Hannah Andresen

vor 4 Tagen

6 Min. Lesedauer

Wie sich Führung in der Krise verändert

Die Führung von Mitarbeitenden war schon immer entscheidend für unternehmerischen Erfolg. Was sich in Krisenzeiten ändert, wie sich Führungskompetenz entwickeln muss und worauf es heute besonders ankommt, erklärt Ihnen Birte Reitmann, Head of HR Consulting der Personalberatung D-Level, in ihrem Gastbeitrag.

Wie sich Führung in der Krise verändert

(Symbolbild)

Mitarbeitende sind das wichtigste Asset jedes Unternehmens und Erfolge sind nur mit den richtigen Menschen zum richtigen Zeitpunkt auf den richtigen Positionen möglich. Das ist keine neue Erkenntnis. Doch in einer Zeit, in der verschiedene Krisen seit Jahren unseren Alltag prägen und zu Corona, Krieg und Inflation auch noch Lebenskrisen und persönliche Schicksale hinzukommen, ist für Unternehmen der Fokus auf ihre Beschäftigten wichtiger als je zuvor.

Es steht Sicherheitsgefühl gegen Sinnhaftigkeit. Das Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit scheint aktuell zu dominieren, doch ein guter Job vermittelt beides.

Sicherheitsgefühl und Sinnhaftigkeit im Job

In turbulenten Zeiten sehnen sich Menschen grundsätzlich nach Stabilität und Sicherheit, auch am Arbeitsplatz. Doch seit der Corona-Krise haben viele Mitarbeitende die Sinnhaftigkeit ihres Jobs stark reflektiert und das eigene Wirken in ihrem Leben hinterfragt. Die neue Gallup-Studie 2021 bestätigt, dass die kurzfristige Wechselbereitschaft der Mitarbeitenden stark zugenommen hat und 40% aller befragten Beschäftigten beabsichtigen, im nächsten Jahr nicht mehr in ihrem aktuellen Unternehmen tätig zu sein. Es steht Sicherheitsgefühl gegen Sinnhaftigkeit. Das Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit scheint aktuell zu dominieren, doch Warren Valdmanis macht in seinem aktuellen TED-Talk deutlich: Ein guter Job vermittelt beides. Und genau hier setzt gute Führung an, um den Bedürfnissen der Mitarbeitenden nach Sicherheit und Sinnhaftigkeit gerecht zu werden und sie somit im Unternehmen zu halten.

Das Schlimmste in einer Krisensituation ist es, in eine Schockstarre zu verfallen und nichts zu tun.

Mentale Gesundheit stärken

Um insgesamt einen gesunden Umgang mit Stress, Krisen und Schicksalsschlägen zu finden, die einen seelisch fordern, ist ein hohes Maß an Resilienz essenziell. Im Berufsalltag ist das Thema Resilienz mittlerweile unverzichtbar, denn ein Gefühl von Instabilität und Unsicherheit gefährdet die mentale Gesundheit – und ohne gesunde Mitarbeitende ist langfristiger Unternehmenserfolg nicht möglich. Empathischen Führungskräften gelingt es zu verstehen, warum Mitarbeitende auf Krisensituationen unterschiedlich reagieren, und sind somit in der Lage, sich individuell auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden einstellen.

Mut zur unternehmerischen Entscheidungsstärke

Planungen auf mehrere Jahre gehören der Vergangenheit an. Das erfordert Flexibilität und Agilität im Handeln der Führungskräfte. Vor allem müssen sie in der Lage sein, schnelle Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen. Dabei darf nicht unterschätzt werden, dass die Notwendigkeit, unternehmerisch riskante Entscheidungen zu treffen, Unsicherheit und Ängste bei den Führungskräften hervorrufen kann. Für Führungskräfte ist es daher essenziell, sich bewusst mit ihren Ängsten auseinanderzusetzen. Eine Unternehmenskultur, die insgesamt Verantwortungsübernahme für Entscheidungen fördert und Innovation schätzt, bildet hierfür die notwendige Basis. Denn das Schlimmste in einer Krisensituation ist es, in eine Schockstarre zu verfallen und nichts zu tun.

Zusammenhalt durch gemeinsame Ziele

In Zeiten, in denen notwendige Entscheidungen zu Kostensenkungen und Entlassungen gefällt werden, ist es für die empfundene Sinnhaftigkeit der Mitarbeitenden besonders wichtig, sich auf das zu fokussieren, wofür es sich lohnt, morgens aufzustehen und zur Arbeit zu gehen. Um Mitarbeitende stärker zu involvieren, sollten Führungskräfte sie dazu ermutigen, selbst Entscheidungen im Einklang mit den Unternehmenszielen zu treffen. Für eine wertschätzende und vertrauensvolle Beziehung ist es wichtig, Erfolge den Mitarbeitenden zuzusprechen und die Verantwortung für Misserfolge als Führungskraft zu übernehmen. Das steigert das Commitment und schafft insgesamt das Gefühl von „Zusammen schaffen wir das“.

Angemessene Kommunikation

In der Kommunikation mit den Mitarbeitenden ist es für Führungskräfte oftmals nicht leicht, die angemessene Balance zwischen einer Informationsflut und den notwendigen Infos zu finden. Wichtig ist als Führungskraft darauf zu achten, weder Panik im Team zu verbreiten noch wichtige Tatsachen „unter den Teppich zu kehren“. Dieser Balance-Act gelingt nur mit einer guten Wertschätzungs- und Beziehungskultur und einem überzeugenden Auftreten als Führungskraft. Vertrauen zu vermitteln ist entscheidend, um psychologische Sicherheit bei den Mitarbeitenden sicherzustellen.

Führung ist keine Superpower

Die große Herausforderung für Führungskräfte ist die extreme Widersprüchlichkeit des eigenen Handelns in der Krise. Sie müssen harte unternehmerische Entscheidungen treffen und alle Mitarbeitenden im Prozess mitnehmen, während sie versuchen das Team weiterhin zu motivieren und eine positive Gesamtstimmung aufrechtzuerhalten. Um in diesem Dilemma die persönliche Balance nicht zu verlieren, braucht es jetzt ein gutes Selbstmanagement aller Führungskräfte. Es ist daher die Aufgabe der Unternehmen, die Führungskräfte besonders in der Krise mit entsprechenden Trainingsangeboten und speziell ausgebildeten Coaches gezielt zu unterstützen. Unternehmen, die jetzt verstärkt in ihr wichtigstes Asset – ihre Mitarbeitenden – investieren, werden durch eine stärkere Resilienz und Zufriedenheit der Beschäftigten mit höherer Produktivität belohnt und trotz Krise weiterhin erfolgreich sein.

Über die Autorin

Birte Reitmann berät als Head of HR Consulting der Personalberatung D-Level diverse FMCG- und Retail-Unternehmen beim Aufbau ihrer Digitalteams. Nach ihrem Masterstudium der Wirtschaftspsychologie, war sie bereits als Beraterin für z. B. Korn Ferry und Kienbaum im Einsatz und hat marktführende Corporates und Mittelständler im Rahmen der digitalen Transformation betreut.

Transparenzhinweis: STRIVE-Herausgeberin Katharina Wolff ist auch Gründerin und CEO von D-Level.

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