STRIVE Redaktion

30. Juli 2022

7 Min. Lesedauer

„Social Impact ist die Zukunft der deutschen Wirtschaft“

Interview I Teilen macht glücklich! So lautet das Motto von share, der Social-Impact-Marke. Die Idee dahinter? Mit jedem Kauf wird ein soziales Projekt unterstützt und etwas Gutes getan. Iris Braun ist eine der Gründer:innen von share. Wir haben mit ihr über die Gründung, das Geschäftsmodell und ihre Mission gesprochen.

„Social Impact ist die Zukunft der deutschen Wirtschaft“

Foto: Max Threlfall

Frau Braun, mittlerweile ist share fünf Jahre alt und hat über 100 Produkte im Sortiment. Wie ist die Idee damals entstanden?

2017 haben Sebastian Stricker, Ben Unterkofler, Tobias Reiner und ich share gegründet. Wir alle waren und sind immer noch durch einen Wunsch vereint: Wir wollen positiven gesellschaftlichen Nutzen im großen Stil kreieren und haben mit share unsere Vision von sozialem Konsum Wirklichkeit werden lassen. Wir wollen es Menschen so einfach wie möglich machen, im Alltag Gutes zu tun.

Wie funktioniert das Geschäftsmodell?

share ist eine Social-Impact-Brand. Während sich NGOs nach sozialem Nutzen ausrichten und herkömmliche Wirtschaftsunternehmen nach Profitmaximierung vorgehen, sind wir sozusagen in der Mitte. Wir maximieren nach sozialem Nutzen mit wirtschaftlichen Mitteln. Unser Gründungsvertrag sieht vor, dass keine Gewinne erzielt werden können, ohne vorher einen bedeutenden sozialen Nutzen zu generieren.

Was heißt das genau: Also was passiert, wenn ich eine Flasche Wasser von share kaufe?

Bei uns ist die Spende an den Umsatz – und nicht an den Gewinn – gekoppelt. Dabei spendet jedes Produkt und auch immer gleich viel Geld. Egal, ob wir dabei zum Beispiel wegen gestiegener Rohstoffkosten Verlust oder doch Gewinn machen. Kauft man zum Beispiel eine Flasche Wasser von share wird ein Tag sauberes Trinkwasser an einen Menschen in Not gespendet. Das bedeutet jedes verkaufte Wasser spendet mindestens 20 L sauberes Trinkwasser pro Tag. So konnten insgesamt bereits 40 Millionen Tage Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglicht werden.

In welche sozialen Projekte fließt das Geld, das share einnimmt?

Wir arbeiten mit erfahrenen Organisationen wie dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, Aktion gegen den Hunger oder der Tafel Deutschland zusammen, haben aber auch kleinere lokale Partner:innen wie Fundifix (in Kooperation mit der Oxford Universität) oder Cleanhub. Scannt man den QR-Code auf unseren Produkten ein, sieht man genau, wie viel das gekaufte Produkt spendet und in welches Projekt die soziale Spende fließt.

Die Preise für Ihre Produkte liegen auf dem Niveau anderer Anbieter. Trotzdem spenden Sie einen beträchtlichen Teil. Wie gelingt das?

Unser Geschäftsmodell basiert darauf, dass sich gesellschaftliche Verantwortung und Wirtschaftlichkeit verstärken. Um sozialen Konsum im Massenmarkt zu etablieren, arbeiten wir mit professionellen Organisationen zusammen und setzen soziale Projekte in großem Stil um. Dadurch ist der nötige finanzielle Aufwand zum Beispiel für das Bereitstellen einer Mahlzeit häufig viel günstiger als man denkt: Es kostet die Vereinten Nationen weniger als 1 Euro, um eine Person einen Tag lang zu ernähren.

Bis 2025 wollen wir über eine Milliarde Mal teilen und so Menschen unterstützen.

