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Karriere-Turbo Mentoring

STRIVE+ Sie sind Vertrauenspersonen, geben Rat und öffnen Türen: Mentor:innen können Karrieren prägen und pushen. Wie funktioniert das – und wie findet sich das passende Tandem? Gründerin Laura Lewandowski (30) und Managerin Manuela Rousseau (65) erzählen von ihren Erfahrungen.

Immer aufwärts: Mentor:innen können Karrieren prägen und pushen (Symbolbild)

Wer einmal das Glück hatte, von einer Mentorin oder einem Mentor begleitet zu werden, profitiert möglicherweise die gesamte Karriere lang von dieser Verbindung. Und tatsächlich könnte es keine bessere Winwin-Konstellation geben: Eine erfahrene Kollegin oder ein erfahrener Kollege nimmt sich unentgeltlich Zeit, den Mentee zu fördern, und hilft vielleicht sogar, eine berufliche Identität zu stiften. Umgekehrt erfahren Mentor:innen, was die jüngere Generation aktuell beschäftigt, wie Karrieren heute gelingen oder woran sie scheitern. Mentoring ist Wissenstransfer in beide Richtungen.


„Ich war Anfang 30, als ich bei Beiersdorf in die Pressestelle wechselte. Klaus Peter Nebel, damals Leiter der Abteilung, erkannte mein Talent. Er traute mir Dinge zu, von denen ich dachte: Das kann ich doch nie! Etwa eine Vorlesung an der Universität halten“, erzählt Manuela Rousseau von ihrer ersten Erfahrung mit einem Mentor. Heute ist die 65-Jährige stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei Beiersdorf und seit 2009 im Aufsichtsrat bei maxingvest ag. Rousseau ist seit Jahrzehnten selbst Mentorin, nimmt unter anderem am Mentoring-Programm der Universitäts-Gesellschaft Hamburg teil und schreibt darüber auch in ihrem Buch „Wir brauchen Frauen, die sich trauen“ (Ariston). „Wir Mentorinnen suchen zuweilen wie Trüffelschweine das Wertvolle, das Große in einer Person. Und helfen, dieses Potenzial zu entwickeln. Ich bin immer wieder erstaunt, was gutes Zuhören ausmacht, dadurch finde ich das verborgene Entwicklungspotenzial“, erzählt Rousseau.

Manuela Rousseau (Foto: Henriette Pogoda)

Welche Fragen werden gestellt?

Mentees müssen wissen, was sie von Mentor:innen lernen möchten: Habe ich eine mentale Blockade, komme ich mit meinem Chef nicht klar, möchte ich den nächsten Karriereschritt angehen? Erst dann können passende Sparringspartner:innen ausgemacht werden. Junge Führungskräfte kommen auf Rousseau zum Beispiel mit Fragen wie diesen zu: Ich habe die Chance, eine Führungsposition anzunehmen, plane aber in absehbarer Zeit, Kinder zu bekommen. Soll ich das Angebot annehmen? Oder: Ich bin in meine erste Führungsposition befördert worden. Wie kann ich meine Mitarbeitenden motivieren und im Kreis der anderen Führungskräfte auf Augenhöhe kommen?


Wie man Mentor:innen findet

In den meisten Fällen finden sich Mentor:in und Mentee nicht zufällig. Sondern: Eine kommt auf die andere zu, fragt nach Rat, Hilfe, Erfahrung. Mentor:innen in spe fühlen sich häufig geehrt, wenn sie jemand um diesen Gefallen bittet. Deshalb sollte man sich trauen, auch Leute mit vollem Terminkalender zu fragen. Rousseau: „Das ist hierarchieunabhängig: jeder kann jeden ansprechen. Aber ist das zielführend und klug? Mentoring ist Vertrauenssache, deshalb ist der Zugang leichter, wenn eine Beziehung zu der Wunschperson besteht.“ Bei Beiersdorf stellt das Programm „Move Forward“ Kontakte zwischen Mentor:innen und Mentees her. Rousseau wird aber auch von Mitarbeitenden initiativ kontaktiert, etwa per Mail, manche bitten um einen Telefontermin. Und über die Empfehlung von Kolleg:innen läuft es auch. „Eine Mentee im Unternehmen ist für mich natürlich einfacher, weil wir zwischendurch einen Kaffee trinken gehen können. Aber ich begleite Frauen auch außerhalb von Beiersdorf und knapse mir die Zeit gerne ab. Im Schnitt betreue ich zwei Frauen im Jahr, entweder gematcht vom Deutschen Kulturrat, der Uni Hamburg oder persönlich kontaktiert.“


Für Angestellte macht es Sinn, sich in der Personalabteilung nach einem MentoringProgramm zu erkundigen und in Erfahrung zu bringen, welche Voraussetzungen für die Teilnahme erfüllt sein müssen. Auch für Studierende gibt es in Unternehmen Mentoring, beispielsweise „Yolante“, das Programm von Siemens. Unternehmer:innen und Selbstständige können sich für Mentoring-Programme ihres zuständigen Berufsverbands bewerben. Es gibt zahlreiche (lokale) Angebote, als Beispiel sei der Deutsche Kulturrat genannt, der ein hochrangig besetztes Tandem-Programm anbietet. Auch Hochschulen wie etwa die WHU Otto Beisheim School of Management matchen Alumni mit Studierenden („In Praxi“).


