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Rente: Das Leben rückwärts planen, lohnt sich

STRIVE+ | Um die Rentenlücke zu schließen, lohnt es sich manchmal, das Leben von hinten zu planen. Genau zu wissen, wie viel Geld man im Ruhestand braucht, ist zum Beispiel wichtig – weil die entsprechende Summe oft viel höher ist, als man denkt. Und nur selten vom Rentenbescheid gedeckt wird. Beim Kassensturz helfen drei einfache Fragen.


Foto: Symbolbild

1. Wie finde ich heraus, wie viel Geld ich im Alter tatsächlich haben werde?

Fangen wir mit dem an, was leider gar nicht mehr aufgeht. Die bequeme Rechnung nämlich, dass man, wenn man sein Leben lang etwa 3.000 Euro netto im Monat verdient hat, später automatisch auch 3.000 Euro netto Rente im Monat bekommt. Das entspricht schon lange nicht mehr der Realität, was an Niedrigzinsen liegt, dem stetig sinkenden Rentenniveau und der Inflation.

Eine gute erste Orientierung bieten die jährlichen Standmitteilungen der Rentenversicherer. Auf diesen Informationsschreiben sehen Versicherte zum einen, wie viel sie über die Jahre bereits eingezahlt haben, und zum anderen, wie hoch die monatliche Rente wohl später einmal sein wird. Die Annahme der Prognose: Man zahlt weiter den gleichen Betrag bis zum gesetzlichen Rentenalter ein, und die Lage an den Kapitalmärkten sowie die Inflation entwickeln sich durchschnittlich. Die Standmitteilung gibt also nur eine grobe Schätzung zur Rentenhöhe ab, stellt keine Rentengarantie dar. Und: „Wer wissen will, wie hoch die monatliche Rente später einmal sein wird, kann aber nicht einfach alle Prognosen der Versicherer zusammenrechnen“, warnt Constanze Hintze, sie ist Geschäftsführerin der Finanzberatung Svea Kuschel + Kolleginnen aus München. Denn die Rentenprognose ist immer brutto, Ruheständler:innen müssen aber natürlich auch Steuern zahlen. Da die private, betriebliche und gesetzliche Vorsorge allesamt unter- schiedlich besteuert werden, ist es gar nicht so einfach herauszufinden, wie viel man nun netto

erhält. Online-Rechner, die Beratung der Deutschen Rentenversicherung oder Finanzberater:innen helfen weiter.


Ende des Jahres 2022 könnte der Rentenüberblick schon einfacher werden. Dann soll nämlich das digitale Rentenportal des Bundes starten. In diesem sollen Bürger:innen dann alle abgeschlossenen Vorsorgeverträge einsehen können.


2. Wie viel Geld brauche ich im Alter?

Das ist natürlich individuell unterschiedlich. Die Frage ist, ob man seinen Lebensstandard halten oder sogar erhöhen, ob man früher in der Ruhestand gehen oder vielleicht eine Weltreise machen will – oder ob man bereit ist, Abstriche zu machen. Sinnvoll ist, sich zunächst am eigenen Gehalt zu orientieren. Denn: „Im Bestfall sollte Ihre Rente nur etwas geringer als Ihr Nettogehalt sein“, rät Constanze Hintze. Was sich viele aber nicht vorstellen können: Will man das schaffen, muss man nicht nur sein Leben lang konstant verdienen. Sondern nebenbei auch noch richtig viel sparen.

Wie viel, das kann man sich ausrechnen. Um bei den 3.000 Euro netto vom Anfang zu bleiben, aus- gehend vom derzeitig prognostizierten Rentenniveau von 43 Prozent: Eine fest angestellte Frau, die 84 Jahre alt wird (das ist das Durchschnittsalter, das heute 40-Jährige erreichen), 45 Jahre gearbeitet hat und mit 67 Jahren in Rente geht, müsste bei einem Nettogehalt von 3.000 Euro und einer Wunschrente in gleicher Höhe mindestens 67 Prozent der Gesamtsumme selbst ansparen – zusätzlich zu ihren Abgaben an die gesetzliche Rentenkasse. Konkret wären das in diesem Fall 385.560 Euro. Das ist so viel, wie eine kleine Wohnung in einer Großstadt heutzutage kostet. Die deutsche Durchschnittsfrau hat das jedenfalls nicht auf der hohen Kante liegen. Das zeigt auch eine Berechnung der Finanzplattform Weltsparen. Die hat basierend auf Daten von gehalt.de und dem Statistischen Bundesamt berechnet, wie schlimm es um die weibliche Vorsorge steht. Das Ergebnis: Frauen fehlen in Deutschland im Durchschnitt bei gleichbleiben- dem Lebensstil im Ruhestand 163.000 Euro. Um die- se Lücke zu schließen, müssten Frauen an ihrem 30. Geburtstag schon 52.000 Euro beiseitegelegt haben. Beim Durchschnittsmann sind es aufgrund der höheren Bruttogehälter und der damit höheren Einzahlungen in die Rentenkasse nur 16.000 Euro.

