STRIVE Redaktion

vor 8 Tagen

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Wie Tandemploy den Exit schaffte

Das Startup Tandemploy hat mit seiner Jobsharing-Idee den Bereich New Work in Deutschland mit vorangetrieben. Im Februar 2022 verkauften die beiden Gründerinnen, Anna Kaiser und Jana Tepe, Tandemploy an das globale HR-Unternehmen Phenom. Im Interview sprechen die beiden über ihre Übernahme und die vielen Veränderungen.

Wie Tandemploy den Exit schaffte

Das Startup entwickelt eine hochinnovative Enterprise Software, die die eingefahrenen Strukturen in Unternehmen aufbricht, indem sie Mitarbeitende für kollaborative Arbeits- und Lernformen vernetzt. Foto: Tandemploy

Anfang Februar wurde Euer Exit und der Verkauf von Tandemploy an Phenom bekannt. An welchem Punkt steht die Übernahme gerade?

Jana Tepe: Wir sind aktuell mitten in der Integrationsphase. Jetzt geht es darum zu schauen: Wie sehen die neuen Rollen für unser Team aus? Wie binden wir unsere Software und alle unsere Bereiche bei Phenom ein?

Am Ende soll die Tandemploy-Software viel stärker international zum Einsatz kommen. Was heißt das für Euer Produkt?

Anna Kaiser: Tandemploy wird in der Phenom Lösung aufgehen, indem wir den Bereich Employee Experience und den Aufbau von internen Talent-Marktplätzen verstärken. Künftig soll die Software überall auf der Welt zum Einsatz kommen. Das heißt, sie muss zu unterschiedlichen Arbeitsmärkten passen – und allein in Europa variiert die Situation schon sehr von Staat zu Staat. Anna und mir kommt deshalb künftig die Aufgabe zu, Phenom als Leader in Europa beim Wachstum helfen, die Standorte weiter auszubauen – und dabei die unterschiedlichen Gegebenheiten in der EMEA-Region und insbesondere in Europa zu beachten. Was gilt es beim Datenschutz zu beachten? Wie muss unsere Software aussehen, damit sie von Betriebsräten akzeptiert wird? In diesen Fragen bringt unser Team bereits sehr viel Expertise mit und bringen wir unser Wissen nun bei Phenom ein.

Immer mehr Firmen suchen bei offenen Stellen nach Potential im eigenen Haus und wollen dafür auf Tandemploy setzen.

Mit dem Schritt werdet ihr von Gründerinnen zu Managerinnen. Wie fühlt sich das an?

Jana Tepe: Für uns ist das gerade eine spannende Phase: Einerseits sind wir noch in der Geschäftsführung von Tandemploy und achten darauf, dass bei der Integration mit Phenom die Stärken von beiden Unternehmen genutzt werden. Gleichzeitig starten wir schon Stück für Stück in den neuen Positionen. Ich werde künftig das Marketingteam für die Region Europe, Middle East and Africa (EMEA) aufbauen. Anna wird für den europäischen Markt eine Netzwerker-Rolle einnehmen, Events veranstalten, Vorträge halten und die Themen weiterdenken, die Phenom aufgreifen kann.

Das klingt nach viel Veränderung. Wieso habt ihr euch dafür entschieden, Tandemploy zu verkaufen?

Jana Tepe: Tandemploy war in der Pandemie so nachgefragt, dass wir dieses Potential besser nutzen wollten. Als wir gestartet sind, haben wir lange überlegt, wie wir unser Produkt nennen. Spätestens seit der Pandemie ist Talent Marketplace ein feststehender Begriff. Immer mehr Firmen suchen bei offenen Stellen nach Potential im eigenen Haus und wollen dafür auf Tandemploy setzen. Unser Geschäftsmodell ist in dieser Zeit durch die Decke gegangen.

Warum habt ihr aber gerade dann verkauft?

