Zur Ärztin, Gründerin und Mutter – in einem Jahr
Mein Private-Setup | Bei unserem neuen Format "Mein Private-Setup" erzählen uns beeindruckende Frauen über ihr Berufs- und Privatleben, wie sie Arbeit und Familie vereinbaren, welche Tools ihnen dabei helfen und geben Tipps, für Frauen, die das Abenteuer noch vor sich haben. Den Anfang macht Ärztin, Gründerin und Mutter, Dr. Michaela Hagemann.
Bei Michaela ging alles Schlag auf Schlag. Im letzten Jahr Ihres Medizinstudiums brachte sie ihr erstes Kind zur Welt und gründete aus Not kurz danach die Naturkosmetik Marke boep für Babypflegeprodukte. Als erfolgreiche Gründerin gehörte Dr. Michaela Hagemann 2019 zu Forbes "30 under 30" und zeigt uns, wie man alles unter einen Hut bringen kann.

Wie lautet Ihr Jobtitel und wie lange bekleiden Sie diesen Job schon?
Seit 2015 bin ich Gründerin und Geschäftsführerin der das boep GmbH. Wir stellen Naturkosmetik für die ganze Familie her und verkaufen diese in über 2500 Partnerfilialen in der DACH Region. Gegründet habe ich die Firma, als ich gegen Ende meines Medizinstudiums Mutter wurde und auf der Suche nach geeigneten Pflegeprodukten für meine eigene Tochter war. Als ich einfach nicht fündig wurde, habe ich kurzerhand meine eigene Serie entwickelt - mein babyoelprojekt, kurz boep, entstand.
Was hat Sie dazu bewegt als Ärztin ein Naturkosmetik Unternehmen zu gründen?
Durch das Studium ist mein Bewusstsein für Inhaltsstoffe gewachsen. Als ich dann zum ersten Mal schwanger war, habe ich mich intensiv damit auseinandergesetzt, was in Babypflegeprodukten enthalten ist - und was dort eigentlich nichts zu suchen haben sollte. So fielen viele Produkte im Drogerieregal durch, weil sie synthetische Konservierungsstoffe, Mineralöle oder Plastik-Derivate enthielten. Aber auch die bisherige Naturkosmetik konnte mich nicht wirklich überzeugen, denn die Vorstellung, dass mein Kind den ganzen Tag wie ein Kräutertee riecht, hat mir nicht so gefallen. Irgendwann ließ mich die Idee nicht mehr los, dass es Zeit für natürliche Pflegeprodukte war, die wirklich überzeugen: sowohl von den Inhaltsstoffen, als auch vom Duft und vom Design.
Wie lange sind Sie schon Führungskraft?
Bereits 2016, etwa ein Jahr nach der Gründung der das boep GmbH und ein paar Monate nach dem Launch des Onlineshops, habe ich meine ersten Mitarbeiter:innen eingestellt: Zwei Mütter in Teilzeit. Das war die beste Entscheidung, denn so hatte ich Sparringspartner, die die Zielgruppe so gut kannten wie ich, und Unterstützung zugleich. Von Anfang an waren die Hierarchien bei uns sehr flach, jede/r durfte seine/ihre Ideen einbringen und wir sind als Team gewachsen. Bisher haben alle Mitarbeiter:innen bei uns immer eine Leidenschaft für die Produkte entwickelt und sind selber zu kleinen boep-Botschafter:innen geworden. Das ist für mich das schönste Kompliment als Chefin.
Haben Sie Kinder? In welchem Alter haben Sie sie bekommen?
Meine erste Tochter bekam ich am Ende des Medizinstudiums mit 24 Jahren, meine zweite Tochter mit 27 und nun meine dritte mit 30.
Was haben Sie für ein familiäres Setup?
Mit meinem Mann wohne ich in Mainz und glücklicherweise kann ich auf viel familiäre Unterstützung in der Umgebung zählen.
Wie organisieren Sie Ihr Berufs- und Privatleben? Wo liegen Unterschiede?
Vor Corona hätte ich geantwortet, dass ich das gut trennen kann - seitdem fließen einfach alle Bereiche ineinander. Homeoffice während man die eine Tochter beschult, die andere beschäftigt und die dritte füttert. Aber so langsam kehrt wieder etwas Ruhe ein!