Grundsätzlich falsch ist die Annahme, dass das Leben im Ruhestand sehr viel günstiger wird. Es gibt zwar Sparmöglichkeiten, die ziehen aber oft andere Kosten mit sich. Ziehen Städter:innen aufs Land, ist die Miete günstiger, dann geben sie aber mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr oder Sprit aus. Außer- dem gehört zu einer guten Altersvorsorge auch, einen monatlichen Puffer einzuplanen oder eine Reserve vor- zuhalten. Sonst reißt einen der kaputte Kühlschrank oder ein Urlaub schnell ins Minus. Wer eine Immobilie besitzt, sollte sogar noch mehr Geld zur Seite legen, um im Notfall das Dach reparieren zu lassen oder das Eigenheim barrierefrei umzubauen.


Wie schließe ich meine Rentenlücke?

„Als Faustregel gilt, dass man zehn Prozent vom Nettogehalt für die Rente sparen sollte“, rät Finanzberaterin Hintze – und zwar monatlich. Mehr ist immer gut. Und am besten fängt man damit in jungen Jahren an. Auch wenn anfangs nur Kleckerbeträge zusammenkommen, lohnt es sich, vor allem wegen des Zinseszinseffekts. Allgemein gilt: Wer noch jung ist, hat viele Möglichkeiten. Es lohnt sich zum Beispiel, auf alle drei Säulen des deutschen Rentenmodells zu setzen: gesetzliche Rente, betriebliche Altersvorsorge (bAV) und private Vorsorge. Auf die bAV-Bezüge fallen im Ruhestand zwar mehr Steuern an, dafür gehen die gezahlten Beiträge vom Bruttolohn ab und sind somit erst mal steuerfrei. Außerdem müssen Arbeitgeber:innen diese in den meisten Fällen bezuschussen.

Die private Vorsorge ist bei Selbstständigen der wichtigste Hebel und für Angestellte eine sinnvolle Ergänzung. Es gibt viele Möglichkeiten, privat für den Ruhestand vorzusorgen, zum Beispiel ETF-Sparpläne, Rentenversicherungen oder der Kauf einer Immobilie zur Vermietung oder um sich selbst die Miete zu ersparen. Was sinnvoll ist, hängt von den eigenen Präferenzen und dem Budget ab.

Klar sollte aber sein: Wer Kapital anlegt, muss es bei Auszahlung versteuern und sich sein Geld gut selbst einteilen können. Die private Rentenversicherung hingegen zahlt lebenslang und nicht nur, bis das eingezahlte Geld aufgebraucht ist.


Die Langzeitangstellte Dorothea Meadows

„Gesetzliche Rente, bAV, private Rentenversicherung, eine Immobilie und etwas Geld in einem ETF. Ich bin die Altersvorsorge sehr breit angegangen. Und doch habe ich jetzt gemerkt: Mein Traum von der Rente mit 62 klappt nicht, wenn ich so weiter- mache wie bisher. Dann hätte ich nämlich nur eine Netto-Rente von 1.800 Euro und nicht 2.500 Euro, wie ich es mir wünsche. Ich denke, die Lücke werde ich mit ETF-Investments schließen. Da war ich bisher noch sehr zaghaft.“


Der freie Gründer Gleb Tritus

Die Früh-Starterin Isabell Baruth



„Ich habe meine Altersvorsorge von Anfang an möglichst breit aufgestellt. Rund 30 Prozent meines Vermögens und damit auch meiner Altersvorsorge stecken in Aktien, fast gleich viel in Immobilien, die ich vermiete. Etwas Geld steckt noch in Unternehmensanleihen und einem ETF-Sparplan. Eine Renten- versicherung habe ich auch, die sehe ich aber eher als Notfallabsicherung an. So will ich später auf mindestens 10.000 Euro Netto-Rente kommen.“







„Schon mit 18 habe ich an die Rente gedacht, fing mit Aktien und ETFs an. Eine Versicherung kam we- gen der schlechten Rendite nie infrage. Ich vertraue auf den Kapitalmarkt und Immobilien, will später von Dividenden und Mieteinnahmen leben – also passives Einkommen generieren. Für eine Rente mit 67 Jahren brauche ich Einnahmen in Höhe von 5.000 Euro netto, also etwas weniger als heute. Am liebsten wäre ich aber mit 40 so weit, dass ich nicht mehr arbeiten muss, sondern nur noch, weil ich es will.“






Über Dorothea Meadows:

Die 46-jährige Redakteurin arbeitete für die „Bild“-Zeitung, jetzt ist sie Senior Content Marketing Editor.


Über Gleb Tritus:

Der 36-jährige ist selbstständiger Entrepreneur, Gründer und Investor. Außerdem hat er den Lufthansa Innovation Hub als Managing Director geleitet.


Über Isabell Baruth:

Die 22-jährige ist Gründerin von ISIfinance, studiert Ökonomie und Management und klärt auf Social Media über Finanzen und Vorsorge auf.

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