Interview mit Marcell Jansen: „Ich war schon immer reich“
STRIVE+ | Auf dicken Jachten das angesammelte Vermögen zu verchillen ist so gar nicht die Sache von Marcell Jansen (36). Der ehemalige Profi-Fußballer ist bodenständig aufgewachsen – und heute lieber unternehmerisch umtriebig. Dabei hat er auch schon mal siebenstellige Verluste eingefahren. Wie hat sich das angefühlt? Ein Gespräch über Geld.

Herr Jansen, erinnern Sie sich daran, womit Sie Ihr erstes Geld verdient haben? War das bei Mönchengladbach, wo Sie schon als Jugendlicher kickten?
Ja, ich habe dort mit circa 13 Jahren zum ersten Mal ein bisschen Fahrtgeld verdient. Mit 16 waren es wohl so 400 Euro im Monat.
Wie offen reden Sie über Geld?
Ich wurde offen erzogen. In meiner Familie gab es keinen Neid, eher eine große Arbeitsmoral. Meine Mutter hat bei Aldi im Lager gearbeitet, mein Vater war Warenannahmeleiter bei Kaiser’s Tengelmann. Wir wohnten in einer 60-Quadratmeter-Wohnung und konnten einmal im Jahr in den Urlaub ins Dreisternehotel fahren. Aber es war nicht gerade toll, wenn zeitgleich auch noch das Auto kaputtging. Von finanziellen Engpässen habe ich aber erst erfahren, als ich älter war. Ich bin, was das Thema angeht, unbeschwert aufgewachsen.
Kennen Sie das: sich etwas nicht leisten können?
Klar. Wenn ich teure Turnschuhe haben wollte, haben meine Eltern gesagt: „Weißt du, was die kosten? Dafür gehen wir nicht arbeiten.“ Ich habe das verstanden, denn ich habe ja um vier Uhr morgens die Türen gehört, wenn meine Eltern zur Arbeit mussten.
Mit dem ersten Profivertrag kam der ganz große Verdienst.
Wie fühlte sich das an? Als ich von der Jugend zu den Amateuren kam, habe ich schon 1.700 Euro brutto verdient. Ich wohnte damals noch zu Hause und dachte, ich wäre steinreich. Mir ist die Frage, wie es nach dem ersten Profivertrag war, oft gestellt worden. Ich habe sie nie verstanden und dann immer gesagt: „Ich war schon immer reich!“
War es komisch, plötzlich mehr Geld zu verdienen als die Eltern? Zwischen mir und meinen Eltern hat sich durch das Geld nichts verändert, da herrschten ganz andere Wertvorstellungen. Wenn ich deswegen durchgedreht wäre, hätten sie mich rausgeschmissen. Ich habe einfach mehr gespart und konnte meinem Vater zum 50. Geburtstag sein Traumauto kaufen, einen BMW X5. Vorher fuhr er einen Renault Clio mit bunten Punkten. Meine Eltern haben nach meinem Profivertrag eins zu eins so weitergelebt und -gearbeitet wie vorher.
Kennen Sie immer Ihren genauen Kontostand?
Nicht auf die Sekunde, man kann sich ja auch verrückt machen. Ich setze mich einmal im Monat mit meinem Finanzverwalter zusammen und bekomme eine Übersicht über alle Konten, Beteiligungen, den Liquiditäts- und Vermögensstatus. Ich habe zum Geld ein entspanntes Verhältnis, weil ich weiß, wie ich auch mit weniger auskomme. Ich habe zwischendurch auch mal wieder auf 50 Quadratmetern gewohnt, weil es für die Umstände gerade Sinn machte. Das geht auch.
Wie verdient man im Fußball eigentlich Geld?
Pauschal lässt sich das nicht sagen. Es gibt leistungsbezogene Verträge, Auflauf-, Sieges- und Titelprämien. Die Spieler, die weit über zehn Millionen im Jahr verdienen, sind bei Bayern. Dann kommen die Dortmunder mit maximal fünf bis zehn Millionen. Wenn man am Wochenende ein internationales Spiel gewonnen hat, scheppert es – mit Punktprämien zwischen 10.000 und 20.000 Euro. Ich selbst lag mit meinem Verdienst im oberen Drittel.
Warum haben Sie schon mit 29 mit dem Fußball aufgehört? Das Geld floss doch noch ... Ich hätte sicherlich noch für drei oder vier Jahre ins Ausland gehen können, wo man netto verdient. Das war mir irgendwie zu einfach. Ich fürchtete, das Momentum für die Investition in Startups und meine Persönlichkeitsentwicklung zu verpassen.
Wie investieren Sie?
