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Wie Frau zur Spitzenmanagerin wird

STRIVE Redaktion

Was können sich Frauen von weiblichen Role Models aus aller Welt, die bereits erfolgreich hohe Positionen erreicht haben, lernen? Diese Frage untersucht die Karriereexpertin und Wissenschaftlerin Dr. Bettina Al-Sadik-Lowinski.


Foto: Dr. Bettina Al-Sadik-Lowinski

Was können Frauen von weiblichen Role Models aus aller Welt, die bereits erfolgreich hohe Positionen erreicht haben, lernen? Diese Frage untersucht die Karriereexpertin und Wissenschaftlerin Dr. Bettina Al-Sadik-Lowinski, die seit vielen Jahren Frauen und Männer im internationalen Top Management berät und coacht. Für ihr neues Buch „Der Aufstieg der Topmanagerinnen“ interviewte sie über 110 international erfolgreiche Managerinnen in einer wissenschaftlichen empirischen Forschung. Mit STRIVE teilt sie ihre Top Learnings aus den Gesprächen und beschreibt die Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten der Karrierewege der Frauen.


Was war Ziel Ihrer langen internationalen Forschung, die Sie unter anderem in Russland, China, Japan, Frankreich und Deutschland durchgeführt haben?

Ich möchte einen Beitrag leisten zur Förderung von qualifizierten Frauen, die im Management aufsteigen wollen. Meine internationale Arbeit in den verschiedenen Ländern zeigte mir neben den Gemeinsamkeiten der Topmanagerinnen auch Unterschiede auf und ich denke, dass diese Besonderheiten aus anderen Nationen für viele Frauen bei uns entscheidende Wettbewerbsvorteile bringen könnten. Wir haben sich in Deutschland noch einiges an struktureller Arbeit zu leisten für mehr Gleichheit in den Führungsebenen. Mein Blick geht primär zu den Frauen und dem, was sie kurzfristig für sich selber erreichen können. Da ist trotz der im internationalen Vergleich suboptimalen Rahmenbedingungen -Deutschland rangiert in meinem Ländervergleich weit hinten- viel Raum für jede Frau selber hier ihre Interessen voranzubringen.


Was sind Beispiele dafür, was wir uns in Deutschland von den Topmanagerinnen anderer Länder abschauen können?

Für eine gehobene Leitungsfunktion ist die Fähigkeit, das Große und Ganze zu sehen und die Vorstellungskraft für große Veränderungen zum Beispiel etwas, was den Unterschied machen kann zwischen einer Funktion in der Mitte und der der Chefin. Die russischen Topmanagerinnen sehen in ihrer Visionskraft und ihrem rhetorischen Geschick diese auch zu vermitteln eine große Stärke. Es geht dabei darum eine Zukunftsvision eines Unternehmens oder von Geschäftsbereichen zu entwerfen und die Mitarbeiter dafür zu begeistern. Die Frauen der anderen Länder billigen diese Fähigkeit eher Männern zu.

Die französischen Topmanagerinnen bestechen vor allem über ihre Konfliktfähigkeit und eine besondere starke Durchsetzungsfähigkeit. Sie setzen eine Mischung aus Intellekt und Angriffsfreude ein, um ihr Gegenüber bewusst in die Defensive zu bringen.

Die Japanerinnen sind Ausnahmeerscheinungen in der Untersuchung, da sie aus dem Land mit den geringsten Anteilen von Frauen im Seniormanagement kommen. Gefolgt übrigens von Deutschland. Sie zeichnen sich durch eine große Flexibilität und Veränderungsbereitschaft aus, um an die Spitze großer Wirtschaftsunternehmen zu gelangen. Genau wie die Chinesinnen. Diese sind Meisterinnen des „Wandels zwischen Kulturen“ und zeichnen sich durch ein hohes Maß an Global Mindset aus. Diese Grundhaltung befähigt sie, sich feinste kulturelle Unterschiede bewusst zu machen und im Führungsalltag erweist sich ihre interkulturelle Kompetenz als ausgesprochen wertvoll – und ihr Wissen auch strategisch zum eigenen Vorteil nutzen.

Unsere deutschen Topmanagerinnen beschreiben eine besondere Fähigkeit Transformationsprozesse zu führen und überzeugen als analytische Expertinnen. Bei einigen dauerte es am Anfang der Karriere etwas länger sich von Stereotypen und Umfeld Einwirkungen frei zu machen, um dann durchzustarten. Dieses sind nur einige Beispiele aus den Ländern.


Worauf kommt es Ihrer Meinung nach in erster Linie an, wenn eine Frau im Management ganz nach oben will?

