Stefanie Kuhnhen

vor 7 Tagen

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Macht ist weiblich! Oder?

Woran erkennt man Macht? Ist sie männlich oder eher weiblich? Oder geht es eigentlich eher darum, wie man mit ihr umgeht?  Mit all diesen Fragen beschäftigt sich unsere Kolumnistin Stefanie Kuhnhen in einer neuen Ausgabe ihrer Kolumne zum "neuen Unternehmertum".

Sie alle kennen bestimmt das bekannteste Experiment, an dem man Machtmenschen erkennt: Daran, wer in einer großen Menschenmasse, die sich bewegt – sagen wir eine überfüllte Fußgängerzone – nicht ausweicht! Denn Machtmenschen halten immer ihre Spur. Sie sind willensstark und durchsetzungsfähig. Und das Erstaunliche: Dazu brauchen sie nicht einmal Worte! Sie zeigen ihren Anspruch ganz allein durch ihre Körpersprache: Aufrechter Gang, breite Schultern, gehobener Kopf, starker Blick. „Mir gehört die Welt!“ „Ich sag wo es langgeht!“ „Und das bleibt auch so!“, scheinen sie uns mit jeder Faser ihres Körpers zuzurufen. Und wir checken das sofort. Ebenfalls ganz ohne Worte.

Macht ist weiblich! Oder?

Vielleicht liegt es daran, dass wir Macht bis heute vor allem männlich konnotieren. Denn vermeintlich sind die oben genannten Eigenschaften ja alles vorherrschend männliche Attribute. Ist weibliche Macht dann als Gegenteil zu willensstark und durchsetzungsfähig beeinflussbar und passiv? Oder, um es positiver zu formulieren, flexibler, authentischer und menschlicher?

 

Ich weiß nicht. Ich kann mich bis heute nicht mit dieser Schwarz-Weiß-Gegenüberstellung von Macht identifizieren, auch wenn all die guten Bildsprachen der New-Work- und New-Leadership-Bewegungen uns erzählen, dass es gut ist, dass Macht nun weiblicher wird: Weil man ja die Empathie für den Beziehungsaufbau (in der remote work), die Authentizität für den Vertrauensaufbau (in der remote Work) oder die Offenheit für Fehler (in der VUCA Welt) nun wirklich brauche! Eben alles Dinge, die Frauen besser können? So wie Männer sich eben vermeintlich besser durchsetzen können? Wird diese desintegrierte Sichtweise uns Menschen wirklich gerecht? Und macht sie uns, in diesen Narrativen, wirklich Lust auf eine neue Zukunft?

 

Für mich persönlich zählt im neuen Unternehmertum daher vor allem eines: Dass Macht endlich positiv besetzt ist! Und dass sie all die negative Konnotation, die sie heute als Wort mit sich trägt (und für die die politisch „mächtigen Despoten“ und das „machterhaltende Establishment“ in und außerhalb der Unternehmen gerade ihr übriges tun), hinter sich lässt. Denn sie ist es!

 

Wer Dinge bewegen, Unternehmen gestalten und die Welt verändern will braucht Macht. Und wer Verantwortung für Menschen und Themen übernimmt, muss Macht ausüben. Macht ist ein Instrument, das Führungskräfte brauchen, um ihre Ideen umsetzen und ihre Aufgaben erfüllen zu können. Denn die Führungskraft muss sich behaupten und durchsetzen, damit es klare Orientierung und eine Zielgerichtetheit im Handeln aller geben kann. Macht zu haben oder ein Machtmensch zu sein ist somit notwendig für die Gestalter:innen einer neuen (Unternehmens-)Welt. Und sie ist nicht: Automatisch negativ. Gleichzusetzen mit autokratisch, hierarchisch oder kontrollierend.

 

In (m)einer neuen Unternehmenswelt wird Macht daher kooperativ, wertschätzend und natürlich umgesetzt. Ihr basiert auf einem guten, vertrauensvollen Menschenbild. Und sie versteht sich als Instrument, um diese zu fördern und zu fordern, um gemeinsam Neues zu gestalten. Wenn wir es schaffen, dass Macht dieses positive Bild bekommt, dann wird es auch wieder erstrebenswerter, Führungskraft zu sein. Verantwortung zu übernehmen. Und Themen zu bewegen. Ganz egal, ob man als Frau oder als Mann „mächtig“ ist.

 

Über die Autorin:

Stefanie Kuhnhen verantwortet als geschäftsführende Partnerin das strategische Produkt von Grabarz & Partner, einer der führenden inhabergeführten, kreativen Markenagenturen Deutschlands und der Welt. Nicht nur ihre Arbeiten für Unternehmen wie IKEA, Volkswagen, EDEKA oder Burger King wurden mehrfach mit nationalen und internationalen Strategiepreisen ausgezeichnet, sondern auch sie selbst.

 

Stefanie Kuhnhen ist zweifache Mutter und hat im Frühjahr 2018 das Trendbuch „Das Ende der unvereinbaren Gegensätze" publiziert. Seit 2019 ist sie Co-Founderin des Startups „Kokoro“. Eine App, die die zentralen Faktoren gesunder Unternehmenskulturen misst und Teams aktiv dabei unterstützt, ihren emotionalen Zustand zielgerichtet zu verbessern.

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