Wer unterstützt Sie dabei?
Meine Familie wohnt glücklicherweise in der Nähe, meine Eltern und meine Schwester. Außerdem haben wir einige Babysitter, die uns unterstützen.
Wie sieht die Arbeitsteilung bei ihnen zuhause aus?
Mein Mann und ich kümmern uns gemeinsam, er übernimmt zwei volle Tage in der Woche, ich die anderen drei Tage. So hat jeder Tage, an denen er sich voll auf die Arbeit konzentrieren kann, aber eben auch Zeit mit den Kindern.
"Ich schaffe nichts ohne meine ToDo-Listen und meinen Kalender. Es sind einfach zu viele Dinge geworden, an die man denken muss." – Dr. Michaela Hagemann
Welche Tools helfen Ihnen im Alltag?
Ich schaffe nichts ohne meine ToDo-Listen und meinen Kalender. Es sind einfach zu viele Dinge geworden, an die man denken muss. Zum Kommunizieren mit Freunden oder Bekannten, die nicht mehr in der Nähe wohnen, nutze ich oft soziale Medien. Meine liebste Gruppe sind die MumDocs, gegründet von meiner Studienkollegin Katrin Singer: Dort treffen in der App Siilo Ärztinnen aufeinander, die zugleich Mütter sind, und tauschen sich zu medizinischen, aber auch alltagsrelevanten Themen aus.
Wie schalten Sie so richtig ab?
Gute Frage, kommt eher selten vor.
Wie halten Sie sich fit (psychisch und physisch)?
Ich versuche zweimal die Woche joggen zu gehen oder Yoga zu machen, denn ich merke, wie gut mir das tut. Danach fühle ich mich wieder lebendiger und kann oft auch bessere Entscheidungen in meinem Unternehmen treffen.
Wie hat das Homeoffice Ihr Setup verändert?
Vollständig. Ich fand es sehr schwer alles miteinander in Einklang zu bringen und allen gerecht zu werden: meinen Kindern, neuen Mitarbeitern, beruflichen Herausforderungen.. Ich gehe gerne ins Büro und kann mich dort viel besser konzentrieren als zuhause, wo mich immer die Wäsche oder dreckiges Geschirr anlacht.
Was ist in ihrem bisherigen Werdegang anders gelaufen, als Sie geplant hatten?
Eigentlich alles. Ich war am Ende meines Medizinstudiums, als ich gegründet habe. Ich wollte als Ärztin arbeiten und war auf einmal Vollzeit-Unternehmerin. Aber es lief einfach von Anfang an so viel besser als gedacht, dass ich die Chance ergreifen musste.
Welchen Tipp würden Sie jungen Frauen vor der Geburt ihres ersten Kindes mitgeben?
Lassen Sie sich nicht verunsichern und hören Sie auf Ihr Bauchgefühl! Gerade als junge Mutter trifft man viele, die alles mögliche vermeintlich besser wissen und das auch ganz offen sagen. Also vergessen Sie nie: SIE sind die beste Mutter für Ihr Kind.
Was würden Sie retrospektiv anders machen bei der Familienplanung?
Rückblickend hätte ich gerne 1-2 Jahre gearbeitet, bevor ich zum ersten Mal Mutter wurde. Allerdings hätte ich dann vermutlich nicht mehr gegründet. Kurzum: eigentlich hat alles so seine Richtigkeit.
Was war die größte Schwierigkeit bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf?
Die größte Herausforderung ist eine eigene Balance zu finden, weil es wirklich super anstrengend ist. Außerdem fühlt man sich, als müsse man sich ständig rechtfertigen. Mein Tipp: einfach nicht mehr rechtfertigen, vor allem nicht vor sich selber.
Über die Autorin:
Maxine Kettler ist Werkstudentin für Content Creation bei STRIVE. Für STRIVE Online interviewt sie Persönlichkeiten aus der Wirtschaft und spannende Rolemodels. Die gebürtige Hamburgerin beschäftigt sich außerdem mit Lifestyle- Themen. Maxine studiert Medien- und Kommuniktionsmanagement und arbeitete zuvor im Influencer Marketing.