Anna Kaiser: Wir haben gemerkt, dass rund um den Talent Marketplace ein Riesenmarkt entstanden ist. Wir hatten also plötzlich weltweite Konkurrenz – auch von riesigen Tech-Firmen. Zwar hatten wir die Erfahrung und den Wissensvorsprung und haben so in Ausschreibungen gegenüber den Wettbewerber:innen gewonnen, verglichen mit ihnen waren wir aber ein super kleiner Player. Uns war klar: Wir müssen wachsen! Wir hätten dafür entweder selbst ein sehr großes Funding aufnehmen oder uns ein weiteres Unternehmen suchen können, das uns perfekt ergänzt und mit dem wir den nächsten Schritt gemeinsam gehen.

Wieso ist die Wahl auf Phenom gefallen?

Jana Tepe: Wir wollten groß denken und uns ein Unicorn im HR-Tech-Bereich suchen, das uns auf eine höhere Stufe der Skalierung hebt. Mit Phenom war das möglich, wir haben von einem Tag auf den anderen 1600 neue Kolleg:innen bekommen. Gleichzeitig hat Phenom einen ähnlichen Anspruch wie wir: Beim Aufbau der Software von den Menschen auszugehen und für sie den größtmöglichen Nutzen zu schaffen. Wir wollten eine Firma haben, die sich genauso hohe Ziele steckt wie wir, die aber auch kulturell zu uns passt und wo wir auf Augenhöhe Verantwortung übernehmen und mitgestalten können. Das haben wir bei Phenom gefunden.

Wenn man so viele Jahre ein Unternehmen aufbaut und führt – ist euch der Exit da nicht trotzdem schwergefallen?

Anna Kaiser: Es war ein längerer Prozess, bis wir zu dem Entschluss gelangt sind. Wir wollten den größtmöglichen Impact generieren und die Arbeitswelt so ein Stück mitgestalten. Als eine Firma mit einem 30-köpfigen Team konnten wir aber nur schwer gegen die zunehmende Konkurrenz ankommen. Als wir erkannt haben, dass wir mit Phenom Kund:innen auf der ganzen Welt erreichen können, war die Entscheidung relativ leicht. Aber es hat etwas gedauert, gedanklich an diesen Punkt zu kommen.

Wie habt ihr diesen Schritt vorbereitet?

Jana Tepe: Wir haben uns Unterstützung von einer M&A-Boutique geholt und unsere Team-Leads schnell ins Boot geholt. Später haben wir mit Phenom besprochen, dass wir das gesamte Team einweihen dürfen. Das war genau der richtige Schritt, denn wir haben uns sehr viel Zeit genommen und unser Team konnte sich so gedanklich in Ruhe damit befassen, was der Schritt für sie bedeutet. Das würde ich auf jeden Fall wieder so machen.

Was habt ihr rund um den Exit als besonders herausfordernd erlebt?

Anna Kaiser: Bei jedem Prozess – nicht nur bei der Integration, sondern auch im Vorfeld bei der Due Diligence – ist das anstrengendste, die viele verschiedene Parteien zu orchestrieren. Wir mussten nicht nur das Team abholen, sondern auch die Investor:innen, die alle unterschiedliche Meinungen zu unserer Entscheidung hatten. In dieser Situation wird Führung noch mal auf ein ganz anderes Level gehoben. Wir haben in dieser Zeit aber auch viel gelernt.

Was müsste in Zukunft passieren, damit ihr sagt, der Schritt war richtig?

Jana Tepe: Die Vision von Phenom heißt übersetzt: „einer Milliarde Menschen dabei zu helfen, den richtigen Job zu finden“. Wenn wir da unseren Beitrag leisten können und dafür sorgen, dass Menschen in ihren Unternehmen weiterhin glücklich sind, dann ist das eine Riesen-Errungenschaft. Wenn es uns gelingt, unsere Software so gut integrieren, dass wir Menschen und Firmen weltweit dabei helfen, anders zu arbeiten, dann haben wir unser Ziel erreicht.

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