1. Selbstreflexion: Veränderung und Beständigkeit
Überlegen Sie sich, was mit der neuen Rolle anders sein wird und was gleich bleibt. Wahrscheinlich werden Sie manchmal z.B. Infos vom Management früher bekommen als alle anderen, die Sie zunächst noch für sich behalten müssen. Andererseits bekommen Sie auch nicht mehr alles mit, was im Team Thema ist. Unverändert jedoch bleibt beispielsweise ihre Persönlichkeit und ihr Humor. Überlegen Sie sich auch, welche Dinge unter der vorherigen Führungskraft gut im Team geklappt haben und was Sie davon weiterführen möchten. Dies sind alles Themen, die Sie beim Auftakt offen mit ihrem Team teilen können!
2. Der Auftakt
Besonders bei ihrem ersten Tag als neue Führungskraft aus dem Team heraus ist es wichtig, dass ihnen und dem Team klar ist, dass sich die Rollen verändert haben. Welche Rituale gibt es, um den Übergang zu markieren? Dies könnten z.B. ein gemeinsames Meeting mit der Führungskraft über Ihnen sein mit einer offiziellen Übergabe, ein Umzug in ein neues Büro oder ein gemeinsames Kuchenessen als Symbol zum Einstand sein.
3. Hopes & Fears Übung
Um herauszufinden, welche Hoffnungen ihr Team mit Ihnen als neue Führungskraft verbindet und welche Bedenken oder offenen Fragen es gibt, können Sie diese circa 30-minütige Workshop-Übung machen. Geben Sie dem Team zehn Minuten für das Brainstorming über ihre Hoffnungen und Bedenken jeweils auf Post-its (geht auch virtuell über virtuelle Whiteboards wie Miro oder Mural). Parallel können Sie für sich diese Fragen auch auf Post-its beantworten. Dann teilt das Team mit Ihnen seine Post-its und Sie ihre mit dem Team. Ich finde es sehr ehrlich, sich als Führungskraft auch verletzlich zu zeigen, indem Sie z.B. auch ihre Unsicherheiten teilen.
Dann startet eine zweite Brainstormingrunde gemeinsam: Was können Sie und was kann das Team machen, um die Chancen zu vergrößern, dass die Hoffnungen tatsächlich eintreten und was habt ihr in der Hand, dass die Bedenken möglichst nicht eintreten? Überlegt euch konkrete Aktionen, die ihr in den ersten gemeinsamen Wochen umsetzen möchtet und haltet diese fest.
4. Lernen Sie ihr Team aus der neuen Perspektive kennen
Auch wenn Sie denken „Ich kenne doch alle im Team“, empfehle ich in der Anfangszeit ausführlich Zeit für 1:1 Gespräche zu nehmen. Zwar wissen Sie aus Kolleg:innen-Sicht, was eine Person an Aufgaben gemacht hat und was für sie wichtig bei der Arbeit ist, nicht jedoch aus Sicht der Führungskraft des Teams. Somit sehen ihre Teammitglieder direkt, dass es Ihnen wichtig ist, sie aus ihrer neuen Rolle heraus zu sehen und wertzuschätzen.
5. Chefin und Freundin, geht das?
Vielen Coachees, mit denen ich arbeite, fällt es schwer, Teammitgliedern, mit denen sie befreundet sind, auch unbeliebte Aufgaben und negatives Feedback zu geben. Sie haben oft das Gefühl, Chef:in ODER Freund:in sein zu müssen. Ich finde, es geht auch Chef:in UND Freund:in! Machen Sie sich selber klar, dass Sie sich mit ihren Teammitgliedern auf einer persönlichen Ebene gut verstehen können und gleichzeitig auch klares Feedback geben können, wenn Aufgaben etwa nicht pünktlich fertig werden.
6. Neid ihnen gegenüber oder von einzelnen Teammitgliedern
Neid oder Missgunst könnten aufkommen, wenn sich andere Kolleg:innen auch auf ihre Stelle beworben haben. Hier ist es wichtig, dass ihre eigene Führungskraft ihren Teil dazu beiträgt, dass es für alle im Team klar ist, dass Sie aus Gründen XY für die Teamleitung ausgewählt wurden. Um ihnen langfristig die Unterstützung der Teammitglieder zu sichern, die sich ebenfalls auf ihre Stelle beworben haben, ist es aus systemischer Sicht wichtig, dass diese sich gesehen, gehört und wertgeschätzt fühlen. In einem Gespräch können Sie rausfinden, was es genau war, das sie dazu bewogen hat, sich auf die Rolle zu bewerben: Wenn es vielleicht darum ging, mit der Rolle mehr Visibilität im Unternehmen zu bekommen, schau als ihre Führungskraft, was Sie nun tun können, dass die Person über andere Wege mehr Sichtbarkeit bekommt, z.B. durch cross-funktionale Projekte.
Auch wenn der Schritt von Kolleg:in zum/r Chef:in Herausforderungen mit sich bringt, können Ihnen diese sechs Tipps den Start erleichtern. Als Food for Thought können Sie sich außerdem in die Schuhe ihres Teams stellen und sich die Frage stellen: Was würde ich als Teammitglied von mir als Chef:in erwarten oder wissen wollen?
Über die Autorin:
Katrin Grunwald ist Teamentwicklerin und Coach für First-Time Leader. Als Gründerin der Beratung „The Globe Team“ in München begleitet sie angehende Führungskräfte bei einem erfolgreichen Start in die erste Führungsrolle und Teams weltweit dabei, besser zusammenzuarbeiten. Sie wird in ihrer Kolumne konkrete Tipps und Tricks aus ihrer Erfahrung in europäischen Konzernen, Start-Ups, Regierungsorganisationen und NGOs teilen. Für alle, die auf dem Sprung in die erste Führungsrolle und darüber hinaus sind.