ von Jan R. Edlund. Ich kenne das Gefühl als Gründerin selbst, dass ich gerne an allen Schauplätzen Präsenz gezeigt hätte, schließlich ist Sentryc ja meine Company. Zu durchdringen, wo Fokussierung und Delegation Sinn ergeben, das ist wirklich wertvolles Wissen und dieses Buch gibt hierbei gute Impulse.

 

Welchen Tipp würden Sie Ihrem 18-jährigen Ich in Sachen Gründung geben?

Ich würde ihr empfehlen, dass sie sich noch früher mehr zutrauen kann und sich ausprobieren darf. Zwar habe ich mich auch mit 18 direkt selbständig gemacht, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, eine eigene Firma zu gründen. In meinem Kopf sah die Realität so aus, dass ich mir erstmal viele Jahre alles anschauen und lernen muss. Diese Herangehensweise ist auch grundsätzlich richtig und das Gelernte hilft mir heute sehr. Aber manche Fakten stehen in keinem Buch, beziehungsweise erfährt sie niemand aus einer normalen angestellten Position heraus mit. Diese Fakten deckt erst die eigene Erfahrung mit Verantwortung auf. Das heißt also:

Je früher du auf Gründer:innenbeinen stehst und merkst, dass du sicheren Boden unter den Füßen hast, desto besser!
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