Mentoring ist Wissenstransfer in beide Richtungen

Laura Lewandowski ging proaktiv auf die Suche

Mentees dürfen die Initiative ergreifen

Der vielleicht zuverlässigste Weg, perfekte Mentor:innen für sich zu finden: mutig sein und selbst jemanden ansprechen. So ist es Laura Lewandowski angegangen. Die 30-Jährige ist Kolumnistin, unter anderem für den „Business Insider“ – sie möchte aber ein Startup gründen. Wie das gehen könnte, ließ sie sich von Mentor:innen erklären. So fragte sie die New Yorker Investorin Susan Danziger, die sie zuvor bei einem Networking-Dinner in Berlin kennengelernt hatte. Lewandowski empfiehlt, bei einer solchen Anfrage konkret zu benennen, wofür man das Gegenüber schätzt und was man von ihr oder ihm lernen möchte. Von Danziger wollte sie erfahren, wie man delegiert – und wie sie aus dem vielen Content, den sie als Journalistin produziert, ein Businessmodell macht. „Wir haben uns alle paar Wochen zusammengesetzt und sind checklistenmäßig meine Punkte durchgegangen. Susan hat mir nicht nur Impulse gegeben, sondern mich auch mit tollen Leuten vernetzt“, sagt Lewandowski. Ihr zweiter Mentor war der MyPostcard-Gründer Oliver Kray. Lewandowski wollte ihn unbedingt als Mentor, „weil er nicht darauf schaut, was andere für richtig oder falsch halten. Oliver ist kein glattgebügelter Berater, sondern Guerilla.“ Er war derjenige, der Lewandowski klargemacht hat, dass man Mentor:innen proaktiv anfragt. Kray habe sie dann dazu ermutigt, „groß zu denken“ und nicht in kleinen Projekten, das „Bigger Picture“ zu sehen. Heute hat Lewandowski ihren eigenen Kanal auf YouTube. Darauf interviewt sie Menschen, von denen sie selbst etwas gelernt hat, die ihr zum Beispiel gezeigt haben, wie man Gesundheit und Erfolg vereint. Name der Reihe: „Meet Your Mentor“. In Planung ist Smart Chiefs, ein Medienhaus, das einen Newsletter sowie ein Medientraining für Thoughtleader:innen anbietet.

"Mentor:innen suchen das Wertvolle, das Große in einer Person." - Manuela Rousseau

Wer kommt als Mentor:in in Frage?

Sicher, es sollte eine Art von Gefälle geben. Im Alter muss es nicht unbedingt begründet liegen. Kenntnisse in einer Branche oder Erfahrung in einer Position können ausschlaggebend sein. Wichtig ist, dass man von Expertise und Kontakten der Mentor:innen profitiert – sonst wäre es ein Austausch unter Kolleg:innen. Und: Die Chemie muss stimmen. „Ich empfehle ein erstes Glas Wein beim Italiener, außerhalb des Business. So kläre ich in einer entspannten Atmosphäre, ob es passt“, sagt Manuela Rousseau. Eine Blaupause oder gar Regeln gibt es beim Mentoring nicht. Üblich ist aber, dass man sich über einen Zeitraum von etwa sechs bis zwölf Monaten regelmäßig trifft. Und: Eine klare Absprache ist existenziell. Die Mentorin soll schließlich wissen, wohin die Gespräche führen. Deshalb klären beide im Vorfeld die Ziele.


Ob ein Mann oder eine Frau als Sparringspartner:in besser ist, hängt von den Fragestellungen und auch vom Bauchgefühl ab. Allerdings: Frauen sollten sich nicht unbedingt ausschließlich in Frauennetzwerken bewegen. Männer zeigen häufig eine andere Perspektive auf, was interessant sein kann. „Frauen unterhalten sich untereinander sicherlich anders. Aber das Bedürfnis, sich im Job zu entwickeln, etwas zu lernen oder Tipps zu bekommen, ist doch überall gleich“, sagt Manuela Rousseau.


Türen öffnen, Impulse geben, Vertrauensperson sein

Manuela Rousseau weiß: Ihre Karriere verdankt sie nicht nur Können, Fleiß und Willen, sondern auch Mentoren wie Klaus Peter Nebel. Noch heute, rund 35 Jahre später, kontaktiert sie ihn, wenn wichtige Entscheidungen anstehen. Dass aus einer Mentoring-Verbindung eine lebenslange Freundschaft wird, ist sicher die Ausnahme. Mentoring ist vielmehr dafür da, in Gesprächen Potenziale zu erkennen, wohlwollend auf den Lebenslauf des oder der Mentee zu blicken, Impulse zu geben, Vertrauensperson zu sein, Türen und Netzwerke zu öffnen. Rousseau zum Beispiel nimmt ihre Mentees zu Veranstaltungen mit, zu denen diese sonst keinen Zugang hätten. Sie findet: „Wenn wir nicht solidarisch sind, Wissen und Kontakte teilen, wie soll das alles dann einen Sinn ergeben?“


Manuela Rousseau (65) ist seit 1999 Mitglied im Aufsichtsrat der Beiersdorf AG und seit April 2019 stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende. Seit 2009 sitzt sie außerdem im Aufsichtsrat der maxingvest ag. Rousseau engagiert sich ehrenamtlich bei Frauen in die Aufsichtsräte e.V. (FidAR) und lehrt Medien- und Kulturmanagement in Hamburg, Schwerpunkt Fundraising Management.


Laura Lewandowski (30) hat bei der DPA volontiert und beriet in den letzten Jahren Firmen wie Facebook, Google und Uber in Bezug auf Storytelling. Sie hostet den Podcast „Innovator Sessions“ von Red Bull, ist Kolumnistin beim „Business Insider“ und wurde 2019 von „Medium“ in die Liste der „Top 30 bis 30“ aufgenommen. Sie betreibt einen YouTube-Kanal: „Meet your Mentor“.

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