In der Anfangsphase habe ich in eigene Immobilien angelegt. Nach meinem ersten Spitzenvertrag bei Bayern habe ich ein Haus für meine Eltern und mich gebaut und großen Spaß daran gehabt. Später habe ich einen Bungalow restrukturiert und dann mit Riesengewinn verkauft. So bin ich zum Immobilienentwickler mit Objekten in Deutschland und Spanien geworden. Mein Geld ist in Immobilien, Startups und zu einem großen Teil in risikoarme Vermögensanlagen angelegt. Aktien habe ich gar nicht. Bevor ich da investiere, möchte ich mehr vom Thema verstehen.
Welche Startups sind im Portfolio?
Ich habe einen Fokus auf Unternehmen im Health- und Health-Care-Bereich. Ich möchte Menschen den Zugang, den ich als Profispieler zu solchen Themen hatte, ermöglichen. Das Startup S’TATICS ist ein Lifestyle-Sanitätshaus mit dem Angebot von Top-Sportler:innen für jedermann. Dort gibt es Produkte, die früher nur Privilegierten zur Verfügung standen. Mit guten Schuh-Einlagen etwa hätte mein Vater seine Bandscheibenprobleme vermeiden können. Außerdem habe ich eine Beteiligung im Bereich Männerpflege.
Beim Startup Groomed Rooster, Intimpflege für Männer. Wie ist das passiert? Wenn man Produkte für die Achseln, den Schritt oder die Intimpflege sucht, findet man keine Marke, mit der man sich identifizieren kann. Im Zuge des Zeitgeistes merken Männer aber, dass man sich auch abseits des Kopfes pflegen kann.
Womit genau?
Groomed Rooster bietet Produkte in guter Qualität und ohne Mikroplastik etc. Als Sportler dusche ich viel und rasiere meine Achseln wegen der Funktionskleidung. Da brauche ich etwas, damit die Haut nicht juckt und austrocknet. Zum Beispiel „Le Coq Rock“, eine Intimpflege für Männer, die Schweiß bindet und in Achseln und Schritt gegen Wundreibung schützt.
Wird man im Fußball verspottet, wenn man sich mit juckenden Intimbereichen beschäftigt?
Das ist klar eine Provokation und hat für Furore gesorgt. Ich wurde tatsächlich vor dem Risiko gewarnt. Aber das Thema zu brechen ist doch spannend.
Wie viel investieren Sie in ein Startup? Ich stelle meist ein Ticket zusammen. Bei Groomed Rooster haben wir als Gründer circa 200.000 Euro investiert. Schon allein weil der Glaube ans Startup sonst nicht authentisch ist. Dazu bringe ich mich als bekanntes Gesicht ein, helfe, Investor:innen zu finden. Wir verstehen uns als Gründer, weniger als Investoren.
Haben Sie schon mal richtig Geld in den Sand gesetzt? Ich habe mal mit einem eigenen Startup eine App namens Picue auf den Markt gebracht – eine Art Instagram für Mannschaften und Freundeskreise. Die Entwicklung war unendlich teuer und die Investor:innen hierzulande nicht gerade risikofreudig. Damit habe ich eine deutlich siebenstellige Summe verloren.
Wie weh tat das?
Das war schon ein herber Schlag, der mich aber wirklich weitergebracht hat. Die Motivation war nicht das Geld, sondern die Idee. Ich würde sie im Ausland durchaus noch einmal angehen. Am Ende des Tages kann ich sagen, dass ich alles, was ich als Unternehmer investiert habe, auch wieder raus- und mehr dazubekommen habe. Im Leben kommt doch alles zurück.
Ohne welches Statussymbol kommen Sie nicht aus?
Ich kann mir ein Zuhause leisten, das groß genug ist, um dort mit vielen lieben Menschen zusammenzukommen. Aber man wird bei mir kein T-Shirt für 600 Euro finden, das in der Herstellung nur ein paar Euro kostet. Da kommt man sich als Unternehmer auch verarscht vor. Ich fahre Smart und Vespa. Aber ich hate auch nicht, wenn jemand mit dem Ferrari vor- fährt. Auch das habe ich von meinen Eltern gelernt: gönnen, nicht neiden.

Zur Person:
Marcell Jansen wurde 1985 in Mönchengladbach geboren. Als Profifußballer hat er u.a. beim FC Bayern München, beim Hamburger SV und in der Nationalmannschaft gespielt. Nach dem Ende seiner aktiven Karriere 2015 wurde er Unternehmer. Heute ist er u.a. an diversen Food-Startups sowie orthopädischen Shops beteiligt. Und quasi nebenbei baut er als Präsident den HSV um. Besonders viel Aufmerksamkeit brachte ihm die Co-Gründung von Groomed Rooster: Das Beauty-Startup bietet Intimpflege für Männer an.