Eine hochqualifizierte Ausbildung und der Aufbau von Managementkompetenzen sind nur die Basis für einen Aufstieg in hohe Managementfunktionen. In diesen Bereichen sind Frauen bei uns vielfach top. Daneben kommen aber andere Faktoren zum Tragen, die man nicht einfach so im Leadership Seminar lernt. Zuerst muss die innere Bereitschaft für einen Aufstieg ganz nach oben gegeben sein als intrinsischer Antrieb. Dazu gehört, dass sich Frauen aktiv für eine Karriere entscheiden und dieses unbeirrt vom Umfeld tun. Eine sportliche Einstellung zum Wettbewerb und ein ausgeprägter Erfolgswille, sowie die Fähigkeit Rückschläge als Lernchance zu sehen, konnte ich bei allen befragten Frauen beobachten. Außerdem hatten alle eine strategische Herangehensweise an das Thema Aufstieg, verbunden mit der Fähigkeit Chancen zu erkennen, zu suchen und selber zu kreieren. Daneben ist es sehr wichtig früh die Strukturen und politischen Zusammenhänge im Unternehmen zu verstehen und letztendlich für sich selber zu nutzen. Ein gutes internes Netzwerk und gute Verbindungen zu den Entscheidungsträgern sind dafür unerlässlich. Frau muss natürlich auch signalisieren, dass sie weiter will. Und im Konzern gehört anders als in der Selbständigkeit ein gutes Maß an interner Anpassungsfähigkeit dazu und das richtige Gefühl für den entscheidenden Zeitpunkt und den Umgang mit Entscheidungsträgern. Je tragfähiger Beziehungen aufgebaut werden, umso besser. Das können Frauen wunderbar, aber zu viele konzentrieren sich ausschließlich auf die Sache anstatt ihre Aufstiegskompetenz auszubauen. Vieles kann man lernen, den Blick schärfen, sich von erfahrenen Frauen etwas abschauen. Daher mein Buch mit den vielen Rollenmodellen.


Tipps für Frauen, die im Management weiter aufsteigen wollen;


  1. Den eigenen Karrierewillen definieren, je eher umso besser: Für sich selber klären, was man will, wie hoch es gehen soll und warum.

  2. Vom Urteil anderer frei machen: Gerade bei uns ist es wichtig, sich von Stereotypen (Stichwort Rabenmutter und egoistische Karriereemanze) zu befreien und sich dafür Anregungen aus anderen Umfeldern zu holen.

  3. Prioritäten klären: Ein Aufstieg in hohe Managementpositionen bedeutet realistisch gesehen, dass Frau der Karriere den ersten Platz einräumen muss. Kinder, Wohnort, Freizeit, Partner, Eltern- hier müssen flexible Ansätze und viel Unterstützung her, damit Frauen ihre Karrierepfade weiter ausbauen können.

  4. Strategische Karriereplanung: Zu Beginn des Studiums, im mittleren Management oder in späteren Karrierephasen- zu jedem Zeitpunkt ein gezieltes Durchspielen der besten Alternativen mit erfahrenen Unterstützern.

  5. Aufstiegskompetenzen aufbauen: Zusätzlich zu noch fehlenden Managementkompetenzen Insiderwissen erwerben, welches für den Aufstieg und kontinuierlichen Erfolg in hohen Funktionen unerlässlich ist. Stichwort: Machtstrukturen.

  6. Unterstützung aktiv suchen: Mentoren, qualifizierte Coaches und Netzwerke. Erfolgreiche Rollenmodelle profitieren von den Erfahrungen anderer und bauen sich selber ihr Supportboard.

  7. Private Entscheidungen auf das Ziel ausrichten: Die Wahl eines unterstützenden Partners bzw. das Durchkämpfen eigener Wünsch ein der Beziehung, sowie der Aufbau und Investition in eine vertrauensvollen Betreuungsinfrastruktur- damit Frau sich auf den Aufstieg konzentrieren kann.

Über die Autorin:

Dr. Bettina Al-Sadik-Lowinski ist Wirtschaftswissenschaftlerin, Autorin und Coach für Führungskräfte. Nach mehrjährigen Erfahrungen im Management multinationaler Unternehmen arbeitet sie als internationaler Exekutive Coach und forscht international zur Vielfalt in der Wirtschaft. 2014 gründete sie das Global Women Career Lab, eine weltweit aktive Forschungs- und Trainingsinitiative für Frauen in Führungspositionen. Sie lebt mit Mann und zwei Kindern in Frankreich und Köln.


Das Buch „Der Aufstieg der Topmanagerinnen“, erschienen bei de Gruyter.

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