Warum setzen Sie nicht auf das Spendenmodell von NGOs?

share setzt beim Alltagskonsum an, da dieser unserer Meinung nach, das größte Potential hat, wirklich etwas zu verändern. Als Vergleich: Das jährliche Spendenaufkommen der Deutschen liegt bei ca. 5 Milliarden Euro. Die jährlichen Konsumausgaben hingegen bei ca. 255 Milliarden Euro. Wenn wir es schaffen, dass noch mehr Unternehmen, unsere Vision mittragen und anteilig ähnlich viel spenden wie wir, wäre das ein gigantischer Unterschied für soziale Zwecke.

Wie bringen Sie wirtschaftliche und soziale Ziele unter einen Hut

Natürlich geht’s dabei um die Balance, und es wäre gelogen, zu sagen: das ist einfach. Aber genau das ist ja das Geschäftsmodell von share. Wir haben eine klare Vision vor Augen. Danach richten wir unser gesamtes Handeln im Unternehmen aus. Dabei wirtschaftlich zu bleiben kann nur mit einer vorausschauenden Geschäftsführung funktionieren. Für unsere soziale Komponente haben wir eine extra Abteilung, die sich nur mit den Projekten beschäftigt, die share unterstützt.

Seit seiner Gründung ist share enorm gewachsen, schreibt aber trotzdem noch rote Zahlen. Wie gehen Sie und Ihre Investor:innen damit um?

Wir machen einen guten zweistelligen Umsatz im Millionenbereich und sind - obwohl Corona nicht spurlos an uns vorbeigegangen ist - im starken zweistelligen Prozentsatz gewachsen. Und wir haben Großes vor: Bis 2025 wollen wir über eine Milliarde Mal teilen und so Menschen unterstützen. Wenn wir das schaffen, wissen wir auch, dass wir letztendlich profitabel arbeiten können. Das sehen wir auch jetzt gerade, auch wenn Wachstumsinvestitionen nötig sind.

Wenn kein Mensch auf der Welt mehr an Hunger leiden muss, haben wir unsere Mission erfüllt!

Die Zahl der Sozialunternehmen ist in den vergangenen Jahren immer weiter gewachsen. Welche Rolle spielen sie in Zukunft in der deutschen Wirtschaft?

Je mehr Unternehmen ihr Wirtschaften einem sozialen oder ökologischen Purpose widmen, desto mehr können wir gemeinsam erreichen. Auch die Konsument:innen befürworten das. Laut einer Studie sehen acht von zehn Deutschen Social Impact nicht als Trend, sondern als das Kaufkriterium der Zukunft. Ich bin deshalb überzeugt davon, dass Social Impact die Zukunft der deutschen Wirtschaft ist.

Auch bei etablierten Konzernen findet allmählich ein Wandel zu mehr Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit statt. Warum braucht es Sozialunternehmen trotzdem weiterhin?

Ich finde es super, wie viele Unternehmen mittlerweile für soziale und ökologische Zwecke einstehen. Wir sehen uns dabei als Rolemodel, das andere Unternehmen dazu inspiriert. Außerdem ist es für kleinere Unternehmen wie uns oft leichter, Innovationen anzustoßen. Wir haben zum Beispiel die erste hundertprozentig recycelte Wasserflasche auf den deutschen Markt gebracht – das war in der Umsetzung viel einfacher als gedacht. Es muss aber bei irgendjemandem als erste Priorität stehen. Hier können kleinere Unternehmen freier agieren.

Was muss erreicht sein, damit Sie sagen, share hat seine Mission erfüllt?

Wenn kein Mensch auf der Welt mehr an Hunger leiden muss, haben wir unsere Mission erfüllt!

Über die Person

Iris Braun (33) ist Co-Gründerin und Chief Product Officer bei share. Sie hat die Produkte und Projekte mit den Sozialpartner:innen von share entwickelt und leitet nun das internationale Geschäft. Ihre Karriere startete sie bei der Boston Consulting Group, wo sie an der Strategie für Konsumgüterunternehmen und für das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen arbeitete. Danach war sie als Wissenschaftlerin an verschiedenen Entwicklungsprojekten beteiligt. Ihre Arbeit führte sie nach Ruanda, Bangladesch und Indien, wo sie auch mehrere Jahre lebte.

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